USA

Joe Biden und der Versuch, Amerikas Demokratie zu retten

Andocken an die Bürgerrechtsbewegung: Biden in Georgia.
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In den USA tobt ein politischer Kampf um die Wahlbeteiligung von Minderheiten. Davon hängen auch politische Mehrheiten ab.

Von Floo Weißmann

Washington – Im Ringen um Wahlrechtsreformen hat US-Präsident Joe Biden eine Kehrtwende vollzogen. In einer emotionalen Rede in Atlanta forderte er, die Geschäftsordnung im Senat zu ändern. Bisher hatte er abgewinkt, weil das Vorgehen als politisch riskant gilt. Die Republikaner haben bereits mit Vergeltung gedroht.

Hintergrund sind Versuche der Republikaner, die demokratischen Spielregeln zu ihren Gunsten zu manipulieren. Seit der letzten Wahl haben 19 Bundesstaaten die Möglichkeit zur Stimmabgabe eingeschränkt und teils auch den politischen Einfluss auf die Auszählung der Stimmen verstärkt. In mehreren umstrittenen Bundesstaaten haben sie zudem die Wahlbezirke so eingeteilt, dass sie weitgehend unabhängig vom Wahlausgang die Mehrheit der Abgeordneten stellen werden.

Kritikern zufolge sollen diese Maßnahmen vor allem die Wahlbeteiligung und politische Repräsentation von Minderheiten senken. Um eine Verbindung zur Bürgerrechtsbewegung herzustellen, besuchte Biden in Atlanta zuerst das Grab von Martin Luther King und hielt seine Rede dann an einer traditionell schwarzen Universität.

Die Demokraten wollen den Republikanern mit Bundesgesetzen Einhalt gebieten, die Standards für die Abhaltung von Wahlen vorschreiben und zugleich den Wahltag zu einem Feiertag erklären. Außerdem wollen sie dafür sorgen, dass es bei zukünftigen Präsidentenwahlen nicht mehr möglich ist, mit politischen Manövern im Kongress das Ergebnis der Volkswahl noch zu kippen. Doch diese Vorhaben scheitern bisher am Widerstand der Republikaner im Senat.

Filibuster wurden zu Blockadeinstrument

Derzeit stellen beide Parteien je 50 Senatoren. Bei Stimmengleichheit entscheidet die demokratische Vizepräsidentin Kamala Harris, was den Demokraten theoretisch eine hauchdünne Mehrheit verschafft. Senatoren können aber durch Dauerreden (Filibuster) eine Vorlage blockieren. Es braucht dann mindestens 60 der 100 Senatoren, um den Filibuster abzuwürgen. In der Praxis bedeutet dies, dass 40 Senatoren über eine Sperrminorität verfügen.

Früher sorgten die Filibusterregeln oft für politische Kompromisse. Mit der zunehmenden Polarisierung wurden sie jedoch zu einem Blockadeinstrument. Deshalb wurde der Filibuster bereits für verschiedene Abstimmungen abgeschafft, was mit einfacher Mehrheit möglich ist.

Biden will diesen Weg nun auch für die Wahlgesetze beschreiten, die er schon im Wahlkampf versprochen hatte. „Ich glaube, dass die Bedrohung unserer Demokratie so schwerwiegend ist, dass wir einen Weg finden müssen, diese Wahlrechtsgesetze zu verabschieden“, sagte er.

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Sein Vorstoß gilt als riskant, denn bisher stemmen sich auch zwei Senatoren der eigenen Partei – dieselben, die schon die Sozialreform zu Fall gebracht haben – gegen neue Filibusterregeln. Dazu kommt, dass die Demokraten nach der Kongresswahl im November leicht selbst in der Minderheit sein könnten. Wahlrechtsaktivisten werfen Biden vor, dass er das Thema zu spät anpackt und außer den richtigen Worten keinen Plan hat, um politischen Druck zu entfalten. Schon Anfang März beginnt der Vorwahlkampf.

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