Coronavirus

Regierung verabschiedet sich von permanenten Gratistests

Symbolfoto.
© Thomas Böhm

Ab April werden die kostenlosen Corona-Tests in Österreich auf ein Kontingent von fünf kostenlose PCR-Tests und fünf Antigen-Tests pro Monat beschränkt. Zudem werden die Quarantäneregelungen gelockert. Kritik an den Änderungen ließ nicht lange auf sich warten.

Wien – Die Bundesregierung verabschiedet sich mit Ende März vom permanenten kostenlosen Gratistestregime. Stattdessen werden diese auf ein Kontingent von fünf kostenlose PCR-Tests und fünf Antigen-Tests pro Monat beschränkt, sagte Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) bei einer Pressekonferenz am Dienstag: "Jeder der sich testen will, kann das weiter tun". Offen blieb, wie es mit den Schultests weitergeht.. Rauch verwies hier auf die Zuständigkeit des Bildungsministeriums.

Mit dem nun getroffenen "guten Kompromiss" werde es weiterhin für alle in Österreich kostenlose Tests in ausreichendem Ausmaß geben, zeigte sich Rauch überzeugt. Menschen in Pflege- und Altenheimen sowie symptomatische Personen sollen die Möglichkeit bekommen, sich öfter testen zu lassen: "Das heißt im Großen und Ganzen, wer einen kostenlosen Test braucht, der bekommt ihn auch."

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Zudem werden die Quarantäneregeln gelockert. Bereits ab Montag (21. März) müssen sich nicht vollständig geschützte Kontaktpersonen nicht mehr zehn Tage absondern, es gelten dann nur noch Verkehrsbeschränkungen. Sie dürfen weiter arbeiten und einkaufen gehen, aber nicht mehr zu Veranstaltungen. Zusätzlich soll der Fokus auf das Abwassermonitoring verstärkt werden.

Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) bei der Pressekonferenz am Dienstag in Wien.
© APA/Steinmaurer

Bezüglich der Schulen sprach Rauch von einem "engen Austausch" mit Bildungsminister Martin Polaschek (ÖVP). Dieser sei dabei, einen Plan auszuarbeiten. Die derzeitige Verordnung gelte bis Ende des Schuljahres. Ob das derzeitige Testregime im Bildungsbereich damit auch nach dem 1. April weiter gilt, blieb aber unbeantwortet.

Aus dem Bildungsministerium hieß es gegenüber der APA am Dienstag lediglich, man sei betreffend Teststrategie in enger Abstimmung mit den Ländern und dem Gesundheitsministerium. Aktuell müssen sich Schülerinnen und Schüler dreimal pro Woche auf das Corona-Virus testen, zweimal davon mit den aussagekräftigeren PCR-Tests.

Rauch betonte in seiner Pressekonferenz weiters, nicht nur das Einvernehmen mit dem Koalitionspartner ÖVP, sondern auch mit den Bundesländern gesucht zu haben. Es sei gelungen, nahezu alle Landeshauptleute vor der nunmehrigen öffentlichen Verkündung zu informieren. Die operative Umsetzung werde nun im Detail vorbereitet.

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Weiterhin sei die Pandemie nicht vorbei, meinte der Gesundheitsminister, das zeigten auch die Höchststände bei den Infektionszahlen. Expertenforderungen etwa nach Wiedereinführung der Maskenpflicht oder Verschiebung von Maßnahmen nehme er zwar ernst, dennoch habe man sich entschieden, am nunmehrigen Weg festzuhalten. Denn, so Rauch: Wirksam würde dies erst, wenn die Welle voraussichtlich schon vorbei sei, außerdem sei eine Überlastung im Bereich der Spitalsbetten weiter nicht zu erwarten. (APA)

Regierungsentscheidung stößt auf Kritik

Die am Dienstag verkündeten Änderungen bei Corona-Tests und Quarantänebestimmungen sind umgehend auf Kritik gestoßen. Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) sieht darin "keine gute Vorbereitung für die Zeit im Herbst". Wien prüfe nun, ob man diese Aufhebung von Corona-Vorsichtsmaßnahmen mittragen kann. Die Bundes-SPÖ kritisierte ebenso wie der ÖGB scharf die Einschränkung von Gratistests, NEOS hingegen die Beibehaltung.

