Kunst

Eine Welt in schönen Trümmern: „Still Life“ in der Wiener Secession

Sein „Still Life“ ist bis Juni in der Secession begehbar. 2012 wurde Hofer mit dem Preis der Landeshauptstadt Innsbruck ausgezeichnet.
© Michael Strasser

Lieblich und widerständig: Der Südtiroler Siggi Hofer baute mit „Still Life“ ein begehbares Stillleben in die Wiener Secession.

Von Barbara Unterthurner

Wien – Die Dolomitenzeitung in der Wiener Secession? Nicht gerade der tägliche Lesestoff in der Wiener Kunstinstitution – trotz etlicher Südtiroler KünstlerInnen mit Hauptwohnsitz Wien. Einer von ihnen ist Siggi Hofer. Mit dem gebürtigen Brunecker zieht jetzt ein Hauch von Dolomiten in die Secession ein. Das Künstlerbuch, das er für seine aktuelle Ausstellung „Still Life“ gemacht hat, ist der Südtiroler Tageszeitung mit ihrem deutsch-gotischen Titelkopf nachentworfen. Warum? Weil der 52-jährige Hofer mit der Dolomiten aufgewachsen ist.

Persönliche Identität, Erinnerung, aber auch das kollektive Erleben von Welt ist in der Ausstellung „Still Life“ von Hofer präsent. Ein solches still life, also ein Stillleben, hat der Südtiroler im Erdgeschoß der Secession auch installiert. Aus etlichen Bildern und Objekten aus unterschiedlichen Schaffensperioden hat Hofer mit Kuratorin Bettina Spörr eine begehbare Landschaft geformt, die schon beim Eingang beginnt und sich innen sanft in den Raum einfügt, ja ihn – ein seltener Anblick – sogar nach oben hin öffnet.

Direktes Sonnenlicht fällt also auf das Panorama mit insgesamt 400 in Pastellfarben lackierten Holzbalken. Weder Balken noch Bilder hängen an der Wand oder berühren auch nur die Gebäudehülle, das Gros der Objekte hängt einfach direkt von der Decke. Wie in einem gigantischen Mobile.

Die Assoziation mit dem Spielzimmer scheint dabei gar nicht verkehrt. Die dünnen Stahlfäden sind mit farbigen Holzperlen aufgehübscht, die simplen Bildmotive – Blumen, Schmetterlinge, Trinkgläser – sind im Rasterformat realisiert – ein Stilmittel, das Hofers Arbeiten schon länger bestimmt. Und eines, das einmal mehr an Musterborten oder Malbücher mit Anleitungen für Ungeübte erinnert. Design und Kunst verschwimmen darin ebenso, wie im Raum die konzeptuelle Zusammenführung von Kunstmachen und Kunstzeigen zusammenfließen. An den im Raum aufgestellten Tischen wird zeitweise also auch gearbeitet – und getextet.

Die motivische Welt, in die Hofer in seiner aktuellen Ausstellung einführt, ist eine alltägliche. Die Stadt, die Natur haben darin Platz – mit Anzugtypen, Fußbällen und Adlern ebenso mögliche Hinweise auf patriarchale Strukturen. Es ist eine Welt, die in schönen Trümmern daliegt, eine, die erst neu gebaut werden will. Ob man sich in dieser Welt wohlfühlt, hängt von den unterschiedlichen Blickachsen ab, die stets neue Sinneszusammenhänge ergeben. Mal ist die Welt lieblich, mal widerständig und abgründig. Wie im wahren Leben.