Rechtsextremismus-Vorwurf: Kärntner LVT-Leiter Tauschitz muss gehen
Der oberste Kärntner Verfassungsschützer Stephan Tauschitz ist offiziell "vorübergehend" versetzt worden. Er soll aber laut informierten Kreisen nicht mehr an die LVT-Spitze zurückkehren. Tauschitz steht in der Kritik, weil er in den Jahren 2008 und 2010 Reden beim umstrittenen Ulrichsbergtreffen gehalten hat.
Klagenfurt – Vor einer Woche war Kritik an Stephan Tauschitz, dem neuen Leiter des Kärntner Landesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (LVT), laut geworden - nun muss er gehen. Tauschitz hatte als Kärntner ÖVP-Klubobmann 2008 und 2010 Reden am bei Rechtsextremen und Neonazis beliebten Ulrichsbergtreffen gehalten. Wie die APA aus gut informierten Kreisen erfahren hat, wird er auch nicht mehr zum Verfassungsschutz zurückkehren.
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Die Personalie war Freitagfrüh in einer knappen Aussendung der Landespolizeidirektion Kärnten bekanntgegeben worden. Tauschitz sei "bis auf Weiteres einem anderen Verantwortungsbereich in der Landespolizeidirektion Kärnten dienstzugeteilt" worden, in der Zwischenzeit übernimmt die stellvertretende Leiterin Viola Trettenbrein die Führung des LVT Kärnten. Dies sei keine Abberufung oder Versetzung, sondern eine vorübergehende neue Dienstzuteilung, betonte Polizeisprecher Rainer Dionisio.
Wechsel in Einsatzbereich "Organisation und Strategie"
Tauschitz werde nun im Bereich "Organisation und Strategie" eingesetzt, dort gebe es gerade akuten Personalbedarf. Eine Neuausschreibung für den Posten des LVT-Leiters sei zurzeit dienstrechtlich nicht möglich und daher nicht geplant. Laut Informationen der APA soll es allerdings sehr wohl zu einer solchen Neuausschreibung kommen.
Dass Tauschitz überhaupt abgezogen wurde, geht laut APA auf Druck aus dem unmittelbaren Umfeld von Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) auf Landespolizeidirektorin Michaela Kohlweiß zurück, offiziell bestätigt wurde dies aber nicht. Die Kärntner Landespolizeidirektorin habe hier einen "klaren Schnitt gemacht, damit die Behörde in Ruhe arbeiten kann", sagte Karner. "Der Kampf gegen jedwede Form des Antisemitismus, Rechtsextremismus und jede Form von Extremismus ist die entscheidende und zentrale Aufgabe der LVTs in allen Bundesländern, auch in Kärnten", betonte Karner. Mit der neuen Dienstzuteilung von Tauschitz sei das sichergestellt.
Zum Ulrichsbergtreffen bezog Karner deutlich Stellung: "Das Ulrichsbergtreffen wurde durch die Beteiligung von Ewig-Gestrigen zum Synonym für die Verharmlosung von NS-Verbrechen", sagte er. Die Teilnahme zahlreicher Politiker verschiedener Parteien stehe für den problematischen Umgang Österreichs mit seiner Geschichte, konstatierte der Innenminister.
Tauschitz hatte sich damit verteidigt, "wie Vertreter anderer Parteien Grußworte" abgegeben zu haben. Er habe dort "eine Vereinnahmung durch Rechtsextremisten verhindern und das demokratische Österreich vertreten" wollen. Allerdings räumte er auch ein, dass er heute nicht mehr am Treffen teilnehmen würde.
Zahlreiche Rücktrittsaufforderungen seit Bestellung am 1. Februar
Der 43-Jährige war 2004 als Abgeordneter in den Kärntner Landtag eingezogen, von 2007 bis 2012 war er Klubobmann. Im August 2012 trat er als Klubobmann zurück, als Gabriel Obernosterer die Partei nach den Turbulenzen rund um die Causa Birnbacher übernahm. Nach der Landtagswahl 2013, für die er nicht mehr kandidierte, zog Tauschitz sich aus der Politik zurück. Er wechselte nach Wien, wo er vier Jahre lang im Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung tätig war. Dann kehrte er nach Kärnten zurück und wurde Referatsleiter im LVT. Mit 1. Februar folgte er dem langjährigen LVT-Chef Helmut Mayer nach, der in den Ruhestand trat.
Seit vergangenem Freitag hatte es zahlreiche Rücktrittsforderungen gegen Tauschitz gegeben: Etwa von Abgeordneten der Grünen und der SPÖ oder Menschenrechtsorganisationen. Deutlich fiel das Statement des Präsidenten der Israelitischen Kultusgemeinde, Oskar Deutsch, auf Twitter aus: "Wer am Ulrichsbergtreffen teilnimmt, sollte vom Verfassungsschutz beobachtet werden und kann diesen nicht leiten." Die Huldigung der Waffen-SS und die Legitimation "eines Naziaufmarschs durch Teilnahme" sei kein Kavaliersdelikt.
Trotzdem hatte die Kärntner Landespolizeidirektion noch am Montag keinen Handlungsbedarf gesehen: Ein Jahre zurückliegendes Grußwort in der Form, wie es erfolgt sei, sei "kein Kriterium", sagte Polizeidirektorin Kohlweiß. Tauschitz hätte alle fachlichen und dienstrechtlichen Anforderungen für den Posten erfüllt, Verstöße gegen das Strafrecht habe es aber ebenso wenig gegeben, wie verwaltungsrechtliche Vorwürfe oder Dienstpflichtverletzungen. Auch Gerüchten, dass es mehrere Bewerbungen für den Posten des LVT-Leiters gegeben hatte, widersprach sie: Neben Tauschitz hätte es nur eine weitere Bewerbung gegeben und die sei nach Ende der Bewerbungsfrist zurückgezogen worden.
SPÖ und Grüne begrüßen Schritt
Die SPÖ sprach am Freitag von einem "ersten Erfolg", man wolle jedoch aufklären, wie genau es zu dieser Bestellung gekommen sei. Die Grüne-Abgeordnete Olga Voglauer, die als eine der ersten einen Rücktritt Tauschitz' gefordert hatte, bezeichnete die aktuelle Entwicklung am Freitag als "eine gute Entscheidung", und in einer Aussendung der Menschenrechtsorganisation "SOS Mitmensch" hieß es, das Innenministerium müsse nun "die Lehren aus dem Skandal ziehen und seine Kriterien für Personalbesetzungen grundlegend ändern". (TT.com, APA)