Baerbock in Israel: Siedlungsbau verstößt gegen Völkerrecht
Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock kritisierte die Siedlungspolitik Israels, gleichzeitig betonte sie die freundschaftlichen Beziehungen beider Länder. Beim Besuch der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem rief sie zum Kampf gegen heutigen Antisemitismus auf.
Jerusalem – Deutschlands Außenministerin Annalena Baerbock hat die tiefe Freundschaft Deutschlands zu Israel unterstrichen, zugleich aber die Innenpolitik des Staates kritisiert. Die Zweistaatenlösung und der Dialog mit den Palästinensern sei für Israels Sicherheit der beste Weg, sagte die Ministerin am Donnerstag bei ihrem Antrittsbesuch in Jerusalem. "Wir haben deswegen zum Siedlungsbau eine eindeutige Haltung: Wir halten ihn für schädlich und mit dem Völkerrecht für nicht vereinbar."
Es sei wichtig, weiter Vertrauen aufzubauen. "Es gibt keine Stabilität ohne Hoffnung", fügte Baerbock bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Israels Außenminister Yair Lapid hinzu. Lapid bezeichnete Baerbock und Deutschland als "wahren Freund".
Besorgt äußerte sich Lapid zu den stockenden Verhandlungen über eine Wiederbelebung des Atomabkommens mit dem Iran. "Ein nuklearisierter Iran gefährdet nicht nur Israel, sondern die ganze Welt", sagte er. Baerbock betonte, die Wiederherstellung des Abkommens würde auch den Nahen Osten sicherer machen, aber die Verhandlungen seien an einem "sehr, sehr kritischen Punkt angekommen". Die Zeit laufe gegen das Abkommen, räumte sie ein. "Wir kommen jetzt in die finale Phase, und dafür ist wichtig, dass Iran mit Kompromisswillen und ohne Maximalforderungen ... an den Tisch zurückkehrt."
Aufruf zum Kampf gegen Antisemitismus
Baerbock hatte zuvor in der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem der von Nazi-Deutschland ermordeten sechs Millionen Jüdinnen und Juden gedacht und zum entschlossenen Kampf gegen Antisemitismus aufgerufen. "Es ist unsere unbedingte Verpflichtung, gerade als jüngere Generation die Erinnerung wach zu halten, insbesondere wenn immer weniger Zeitzeuginnen und Zeitzeugen unter uns sind", sagte sie erkennbar berührt am Donnerstag in Jerusalem.
"Und es ist unsere Verantwortung, unsere Stimme zu erheben gegen Antisemitismus, gegen Hass und Hetze, gegen Ausgrenzung und Gewalt, damit ein solches Menschheitsverbrechen sich nie mehr wiederholt. Damit die Kinder dieser Erde alle eine Zukunft haben."
"Gedanken an Schmerz kaum zu ertragen"
"Der Gedanke an den Schmerz jedes einzelnen Kindes, jeder einzelnen Mutter, jedes einzelnen Vaters ist kaum zu ertragen", sagte sie. "Aber Yad Vashem, dieser schmerzvolle Ort, fordert von uns gerade nicht zu verstummen, nicht zu verharren", schrieb Baerbock auch ins Gästebuch der Gedenkstätte. "Yad Vashem mahnt uns, die Stimmen jener, die das Grauen selbst erlebt haben, zu hören und ihre Worte weiterzugeben."
Die Ministerin besuchte auch das Denkmal für die Kinder. Als sie in ihrem Statement über die jüdischen Kinder unter den Holocaust-Opfern sprach, stockte Baerbock, die zwei kleine Töchter hat, die Stimme. Es wirkte, als müsse sie mit den Tränen kämpfen.
Zum Auftakt ihres Antrittsbesuches in Israel und im Nahen Osten entfachte die Grünen-Politikerin in der Halle der Erinnerung eine Gedenkflamme und legte einen Kranz nieder. Anschließend war ein Treffen mit Außenminister Yair Lapid und Ministerpräsident Naftali Bennett geplant. (APA, dpa)