Kino

Joel Coens „Macbeth“: Blutrünstiges Treiben in Schwarz-Weiß

Ein seltener Moment von Nähe. Herr und Frau Macbeth (ja, sie sind es wirklich: Denzel Washington und Frances McDormand) schmieden gemeinsam ein mörderisches Komplott.
© Apple TV+/ Alison Rosa

Regisseur Joel Coen versucht sich mit eigener Stilistik und prominenten Hauptdarstellern an Shakespeares „Macbeth“.

Von Markus Schramek

Innsbruck – Shakespeares dunkelschwarzes Tyrannendrama „Macbeth“ ist ein Stoff ohne Ablaufdatum. Keine Theaterbühne, die etwas auf sich hält, kommt an dieser blutrünstigen Vorlage vorbei. Komponisten von Guiseppe Verdi abwärts haben die schändlichen Missetaten Macbeths zur Oper umgearbeitet, Filmregisseure vom Schlage eines Orson Welles (1948) oder Roman Polanski (1971) setzten das makabre Treiben im Schottland des Mittelalters filmisch um.

Und jetzt ist schon wieder Macbeth-Zeit, zuerst als Appetizer im Kino, dann online bei Apple TV+. Joel Coen hat sich Shakespeares Drama aus dem frühen 17. Jahrhundert geschnappt. „The Tragedy of Macbeth“ ist der erste Film, den Joel ohne seinen Bruder Ethan in Szene setzt. Zusammen haben die Coen Brothers die Filmwelt über Jahrzehnte mit Prachtstücken wie „Barton Fink“, „Fargo“, The Big Lebowski“ oder „No Country for Old Men“ beglückt, ja regelrecht gerockt.

🎬 Trailer | „Macbeth“

Nun setzt Joel Coen zum dramatischen Solo an. Na ja, nicht ganz. Seine Ehefrau Frances McDormand, die von den Film-Sets gar nicht mehr wegzukommen scheint (dritter Oscar 2021 für ihre Hauptrolle in „Nomadland“, dann ein Gastspiel in „The French Dispatch“), ist wie gewohnt mit von der Partie, standesgemäß an zentraler Stelle: McDormand gibt in Coens Shakespeare-Adaption die Lady Macbeth. Sie ist es, die ihren Gemahl dazu anstachelt, Schottlands König Duncan (gespielt von Brendan Gleeson) nächtens kaltblütig ums Eck zu bringen, auf dass Macbeth selbst zum König aufsteige.

Die Titelrolle ist mit Denzel Washington besetzt. Er legt Macbeth als Zauderer an, zunächst hat der Mann sogar noch so etwas wie Skrupel. Nach vollbrachtem Königsmord wird Macbeth von Halluzinationen geplagt. Er steigert sich in einen Blutrausch und lässt selbst Weggefährten wie Banquo (Bertie Carvel) aus dem Weg räumen.

Solches Unrecht gedeiht selten gut. Schlussendlich rücken aufrechte Verbündete dem Tyrannen zu Leibe. Es kommt zum Showdown zwischen Heerführer Macduff (Corey Hawkins) und Macbeth. Dessen Krone verabschiedet sich im Zuge eines Zweikampfes symbolträchtig vom Haupt des unrechtmäßigen Trägers und wirbelt befreit durch die Lüfte.

Coen erzählt diese – schon oft erzählte – Story durchgehend in Schwarz-Weiß, mit einem fast quadratischen Bildformat. Das erinnert an die Anfangszeit des Kinos. Licht und Schatten sind wichtige Stilmittel. Die entsetzten, sinistren, gepeinigten, aufgewühlten Mienen sprechen Bände. Unheilvoller Nebel umgibt das schändliche Treiben. Gut und gerne könnte das hier auch ein Theaterstück sein, das von Kameras effektvoll mitgefilmt wird.

Nichts soll zu sehr von den Versen des Shakespeare-Originals ablenken. Diese erklingen sprachlich gefärbt in unterschiedlichsten Akzenten, ein hübscher Querschnitt einer Weltsprache: astreines britisches Bühnenenglisch, irischer Singsang. Und bei Denzel Washington kommt deutlich der US-Amerikaner durch. Für seine Macbeth-Darstellung steht bereits eine Golden-Globe-Nominierung zu Buche, Oscar-Nominierung scheint nicht ausgeschlossen. In dieser Hinsicht sollte man auch Frances McDormand niemals aus dem Auge verlieren.

Ein Film noir ganz wörtlich: ein Blick in tiefste, dunkelste menschliche Abgründe.

Im Kino

The Tragedy of Macbeth. Ab 1. Jänner im Cinematograph Innsbruck (OmU). Ab 14. Jänner auf Apple TV+