Klinik-Direktorin Alexandra Kofler: „Ich würde sagen, es brennt der Hut“
Alexandra Kofler, ärztliche Leiterin der Tirol Kliniken, im „Tirol Live“-Gespräch über die Bettenauslastung, die Impfung und das Testen.
Innsbruck – Noch werden bei „Tirol Live“ die Interviews in Präsenz geführt. Die Gäste müssen eines der drei G erfüllen. Alexandra Kofler, die ärztliche Leiterin der Tirol Kliniken, schilderte gestern im Studio bei Anita Heubacher die Situation an den Landeskrankenhäusern.
„Es geht noch“, meinte Kofler. „Aber wenn die Zahlen steigen, müssen wir weitere Operationen absagen.“ Auch Non-Covid-Patienten wie Krebs- und Herzkranke könnten noch gut versorgt werden. So wie bei den vorangehenden Wellen sind die ärztlichen Direktoren der einzelnen Spitäler in Tirol gut vernetzt, sodass man bei Engpässen auch aushelfen könne. „Wir sind in Tirol sehr gut aufgestellt.“ Auch österreichweit gebe es eine Vernetzung. Wenn also in Salzburg und Oberösterreich die Intensivbetten knapp werden, können Patienten auch transferiert werden.
Ab welcher Marke, ab welchem Inzidenzwert es dramatisch wird, wollte Kofler nicht benennen. Gefragt, ob Ärzte im letzten Jahr bei einer Inzidenz von 50 überreagiert und verfrüht vor einem Kollaps des Spitalswesen gewarnt hätten, meinte Kofler: „Es war damals an den Spitälern eine andere Strategie. Die Spitäler hielten Intensivbetten tatsächlich leer für Covid-Patienten. Da wurde es tatsächlich knapp.“ Heute agiere man „maximal flexibel“. Die Tirol Kliniken haben, wie berichtet, einen Stufenplan. Bei Inzidenzen von über 1000, was in fünf Bundesländern der Fall ist, landen aber trotz hoher Impfrate sehr viele Menschen im Spital. Die Delta-Variante sei um ein Vielfaches ansteckender als die Virusvariante im letzten Jahr.
Kofler ist überzeugt, dass die Impfung wirkt. Sie schütze vor schweren Verläufen. Das erkenne man auch daran, wer versterbe und auf der Intensivstation liege. „Die Zahl der älteren Patienten ist gesunken, weil alte Menschen eine sehr hohe Durchimpfungsrate haben.“ Erschreckend sei der Krankheitsverlauf und dass oft auch jüngere, sportliche Menschen betroffen seien.
📽️ Video | Alexandra Kofler in „Tirol Live“
Was sich herausgestellt habe und was man aus Studien aus Israel gesehen habe, sei, dass die Impfung weniger lang wirke als erhofft und erwartet. Je nachdem, wie ausgesetzt man Kontakten sei, desto eher empfiehlt Kofler den dritten Stich bereits nach vier bis sechs Monaten. „Wer viel in der Natur ist, keine Partys feiert, der wird weniger gefährdet sein.“
Den Strategiewechsel in der Covid-Politik, von den Inzidenzwerten eher weg hin zur Auslastung der Spitäler, beurteilte Kofler „als eine weitere Krücke“. Man lerne täglich dazu, meinte sie. Ob dies das Maß der Dinge sei, werde man sehen. Die Teststrategie der Regierung hatte Kofler kritisch gesehen, weil massenweise Gesunde getestet würden. Kranke zu testen, sei bei einer sehr hohen Impfquote ratsam.
Die Ärztin ist zwar „keine Freundin der Impfpflicht“, würde sich aber wünschen, dass sich alle impfen ließen. „Ich erteile als Direktorin nur im äußersten Notfall Weisungen. Das sollte man nur tun, wenn der Hut brennt.“ Auf die Einführung der Impfpflicht bezogen und gefragt, meinte sie: „Ich würde sagen, es brennt der Hut.“ (aheu)