Wiens Bürgermeister Ludwig übte angesichts der hohen Infektionszahlen harsche Kritik an den Entscheidungen der türkis-grünen Bundesregierung. Wien werde die geplante Reduktion der Gratistests und die neuen Quarantäneregeln zunächst analysieren, "wir werden uns anschauen, was das für uns bedeutet". Er sei zwar in der Pandemiebekämpfung immer für bundesweit einheitliche Regeln. Aber "wenn ich das Gefühl habe, dass es auf Kosten der Gesundheit der Wiener Bevölkerung gehen wird, dann werden wir abweichende Maßnahmen setzen", kündigte der Stadtchef an - der sich demnächst wieder mit seiner Runde aus Fachleuten beraten wird.

Wien gehe seinen konsequenten Weg weiter - während der Bund, dem er eine "Hü-Hott-Politik" unterstellte, die selben Fehler immer wieder wiederhole, beklagte Ludwig. Die Wiener Teststrategie mittels der Initiative "Alles gurgelt" verteidigte er erneut. Diese habe dazu beigetragen, dass rasch Infektionsketten durchbrochen würden. Außerdem seien neue Mutationen dadurch rasch erkannt worden.

Er beklagte, dass es keine Gespräch mit der Stadt gegeben habe - obwohl hier das Testsystem sehr gut funktioniert habe. Manche würden nun die Politik des "Durchrauschens" verfolgen. Dies könne aber massive Konsequenzen auf die jetzt schon sehr stark belasteten Spitäler haben, warnte der Bürgermeister. Es bedeute auch individuelles Leid und massive wirtschaftliche Folgen, weil Menschen mit Long Covid aus dem Arbeitsprozess herausgerissen würden. Auch die Lockerung der Quarantäneregeln könne etwa die Infektionsgefahr am Arbeitsplatz erhöhen, betont er.

"Der Chaos-Kurs dieser Regierung im Corona-Management wird nahtlos fortgesetzt", übte auch SPÖ-Gesundheitssprecher Philip Kucher scharfe Kritik. Die Bevölkerung leide aktuell unter den höchsten Infektionszahlen seit dem Corona-Ausbruch, aber "die Regierung hat die Pandemie abgesagt". Wieder einmal würden funktionierende Strukturen (der Tests) zerstört. Und wieder einmal seien viele Fragen offen geblieben - etwa was man künftig fürs Testen zahlen muss, wie es in den Schulen weitergeht oder was Arbeitnehmer tun sollen, deren Arbeitgeber regelmäßig Tests verlangt.

"Es wird nicht mehr möglich sein, am Arbeitsplatz sicher zu sein", kritisierte denn auch die Leitende Sekretärin des Gewerkschaftsbundes, Ingrid Reischl, die Entscheidungen der Regierung als "unverantwortlich". Und es werde auch nicht funktionieren, Ausfälle und Personalmangel damit zu kompensieren. Mit der Einschränkung der Gratistests sei zudem der Zugang zu Einrichtungen mit vulnerablen Gruppen oder der Kontakt mit "Risikogruppen" und Personen mit kleinen Kindern in Gefahr. Große Probleme im Arbeitsalltag befürchtet Reischl auch, sollte es - was noch unklar ist - in den Schulen keine regelmäßigen Tests mehr geben.

"Das ist keine Strategie, das ist blindes Weiterwurschteln", befand NEOS-Pandemiesprecher Gerald Loacker in einer Aussendung. Speziell missfiel ihm, dass die Gratistests für alle nur "sehr großzügig" (je fünf PCR- und Antigentests pro Monat) kontingentiert werden. Es sei "ein Hohn", dass Ungeimpfte nicht einmal einen Kostenbeitrag leisten müssten, kritisierte er, dass weiter die Geimpften allen die Gratistests finanzieren müssten.

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