Tschon zu Betten-Debatte: „Viele gute Strategiepapiere bleiben wirkungslos“
In der Betten-Debatte nimmt Umweltanwalt Tschon die Politik in die Pflicht: Ohne rechtliche Verbindlichkeit gehen fundierte Strategiepapiere ins Leere.
Von Max Strozzi
Innsbruck – Angesichts der Debatte um die rechtliche Verankerung der 300-Betten-Grenze für Hotels in Tirol – schon 2020 schrieb sie das Land in einem Strategie-Papier nieder – hält Landesumweltanwalt Walter Tschon mit Kritik nicht hinterm Berg.
Immer wieder würden zu unterschiedlichen Materien Strategiepapiere entwickelt, doch sobald es um die rechtliche Umsetzung geht, wird auf die Bremse gestiegen. „Ich war bei der Ausarbeitung zahlreicher Strategiepapiere, Maßnahmenpläne und dergleichen involviert, bei denen auch die maßgeblichen Interessenvertretungen und NGOs dabei waren. So ein Prozess dauert ein, zwei Jahre, und am Ende kommt zwar oft ein zielorientiertes, gutes Konstrukt heraus, allerdings ohne jegliche Verbindlichkeit und das geht schlussendlich ins Leere“, sagt Tschon. Das habe er etwa bei der Nachhaltigkeits- und Klimastrategie „Leben mit Zukunft“ erlebt, bei der Moorstrategie und jüngst bei der Tourismusstrategie. „Solche Entscheidungsgrundlagen machen nur Sinn, wenn die inhaltlich großteils sehr guten Ansätze über eine freiwillige politische Selbstbindung hinausgehen“, so Tschon.
Wöchentlich sei er mit Projekten beschäftigt, die solchen Strategiepapieren widersprechen, weil vieles davon halt rechtlich nicht bindend ist, schildert er. Denn diese Festlegungen der Regierung finden nur selten Berücksichtigung bei den zuständigen Behörden auf Bezirks- und Landesebene, so Tschon: „Es braucht klare, verbindliche Vorgaben, will man diesen Dokumenten eine adäquate Bedeutung zukommen lassen. Sonst macht im Endeffekt jeder, was er will.“
Deshalb habe er auch beim Begutachtungsverfahren zur Raumverträglichen Tourismusentwicklung vor fast einem Jahr in seiner Stellungnahme explizit gefordert, dass solche strategischen Grundlagenpapiere verbindlich werden. Die Tiroler Tourismusstrategie habe gute Ansätze, weil sie den Nachhaltigkeitsaspekt berücksichtigt, betont Tschon. Veranstaltungen wie beispielsweise das Hannibal-Event in Sölden würden allerdings diesem anvisierten „Tiroler Weg“ widersprechen.
Ein weiteres Beispiel stelle das Strategiepapier zum verstärkten Schutz der Moore dar. Naturschutzorganisationen forderten nicht zuletzt aufgrund des Klimawandels von der Tiwag eine Rücknahme der Ausbau-Pläne für das Kraftwerk Kaunertal. Im Zuge dieses Ausbaus würden große wertvolle Moore unwiederbringlich zerstört werden. Tschon: „Dies zeigt uns, dass sogar der Landesenergieversorger diese Vorgaben nicht ernst zu nehmen scheint, andernfalls müssten diese bei den aktuellen Planungen Berücksichtigung finden.“ Energielandesrat LHStv. Josef Geisler (ÖVP) hatte den Ausbau des Kraftwerks als erneuerbare Stromressource verteidigt.