1944 – 2021

„Überzeugungstäter“ Peter Weiermair ist tot

Peter Weiermair, wie er sich selbst gern sah. Als kritischen Beobachter und Kommentator der Welt der Kunst.
© Gianluca Vasallo

Der Ausstellungsmacher, Sammler und Verleger verstand sich als „Überzeugungstäter“.

Innsbruck – Nur wenige Tage nach Gerhard Crepaz hat mit Peter Weiermair ein weiterer unermüdlicher Lust-Macher auf zeitgenössische Kunst die Weltbühne im Alter von 77 Jahren für immer verlassen. Wobei für den international gefragten ehemaligen Museumsdirektor, Kurator, Verleger und Sammler der Tod eine wirkliche Erlösung nach langer, schwerer Krankheit war.

Der 1944 im oberbayrischen Steinhöring geborene, in Innsbruck aufgewachsene Weiermair verstand sich lebenslang als „Überzeugungstäter“. Ausgestattet mit einem untrüglichen Gespür für künstlerische Qualitäten war er ein Unverbiegbarer, resistent gegenüber Kunst-Moden, um auf diese Weise als Ausstellungsmacher gern antizyklisch unterwegs zu sein. Daheim in der großen Kunstwelt, kehrte er immer wieder in seine Heimatstadt zurück, mit der den gelernten Kunsthistoriker so etwas wie eine Hassliebe verband.

Als Inhaber der Allerheiligenpresse, besonders aber als Gründer des „Forum für aktuelle Kunst“ 1968 und Kurator der Innsbrucker Taxisgalerie wurde Weiermair zu einem wichtigen Anzettler der Auseinandersetzung mit zeitgenössischer Kunst in Tirol. So fädelte er etwa Personalen von internationalen Größen wie Gilbert & George, Donald Judd, Dan Flavin oder Fred Sandback ein, bevor er 1980 die Leitung des Frankfurter Kunstvereins übernahm. Um hier etwa 1989 die erste große Retrospektive von Louise Bourgeois in Europa zu organisieren, nur sieben Jahre nachdem durch die Schau im New Yorker Museum of Modern Art die Kunst der bis dahin weitgehend unbekannten Avantgardistin entdeckt worden war.

Mit der Ausstellung „Prospect 96“, einer groß angelegten Anthologie der Fotografie als Medium der Kunst, erfüllte sich Weiermair in seiner Frankfurter Zeit einen Herzenswunsch, war neben der Zeichnung doch die Fotografie seine ganz große Liebe. Weshalb sein Wechsel 1998 in das Salzburger Rupertinum nur logisch, für ihn allerdings enttäuschend war, scheiterte doch sein ehrgeiziger Plan, Salzburg zu einem wichtigen Standort für die Fotografie auszubauen. Weshalb er es als absoluten Glücksfall empfand, 2001 nach nur drei Jahren zum Direktor der Galleria d’Arte Moderna in Bologna berufen zu werden.

Seine letzten Jahre verbrachte Weiermair wieder in Innsbruck. International gefragt als Gastkurator, als großzügiger Freund und Förderer heimischer Künstler, aber auch als unbequemer, sich kein Blatt vor den Mund nehmender Beobachter bzw. Kommentator des tirolischen Kunstgetriebes und ihrer Macher. Was aus der riesigen Sammlung von Fotografien, Zeichnungen und Malerei sowie der riesigen Bibliothek, die Weiermair in seinem Leben zusammengetragen hat, geworden ist bzw. werden wird, ist allerdings ein großes Geheimnis. (schlo)

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