Gewalt gegen Frauen: „Stiller Notruf“ per App geht ab März online
Die Bundesregierung will entschieden gegen Gewalt an Frauen vorgehen und die Verurteilungsrate von Gewalttätern erhöhen. Ab März soll eine "Stille Notruf"-App mehr Sicherheit gewährleisten. Die App soll einen direkten Draht zur Polizei schaffen und die Beamten in Notsituationen herbeirufen.
Wien – Gewalt gegen Frauen ist ein fortwährendes Problem in Österreich. Um dagegen vorzugehen hatte die Regierung vergangenes jahr 25 Millionen Euro für den Frauen-Gewaltschutz budgetiert. Die Maßnahmen werden nun weiter ausgedehnt: Im März geht eine App online, die in Notsituationen einen "stillen Notruf" direkt bei der Polizei absetzt. Außerdem soll die Verurteilungsrate von Gewalttätern steigen, hieß es am Dienstag bei einer Pressekonferenz von Innenminister Gerhard Karner (ÖVP), Justizministerin Alma Zadic (Grüne) und Frauenministerin Susanne Raab (ÖVP).
"Der stille Notruf kann von betroffenen Frauen per App am Handy aktiviert werden, ohne dass die Polizei einen Rückruf machen muss", so Karner. Zuvor muss eine Registrierung durchgeführt werden und die Adresse angegeben werden. Im Notfall müsse dann nur noch ein Button in der App gedrückt werden und "die Polizei rückt sofort zum Tatort aus und ermittelt", sagte Karner. Außerdem sollen bundesweit vermehrt Beamten eigesetzt werden, die besondere Erfahrung mit dem Thema Gewalt in der Familie haben. "Hier braucht es eine besondere Schulung". Der Pilotbetrieb, der seit Juli in Wien läuft, sei erfolgreich gewesen, nun soll das Projekt auf ganz Österreich ausgeweitet werden, kündigte der Innenminister an.
Mehr Qualität bei Beweissicherung
Justizministerin Zadic kündigte unterdessen an, die Verurteilungsrate von Gewalttätern erhöhen zu wollen, weshalb das Angebot der Prozessbegleitung für Frauen erhöht werden soll: "Frauen, die eine psychosoziale Prozessbegleitung in Anspruch nehmen, sind erfolgreicher, ihr Recht durchzusetzen". Aktuell würden nur 20 Prozent der Frauen von diesem Angebot Gebrauch machen. Außerdem sei eine "Qualitätssteigerung bei der Beweissicherung" nötig, meinte die Ministerin - so sollen zukünftig unmittelbar nach der Tat Vernehmungen durchgeführt werden und auch medizinische Untersuchungen der Opfer zeitnah zur Tat stattfinden. Dazu könnte etwa eine "Gewaltambulanz" eingerichtet werden. "Opfer von Gewalt sollen so die Möglichkeit haben, kostenlos untersucht zu werden, Verletzungen sollen dabei dann gerichtsfest dokumentiert werden", sagte Zadic.
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Den Ausbau von Fachberatungsstellen für sexuelle Gewalt kündigte unterdessen Frauenministerin Raab an. Diese Stellen seien zwar schon bundesweit seit 2019 verfügbar, die Kapazitäten sollen nun aber im Burgenland, in Vorarlberg und Kärnten aufgestockt werden. Außerdem wird die "Koordinierungsstelle gegen weibliche Genitalverstümmelung" neues Personal bekommen, "damit jede Frau weiß, wohin sie sich in einer Notsituation wenden kann", sagte Raab.
☎️💻 Hier finden Sie Hilfe
• Frauen helfen Frauen: fhf-tirol.at / 0512 5809770
• Frauenhaus Tirol: frauenhaus-tirol.at / 0512 342112
• Gewaltschutzzentrum Tirol: gewaltschutzzentrum-tirol.at / 0512 342112
• Beratungs- und Hilfsangebot: gewaltfrei-tirol.at
• Frauenhelpline gegen Gewalt: 0800 222 555 / frauenhelpline.at
• Frauen im Brennpunkt Online-Beratung: www.online-frauenberatung.at
• Online-Beratung: haltdergewalt.at
• Verein Autonome Österreichische Frauenhäuser: 01 544 08 20 / aoef.at
• Polizei: 133 oder 112
• SMS Polizei: 0800 133 133
Gewalt gegen Frauen nimmt zu
Die ressortübergreifenden Maßnahmen seien unterdessen dringend notwendig, waren sich die Ministerinnen und Minister einig: Im Vorjahr waren in Österreich 26 Frauen ermordet worden, heuer bereits drei, die Zahl der Betretungsverbote sei 2021 im Vergleich zum Vorjahr um 17 Prozent gestiegen, somit wurden 13.600 Betretungs- und Annäherungsverbote ausgesprochen. Ab Juli 2022 werden auch die Gerichte in Verfahren bei einstweiligen Verfügungen, Gefährder zu einer Beratung zur Gewaltprävention verpflichten können. Zwischen September 2021 und Ende Jänner 2022 wurden knapp 5.000 Gefährder zu einer Betreuung verpflichtet, ließ das Innenministerium wissen, die Zahl der Präventionsbeamtinnen und -beamten wurde auf über 800 aufgestockt.
"Ich hoffe sehr, dass die vorgestellte Notruf-App funktionieren wird. In der Vergangenheit haben wir mit digitalen Projekten der Bundesregierung leider nicht so gute Erfahrungen gemacht", reagierte die SPÖ-Frauenvorsitzende Eva-Maria Holzleitner auf die Ankündigungen. Auch bei Hochrisikofallkonferenzen sieht Holzleitner noch Luft nach oben. Es brauche einen echten Turbo, um dieser großen Verantwortung gerecht zu werden. (APA)