Dompteur Nagelsmann lässt das gereizte Bayern-Rudel von der Leine
Nervös ist Julian Nagelsmann nicht. Der Bayern-Coach und seine Münchner Stars müssen nach der 0:1-Auswärts-Niederlage heute in der ausverkauften Allianz Arena gegen den FC Villarreal aber abliefern. Real verteidigt gegen Chelsea ein 3:1.
München – Julian Nagelsmann will seine grantigen Münchner Stars von der Leine lassen. Vor dem Viertelfinal-Rückspiel in der Champions League gegen das erstaunlich widerspenstige FC Villarreal hielt der Coach des FC Bayern sein gereiztes Rudel „zwei, drei Tage“ an der kurzen Leine, wie er am Montag bildreich beschrieb. Heute Dienstag in der heimischen Allianz Arena vor 70.000 Fans sollen Thomas Müller & Co. aber in die Abzweigung Richtung Königsklasse-Halbfinale mit dem erwarteten Kracher-Gegner FC Liverpool um Jürgen Klopp einbiegen.
„Jetzt muss ich nur noch diese silberne Schnalle aufmachen“, kündigte Dompteur Nagelsmann nach viel Detailarbeit und Einzelgesprächen wie am Fließband an. „Und dann geht’s los.“
Wollen? Sollen? Müssen? Nagelsmann war sich erst gar nicht so sicher, welches Modalverb auf das Duell gegen das vermeintliche spanische Glückslos eigentlich passt. Dass der deutsche Fußball-Rekordmeister unter Zugzwang ist, steht außer Frage.
Manchmal sei ein „besonderer Reiz, ein besonderer Druck“ von Nöten, sagte Nagelsmann, „um auch eine besondere Leistung herauszukitzeln“. Der 34-Jährige verwies auf die Entstehung von Diamanten, die sich nur „unter sehr hohem Druck“ ausbilden. „Vielleicht entsteht morgen auch ein glänzendes Spiel.“
Erstes Qualitätskriterium der Münchner gegen den Europa-League-Sieger ist das Weiterkommen. Dafür müssen die Bayern ein 0:1 aufholen.
⚽ Champions League, Viertelfinale
🟢 Dienstag:
- 21:00 Uhr: Real Madrid - Chelsea (Hinspiel 3:1)
- 21:00 Uhr: FC Bayern München - Villarreal (0:1)
🟢 Mittwoch:
- 21:00 Uhr: Liverpool - Benfica Lissabon (3:1)
- 21:00 Uhr: Atletico Madrid - Manchester City (0:1/live ServusTV)
📺 Alle Spiele werden live auf Sky übertragen.
„Wir haben viele Fehler gemacht im Hinspiel. Sie haben einen gemacht, dass sie uns am Leben gelassen haben, und das sollten wir bestrafen“, kündigte Nagelsmann eine unmissverständliche Reaktion seiner zuletzt so rätselhaft schwankenden Mannschaft an. DFB-Nationalspieler Niklas Süle wird als erhoffter Stabilisator der Abwehr nicht dabei sein. Der 26-Jährige fehlt wegen einer Grippe. Dafür ist Weltmeister Lucas Hernández wieder einsatzbereit.
Der für seinen rund 30-minütigen Einsatz in der Bundesliga von Nagelsmann gelobte Marcel Sabitzer wird keinen Platz in der Startelf bekommen. Im Druck-Duell sollen Spieler beginnen, „die mehr Bayern-Identität haben, weil sie länger da sind“.
Die Führungsspieler sind gefordert. Von Lewandowski über Müller und Kimmich bis hin zu Kapitän Neuer. „Mit uns ist nicht zu spaßen, wenn wir so wie in Villarreal 0:1 verloren haben. Das sind die Spiele, die uns reizen“, sagte der Bayern-Goalie.
Villarreal hat freilich einiges dagegen. „Es wird ein ganz anderes Spiel als das Hinspiel“, sagte Trainer Unai Emery. Sein Team strebe den nächsten Entwicklungsschritt an. Es gehe um „Gelassenheit“ und darum, mit Widerständen klarzukommen. „Um eine Chance zu haben zu gewinnen, muss man sich diesen Schwierigkeiten widersetzen“, bekräftigte Emery, dessen Team in Europa zuletzt drei Auswärtssiege am Stück feierte.
Chelsea setzt auf das Prinzip Hoffnung
Chelseas Hoffnungen auf die erstmalige erfolgreiche Titelverteidigung seit Real 2018 sind nach der 1:3-Heimpleite schon zur Halbzeit des Viertelfinal-Duells gegen Real erheblich gesunken. Die Hoffnung lebt freilich noch. „Es spricht viel gegen uns, aber unser Einsatz richtet sich nicht danach, wie die Chancen auf ein Ergebnis sind“, erklärte Trainer Thomas Tuchel.
Seine Mannschaft, die am Wochenende mit 6:0 bei Ralph Hasenhüttls Southampton gewonnen hatte, müsse sich im Bernabeu gegen den Bewerbs-Rekordsieger selbst übertreffen, forderte Tuchel. Nur dann sei vielleicht noch etwas möglich. „Es ist unwahrscheinlich, aber es ist es wert, es zu versuchen.“Gelingen müsste die Überraschung trotz personeller Probleme, traten doch mit Callum Hudson-Odoi, Ben Chilwell, Romelu Lukaku und dem positiv getesteten Cesar Azpilicueta wichtige Akteure die Reise nach Madrid nicht an.
Großer Hoffnungsträger der Madrilenen ist Karim Benzema, der in den letzten beiden CL-Spielen mit je einem Triplepack alle Tore erzielte. Dank des Franzosen hat der spanische LaLiga-Leader alle Trümpfe in der Hand. „Chelsea wird alles geben, um das Duell noch zu drehen. Da bin ich mir sicher, große Clubs geben nie auf“, warnte Real-Coach Carlo Ancelotti.
Real könnte sich im 101. Spiel von ÖFB-Teamspieler David Alaba in der „Königsklasse“ auch für das Out gegen Chelsea im CL-Semifinale des Vorjahres revanchieren. Sollte der Aufstieg gelingen, hätten die Spanier die Viertelfinal-Hürde zum zehnten Mal in Folge gemeistert. (dpa, APA, w.m.)