Generalstabschef gesucht: Das Gefecht der beiden ungleichen Generäle
Das Bundesheer bekommt eine neue militärische Führung. Die beiden Favoriten für die Nachfolge von Robert Brieger sind höchst unterschiedlich.
Von Carmen Baumgartner-Pötz
Wien – Seit vergangenem Donnerstag steht die wichtigste militärische Stellenausschreibung auf der Homepage des Bundesheers: Gesucht wird ein neuer Generalstabschef. Der bestehende, Robert Brieger, geht im Juni als Leiter des Militärausschusses der EU nach Brüssel. Bis 20. April können Bewerbungen eingebracht werden. Erwartet werden einige, zwei Männer gelten als Favoriten.
Favorit 1, der derzeitige stellvertretende Generalstabschef Rudolf Striedinger, hat es seit vergangenem Dezember zu einem hohen Bekanntheitsgrad auch außerhalb der Bundesheer-Blase gebracht, wenn auch etwas anders als ursprünglich geplant.
Denn, so lautet die Erzählung, die auf den Gängen und Höfen der Rossauer Kaserne die Runde macht, als Co-Chef der neu geschaffenen Gecko-Kommission sollte er gegenüber Favorit 2 aufholen. Denn das ist Thomas Starlinger: Adjutant von Bundespräsident Alexander Van der Bellen und ehemaliger Verteidigungsminister in der Übergangs-Beamtenregierung unter Kanzlerin Brigitte Bierlein. Wie Striedinger erfüllt er die wesentlichen Anforderungen der Ausschreibung: Mehrjährige Erfahrung im internationalen Bereich und auch in Führungsfunktionen im Inland; in puncto Internationalität liegt Starlinger mit seinem Lebenslauf sogar vorn. Außerdem hat sich der gebürtige Gmundner seit Ausbruch der Pandemie auch außerhalb des Bundesheers breite Anerkennung erarbeitet: Er gehört zu den Initiatoren von „Alles Gurgelt“, dem PCR-Testsystem der Bundeshauptstadt, um das Wien nicht nur in Österreich beneidet wird. Starlinger gilt als Grün-affin, beherrscht aber auch den Brückenbau zur SPÖ und ÖVP. Die Truppe hat er ohnehin hinter sich, seit er in seiner Zeit als Expertenminister Klartext sprach: Es sei hoch an der Zeit, das Bundesheer besser auszustatten, anstatt es finanziell auszuhungern. Mittlerweile, dem Ukraine-Krieg geschuldet, ist das breiter Konsens.
Striedinger hingegen sorgte schon mehrmals für Verwunderung im Ministerium: War er es doch, der im Juni 2020 in seiner Funktion als Stabschef von Ministerin Klaudia Tanner (ÖVP) in einem Hintergrundgespräch Journalisten über eine geplante Neuausrichtung des Bundesheers informierte. Wichtigster Punkt: Die militärische Landesverteidigung habe künftig nicht mehr oberste Priorität. Vor allem in der Hofburg – der Bundespräsident ist Oberbefehlshaber des Bundesheers – war man darob nicht erfreut, denn dort wusste man nichts davon. Tanner musste zurückrudern und Starlinger, den militärischen Berater Van der Bellens, enger einbinden.
Für den sechsfachen Vater Striedinger spricht zwar in der politischen Auswahllogik zum Generalstabschef, dass er der niederösterreichischen ÖVP (Tanners Stall) sehr nahe steht – einst ging er in Uniform zu einer Parteiveranstaltung und bekam dafür verbal Prügel. Doch als Gecko-Co-Chef machte er in den letzten Monaten keine bella figura: Martialisches Auftreten und seine Wortwahl sorgten für Kopfschütteln. Zuletzt erklärte er in einem Interview, dem „Virus würde die Nahrung ausgehen“ – ganz offensichtlich ist das nicht der Fall. Wenig später wurde er selbst positiv auf Covid-19 getestet.
Das Match der erbitterten Konkurrenten Striedinger und Starlinger könnte auch zur Folge haben, dass einer der anderen Bewerber das Rennen macht. Die Verabschiedung Briegers ist jedenfalls für den 6. Mai vorgesehen.