Widerstand gegen Trump bei den Republikanern
Trumpisten verharmlosen den Sturm auf das Kapitol in Washington. Führende Republikaner distanzieren sich öffentlich.
Von Floo Weißmann
Washington – Die US-Republikaner steuern auf eine Zerreißprobe zu. Es geht – wieder einmal – um den abgewählten Präsidenten Donald Trump. Neun Monate vor der Kongresswahl streiten die Republikaner um die Deutung der Ereignisse vom 6. Jänner 2021. Damals stürmte ein von Trump aufgeputschter Mob das Kapitol, um die offizielle Bestätigung des Wahlsiegs von Joe Biden zu verhindern.
Nur zwei Republikaner – die Abgeordneten Liz Cheney und Adam Kinzinger – arbeiten mit bei einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss zum 6. Jänner. Für Trumpisten sind sie damit zu Feindbildern geworden.
Vorigen Freitag verabschiedete ein Parteitag der Republikaner eine Resolution, die Cheney und Kinzinger eine offizielle Rüge erteilt. Die beiden würden teilnehmen an einer „von den Demokraten geführten Verfolgung von normalen Bürgern, die sich an einem legitimen politischen Diskurs beteiligt haben“.
Donald Trump rief die noch in seiner Amtszeit installierte Parteichefin Ronna McDaniel an und gratulierte ihr. Doch außerhalb seiner Fangemeinde war das Echo verheerend.
Zur Schadensbegrenzung schickte McDaniel ihre Getreuen in Wochenend-Talkshows. Dort versicherten sie, dass die Partei keineswegs politische Gewalt rechtfertige.
Führende Republikaner gehen auf Distanz
Führende Republikaner distanzierten sich öffentlich. Fraktionschef Mitch McConnell sagte am Rednerpult des Senats, der Sturm auf das Kapitol sei ein gewaltsamer Aufstand gewesen – „mit dem Ziel zu versuchen, den friedlichen Machtwechsel zu verhindern“. Außerdem sei es nicht die Aufgabe der Bundespartei, gegen einzelne Mitglieder mit abweichenden Meinungen vorzugehen.
Senator Mitt Romney, ehemals Präsidentschaftskandidat und Onkel der Parteichefin, bezeichnete das Vorgehen der Partei als Schande. Cheney und Kinzinger seien Menschen mit Gewissen, die nach der Wahrheit streben.
Doch die Parteibasis ticke anders als das Washingtoner Establishment, gab Senator Josh Hawley zu bedenken. „Was immer sie von der Resolution halten, sie bildet die Ansicht der meisten republikanischen Wähler ab“, zitierte ihn die Washington Post.
Der Streit wird die Partei noch lange beschäftigen. Dafür sorgt Trump selbst, der am Wochenende nachlegte. „Wenn ich (2024) antrete und gewinne, dann werden wir diese Leute des 6. Jänner fair behandeln. (...) Und wenn das Begnadigungen erfordert, werden wir sie begnadigen“, sagte er vor Fans in Texas.
Es war der bisher deutlichste Hinweis darauf, dass Trump auf politische Revanche sinnt. Und ein Signal an radikale Anhänger, dass er sie schützt, wenn sie in seinem Namen Gewalt ausüben.
Strafrechtliche Aufarbeitung
Im Kontrast kümmert sich die Justiz um die strafrechtliche Aufarbeitung des Kapitolsturms. Am 28. Februar beginnt der erste öffentliche Prozess. Angeklagt ist ein Texaner, Mitglied einer rechtsradikalen Gruppe, der bewaffnet zum Sturm auf das Kapitol gereist war. Seine Kinder, damals 16 und 18 Jahre alt, haben ausgesagt, er habe sie nach seiner Rückkehr mit Erschießen bedroht, sollten sie ihn dem FBI melden.
Die Aufregung um die Resolution des Republikaner-Parteitags überschattete beinahe ein weiteres internes Zerwürfnis: Ex-Vizepräsident Mike Pence, der jahrelang loyal zu Trump gestanden war, brach öffentlich mit seinem einstigen Chef. Auch dabei ging es um den 6. Jänner.
Zur Vorgeschichte: Der Vizepräsident leitet die Sitzung, in der der Kongress die Wahlmänner zählt, und ruft am Ende den neuen Präsidenten aus. Verfassungsjuristen zufolge ist die Rolle des Vizepräsidenten eine zeremonielle.
Trump hingegen forderte Pence öffentlich auf, ihn zum Präsidenten zu machen. Dieser lehnte ab. Wenig später riefen einige der Kapitolstürmer: „Hängt Mike Pence!“
Ein Jahr später arbeiten nun einige Republikaner und Demokraten an einer Reform, die die Rolle von Kongress und Vizepräsident bei der Beglaubigung der Volkswahl präziser formulieren und einen ähnlichen Angriff auf die Demokratie verhindern soll.
Trump deutete dies als Bestätigung dafür, dass Pence sehr wohl eingreifen hätte können. Pence erwiderte bei einem Auftritt am Freitag in Florida: „Präsident Trump hat Unrecht, ich hatte kein Recht, die Wahl zu kippen.“
US-Kommentatoren spekulieren bereits, ob Pence – dem Ambitionen auf das Weiße Haus nachgesagt werden – Trump 2024 herausfordern könnte. Zuvor aber wollen die Republikaner im heurigen November die Kongressmehrheit erobern. Und der Dauerstreit zwischen Trumpisten und Dissidenten droht ihre Chancen zu schmälern.