Nur FPÖ dagegen: Gesetz zu Sterbeverfügung passierte Ausschuss
Nachdem der Verfassungsgerichtshof das bisherige ausnahmslose Verbot der Hilfe zur Selbsttötung aufgehoben hatte, führt die Regierung nun Regeln für Beihilfe zum Suizid ein. Hätte man nichts getan, wäre diese schlicht erlaubt gewesen. Die FPÖ stellte sich als einzige Partei dagegen.
Wien – Die Regierungsvorlage zum Sterbeverfügungsgesetz hat am Dienstag den Justizausschuss mit den Stimmen von ÖVP, SPÖ, Grünen und NEOS passiert, nur die FPÖ stimmte dagegen. Damit ist der Weg für den Nationalrats- und Bundesratsbeschluss im Dezember und das Inkrafttreten mit Jahresbeginn 2022 frei. Notwendig wurde das Gesetz, weil der Verfassungsgerichtshof (VfGH) das bisherige ausnahmslose Verbot der Hilfe zur Selbsttötung für verfassungswidrig erklärt hat.
Wäre bis zum Jahresende nichts geschehen, so wäre die Beihilfe zum Selbstmord ab dem kommenden Jahr schlicht erlaubt gewesen. Konservative Organisationen und Religionsgemeinschaften hatten auf eine rechtliche Absicherung gedrängt, damit es nicht zu Missbrauch kommt. Weiter aufrecht bleibt das Verbot der aktiven Sterbehilfe.
Assistierter Suizid nur unter Voraussetzungen erlaubt
Das neue Sterbeverfügungsgesetz regelt nun, unter welchen Voraussetzungen in Zukunft assistierter Suizid möglich sein soll. Schwer oder unheilbar Kranke, die volljährig und entscheidungsfähig sind, erhalten demnach die Möglichkeit dafür. Voraussetzung ist, dass die Sterbewilligen von einem Arzt aufgeklärt und die Krankheit festgestellt wird. Zudem muss die Entscheidungsfähigkeit von einem zweiten Arzt bestätigt werden. Nach einer Frist von zwölf Wochen (bei Personen, die nur eine sehr geringe Zeit zu leben haben: zwei Wochen) kann beim Notar oder Patientenanwalt eine sogenannte Sterbeverfügung errichtet werden, mit der man Zugang zu einem letalen Präparat erhält.
Parallel dazu wird die Hospiz- und Palliativversorgung flächendeckend ausgebaut. Vorgesehen ist dazu ab 2022 eine Drittelfinanzierung durch Bund, Länder und Gemeinden. Von Bundesseite kommen dafür heuer 21 Millionen Euro, in den Folgejahren dann 36 und 51 Millionen Euro. Ab 2025 soll der jährliche Zweckzuschuss aufgewertet werden.
Zadić: Sterben in Würde ermöglichen
Justizministerin Alma Zadić (Grüne) sprach im Vorfeld des Beschlusses von der verantwortungsvollen Umsetzung des VfGH-Beschlusses, um schwerkranken Menschen in einer schwierigen Situation zu helfen und ein selbstbestimmtes Sterben in Würde zu ermöglichen. Für Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) ist eine Lösung gefunden worden, "die restriktiv und präventiv ist und gleichzeitig den Sterbewillen respektiert". Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) begrüßte, dass die Grundlage für eine flächendeckende und wohnortnahe Versorgung für schwerstkranke Erwachsene und Kinder in ganz Österreich geschaffen werde.
"Ein zentrales Anliegen der Regierungsfraktionen ist es, das vom VfGH in das Zentrum seiner Erwägungen gestellte Grundrecht auf Selbstbestimmung abzusichern und zugleich gegen damit allenfalls verbundenen Missbrauch vorzusorgen", betonte ÖVP-Justizsprecherin Michaela Steinacker in einer Aussendung. Agnes Prammer von den Grünen betonte: "Durch das Vorschalten von Aufklärungsgesprächen über palliativmedizinische Möglichkeiten und einen Fokus auf Suizidprävention treffen wir die notwendigen Begleitmaßnahmen, um Menschen eine aufgeklärte und selbstbestimmte Entscheidung zu ermöglichen."
Auch die SPÖ stimmte zu. "Die Sozialdemokratie steht für ein selbstbestimmtes Leben, aber auch ein selbstbestimmtes Sterben in Würde. Wir begrüßen daher die Umsetzung, der vom Verfassungsgerichtshof angestoßenen Reform der Sterbehilfe. Es wäre jedoch angebracht gewesen, hierzu eine wesentlich breitere und längere öffentliche Debatte zu führen, um diesem sensiblen Gesetz die nötige Gründlichkeit zukommen zu lassen", so deren Justizsprecherin Selma Yildirim. (APA)
☎️💻 Hier finden Sie Hilfe
Wenn Sie oder eine Ihnen nahestehende Person von Suizidgedanken betroffen sind, finden Sie hier Hilfe:
- Telefonseelsorge: 142 (ohne Vorwahl) / onlineberatung-telefonseelsorge.at
- Psychosozialer Krisendienst: 0800 400120 / krisendienst-tirol.at
- Rat auf Draht: 147 (ohne Vorwahl) / rataufdraht.at
- Pro mente: 0512 585129 / promente-tirol.at
- Psychiatrische Ambulanz der Innsbrucker Klinik: +43 (0)50 504 23648
- Notaufnahme des MZA Innsbruck: Anichstraße 35 / +43 (0)50 427 057
- Psychosozialer Dienst in Hall in Tirol: www.psptirol.org, +43 (0)52 2354 9 11
- Kriseninterventionsdienst des Roten Kreuzes: 144 (ohne Vorwahl)