Zuschauer-Magnet nur im TV: Erneut Geisterrennen in Hochfilzen
Eine Weltcup-Führende aus Tirol, beste Bedingungen und großes Fan-Interesse. Doch all das hilft den Verantwortlichen der Biathlon-Geisterrennen in Hochfilzen nichts.
Von Alois Vahrner und Florian Madl
Hochfilzen, Innsbruck – Zumindest die TV-Quote passt: Die Damen-Staffel beim Biathlon-Weltcup in Östersund wollten im deutschen Fernsehen zuletzt mehr Leute sehen als das durchaus spannende Formel-1-Rennen in Jeddah (4,19 Mio. bzw. 3,48 Mio.). Und die Quote wird auch ab Freitag, wenn in Hochfilzen das dritte Weltcup-Wochenende der Saison ansteht, stimmen.
„Auch meine Freundin wird nicht vor Ort zuschauen können“, meinte Felix Leitner (24/Nordic Team Absam), der als Wahl-Hochfilzner so etwas wie ein Lokalmatador ist. Nicht einmal Anna, das Herzblatt des Milsers, zählt zu den Privilegierten, einzig die 800 bis 900 Leute aus der Weltcup-„Blase“, in der sich die Biathlon-Szene befindet.
📽️ Video | Franz Berger zu Gast bei Tirol Live
Auch Leitners Landsfrau Lisa Hauser (27/Kitzbüheler Ski-Club) meidet die Öffentlichkeit, so gut es geht, ihr Freund Lorenz wird sich die Bewerbe am Wochenende wohl genauso im Fernsehen anschauen müssen. „Es gibt im Moment Wichtigeres“, meint die Weltcup-Führende mit einem Blick auf die Corona-Situation.
Organisationschef Franz Berger, der gestern im „Tirol Live“-Studio der TT Rede und Antwort stand, pflichtet bei. „Wir kommen mit einem blauen Auge davon“, berichtet der Ziehvater des Rennens von den finanziellen Einbußen der Eine-Millionen-Euro-Veranstaltung. Keine Tribünen-Aufbauten, weniger Sicherheitspersonal – durch die klaren Lockdown-Vorgaben sei das Szenario kalkulierbar. Nicht jedoch für die Tourismusregion Pillerseetal, deren Verlust sich durch ausbleibende Zuschauer (bis zu 30.000) auf „drei bis vier Millionen Euro“ beläuft.
Sportlicher Erfolg sollte das jedenfalls kompensieren, wenngleich sich die Hoffnung auf eine Person reduziert: Lisa Hauser, Weltcup-Führende, kann auf ihre läuferische Stärke ebenso bauen wie auf jene am Schießstand. Die Zahlen bestätigen das: Liegend traf die Massenstart-Weltmeisterin 2021 bislang 97 Prozent der Scheiben, stehend immer noch 93.
Dahinter tut sich ein Loch auf, das möglicherweise durch eine gute Staffel-Leistung übertüncht werden kann. Auch bei den Herren besteht Aufholbedarf, hinter dem Salzburger Team-Senior Simon Eder (38) will sich Felix Leitner nach einem Weltcup voller Missgeschicke in Östersund (SWE) wieder profilieren. „Es sieht schlechter aus, als es ist. Es lief einiges schief, aber es ist zu früh, um schon jetzt den Kopf in den Sand zu stecken.“
Felix Leitner gehört nicht nur beim anstehenden Weltcup, sondern wohl auch bei der nächsten Heim-WM in Hochfilzen zu jenen, die die Kohlen aus dem Feuer holen sollen. Wann diese nächste WM (nach 2017) stattfinden wird? OK-Chef Franz Berger blickt voraus: „Derzeit läuft die Entscheidungsfindung, bis 2025 ist schon alles vergeben. Die nächste Möglichkeit für uns wäre eine Weltmeisterschaft 2027 oder 2028.“