Hahn: Ungarn droht Kürzung der EU-Mittel
Brüsseler EU-Behörde kündigt an, Rechtsstaatsmechanismus gegen Ungarn einzuleiten. Polen verliert Geld wegen missachteter Urteile.
Von Gabriele Starck
Brüssel, Budapest, Warschau – Ungarn hat gewählt, die Schwierigkeiten mit der obersten EU-Behörde in Brüssel allerdings sind unabhängig vom Wahlausgang nicht gelöst – im Gegenteil. Nachdem der Europäische Gerichtshof im Februar die Klagen von Ungarn und Polen gegen den Rechtsstaatsmechanismus zurückgewiesen hat, kann die EU-Kommission gegen Mitgliedsstaaten das Verfahren einleiten, das am Ende die Kürzung von Förderungen bedeuten könnte. Voraussetzung dafür ist, dass ein Land EU-Geld mit hoher Wahrscheinlichkeit dafür missbraucht, gegen rechtsstaatliche Prinzipien zu verstoßen.
Das Europaparlament drängt seit Langem, den Mechanismus bei Polen und Ungarn endlich anzuwenden, hat die Kommission sogar deshalb geklagt. Geschehen ist bislang nichts.
Im TT-Gespräch kündigte der zuständige Haushalts-Kommissar Johannes Hahn nun an, bei Ungarn tätig zu werden und den Mechanismus in Gang zu setzen – wegen des Verdachts der Korruption und Problemen mit öffentlichen Auftragsvergaben, wie er sagt.
Bei Polen sieht Hahn momentan keine Anwendungsmöglichkeit, weil es sich dort um Probleme innerhalb des Justizsystems handle.
Vermutungen, wonach die tatkräftige polnische Unterstützung für die ukrainischen Flüchtlinge bei der EU-Kommission eine Beißhemmung auslösen könnte, weist Hahn mit Nachdruck zurück. Das seien zwei verschiedene Sachen, das betone auch Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen immer wieder, sagt Hahn: „Die Leistung insbesondere Polens bei der Aufnahme ukrainischer Flüchtlinge ist ohne Abstriche anzuerkennen, aber dass kann nicht heißen, dass es rechtsstaatlich einen Freibrief erhält.“
Polen erhält aber ohnehin nicht die volle Höhe der ihm zugestandenen Mittel aus dem EU-Haushalt, weil es Urteile des Europäischen Gerichtshofs nicht umgesetzt hat. Konkret hätte Polen laut Urteil einen Braunkohleabbau an der Grenze zu Tschechien schließen müssen, tat es aber nicht. Die deshalb fällig gewordenen Strafen (500.000 Euro täglich) beglich Polen nicht, die so angelaufenen Schulden werden von den polnischen EU-Mitteln abgezogen. Zwar hat sich Warschau inzwischen mit Prag geeinigt, die bis dahin angefallenen Strafen müssten dennoch beglichen werden, so Hahn.
Im Oktober verhängte der EuGH zudem eine Strafzahlung von einer Million Euro pro Tag, weil sich Polen weigerte, die umstrittene Disziplinarkammer zur Bestrafung von Richtern aufzulösen.
Weiterhin blockiert sind von der EU-Kommission auch die Mittel aus dem Corona-Wiederaufbaufonds „Next Generation EU“ für Polen und Ungarn – ebenfalls wegen Zweifeln an der rechtsstaatlichen Verwendung.