Tiroler Physiker können Quanten-Dunkelzustände kontrollieren
Ein Team vom Institut für Experimentalphysik der Universität Innsbruck und dem Institut für Quantenoptik und Quanteninformation (IQOQI) der Akademie der Wissenschaften (ÖAW) hat zusammen mit finnischen Kollegen supraleitende Quantenbits an Mikrowellenleiter gekoppelt.
Innsbruck – Systeme, die auf besondere Weise miteinander verbunden – respektive verschränkt - sind, bilden eine Grundlage von Quantentechnologien. Da dieses seltsam anmutende Phänomen aber flüchtig ist, suchen Wissenschafter nach Möglichkeiten, diese möglichst lange zu erhalten. Als relativ robust haben sich sogenannte "Dunkelzustände" erwiesen. Allerdings ließen sich diese bisher kaum technisch nutzen. Innsbrucker Physiker zeigen nun im Fachblatt Nature Physics wie das gehen kann.
Ein Team um den Erstautor der Publikation, Max Zanner, und Gerhard Kirchmair vom Institut für Experimentalphysik der Universität Innsbruck und dem Institut für Quantenoptik und Quanteninformation (IQOQI) der Akademie der Wissenschaften (ÖAW) hat zusammen mit finnischen Kollegen supraleitende Quantenbits an Mikrowellenleiter gekoppelt. Unter Qubits versteht man die kleinsten Informationseinheiten, in denen man sich quantenphysikalische Zustände wie Verschränkung oder Überlagerung (Superposition) zunutze macht. Letztere erlaubt es den Bits beim Rechnen in Quantencomputern mehrere Zustände gleichzeitig einzunehmen, im Zustand der Verschränkung kann Information etwa ohne Verzögerung auch über größere Distanzen ausgetauscht werden.
Bei dem Wellenleiter im Innsbrucker Labor handelt es sich um eine Art "viereckiges Rohr", wie Kirchmair der APA erklärte. In den Wellenleiter hinein montierten die Physiker zwei mal zwei Qubits aus Aluminium auf einem Träger aus Saphir. Durch den sogenannten Josephson-Kontakt werden "aus normalen Schaltkreisen letztendlich Quantenbits".
Zusätzliche Kontrollleitungen
In diesem Aufbau wechselwirken alle vier Bits miteinander und es entstehen sogenannte Dunkelzustände. "Das sind verschränkte Quantenzustände, die von der Außenwelt völlig entkoppelt sind", so Zanner. Der Vorteil des Systems ist auch, dass jeweils die zwei nebeneinanderliegenden Bits "miteinander reden können", wie es Kirchmair ausdrückte, sie über den Wellenleiter aber auch mit dem weiter entfernten Paar kommunizieren können. Diese gemeinsamen Zustände sind rund 500 Mal robuster als die einzelnen Qubit-Schaltkreise alleine.
Allerdings lässt sich der Dunkelzustand über den "hellen" Wellenleiter in der Regel nicht auslesen oder manipulieren. Die Forscher aus Tirol und Finnland haben nun aber zwei zusätzliche Kontrollleitungen in den Aufbau eingefügt. Legt man an beiden Zugängen zum Wellenleiter ein genau abgestimmtes Signal an, "kann man den Dunkelzustand kontrolliert ansprechen und letztendlich gezielt manipulieren", erklärte Kirchmair.
Solche Zustände seien vor allem im Zusammenhang mit Quantencomputern interessant. Hier gibt es mittlerweile Systeme in denen beispielsweise mit 100 Qubits gerechnet werden kann. Will man die Rechenleistung aber weiter verbessern, gilt es mehrere solche Blöcke miteinander zu verbinden. Das ist aber in der Quantenwelt nicht so einfach. "Unser System wäre dafür aber gut geeignet, weil es einerseits gut Quanteninformation speichern kann und andererseits gut an den Wellenleiter ankoppelt, mit dem Quanteninformation übertragen werden kann", sagte Kirchmair, der auch in der Grundlagenforschung viele Anwendungen sieht. Mit dem Innsbrucker Ansatz und den Konsequenzen daraus beschäftigt sich auch ein Perspektivenartikel in Nature Physics von Ana Asenjo-Garcia und Stuart J. Masson von der Columbia University in New York (USA). (APA)