Wahl in Frankreich

Linkspopulist Mélenchon und Grüne schlossen Bündnis für Parlamentswahl

Jean-Luc Mélenchon will nach der Niederlage bei der Präsidentschaftswahl nun Premierminister werden.
© IMAGO/Samuel Boivin

Der Linkspopulist Jean-Luc Mélenchon und die Grünen machen bei der Parlamentswahl Mitte Juni gemeinsame Sache. Im Falle einer Mehrheit solle Mélenchon Premierminister werden.

Paris – Sechs Wochen vor der Parlamentswahl in Frankreich hat der Linkspopulist Jean-Luc Mélenchon ein Wahlbündnis mit den Grünen geschlossen. Mélenchons Partei LFI (La France Insoumise – Unbeugsames Frankreich) einigte sich in der Nacht auf Montag mit der wichtigsten Grün-Partei Europe Écologie-Les Verts (EELV). Nach Angaben aus Verhandlungskreisen billigten die führenden Parteigremien der Grünen eine Vereinbarung, wonach ihnen 100 der 577 Wahlkreise zustehen.

Die Aufteilung der Wahlkreise gehörte zu den umstrittensten Themen bei den Verhandlungen über ein Wahlbündnis. Am Wochenende seien letzte Kompromisse erzielt worden, in denen es um die Haltung zu Europa ging sowie um die gemeinsame Bezeichnung – "Neue ökologische und soziale Volksunion".

Im Fall einer Mehrheit in der Nationalversammlung "kommt der Premierminister aus der größten Fraktion des Parlaments, das wäre also Jean-Luc Mélenchon", heißt es in der Vereinbarung.

Mélenchon strebt eine Mehrheit bei den Parlamentswahlen am 12. und 19. Juni an. Er will Premierminister werden, nachdem er in der ersten Runde der französischen Präsidentschaftswahl überraschend stark abgeschnitten hatte und mit rund 22 Prozent nur knapp den Einzug in die Stichwahl zum Staatsoberhaupt verpasst hatte.

LFI verhandelt auch mit den Sozialisten (PS). Deren Präsidentschaftskandidatin, die Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo, war lediglich auf 1,8 Prozent gekommen, aber die Partei ist im ländlichen Raum recht gut verwurzelt. Innerhalb der PS gibt es allerdings erheblichen Widerstand gegen ein Bündnis mit dem Linkspopulisten. Am Wochenende hatte sich der Chef der Sozialisten, Olivier Faure, zurückhaltend gezeigt angesichts der Ankündigung von LFI und Grünen, bestimmte EU-Regeln brechen zu wollen.

Umfragen von Harris Interactive von Ende April sehen die Linksparteien zusammengenommen bei etwa 33 Prozent und damit so stark wie eine Allianz von Macrons Partei und den Konservativen. Nach seinem Sieg bei der Präsidentenwahl im April benötigt das alte und neue Staatsoberhaupt eine Mehrheit im Parlament, um seine geplanten, vergleichsweise pro-europäischen und wirtschaftsfreundlichen Reformen durchsetzen zu können. Unter anderem will er das Pensionsalter erhöhen. Dagegen vereinbarten die LFI und Grünen am Montag, das Alter auf 60 Jahre zu senken, den Mindestlohn zu erhöhen und Preise für essenzielle Güter zu deckeln. Einen EU-Austritt planen die beiden Parteien demnach nicht. Allerdings spricht sich Melenchon für einen Rückzug aus der NATO aus. (APA, AFP, Reuters)

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