Zehetmair Quartett im Haus der Musik: Das Leid der Welt aufgesaugt
Grandioses Kammerkonzert mit dem Zehetmair Quartett im Haus der Musik.
Von Wolfgang Otter
Innsbruck – Bedrückend und düster – so die Stimmung am Sonntagabend. Hunderte Kilometer von Innsbruck entfernt brennen Städte, sterben Zigtausende Soldaten und Zivilisten in einem kriegerischen Wahn. Im Haus der Musik scheinen die düsteren Harmonien und klagenden Melodien des Kammerkonzertes dieses Leid der Welt auszudrücken. Mit Thomas Zehetmair (Violine), Jakub Jakowicz (Violine), Ruth Killius (Viola) und Christian Elliott (Violoncello), zusammengefasst als Zehetmair Quartett, sitzen auch grandios musizierende Protagonisten am Podium. Auf das Notenpult legten sie sich drei wegweisende Kompositionen für Streichquartette. Und sie spielten nicht nur, eigentlich zelebrierten sie diese Musik.
Nur ganz kurz, am Anfang des Streichquartettes von Johannes Brahms in c-Moll, schien das Quartett etwas von der Akustik im Haus irritiert. Da benötigte es ein paar Takte, bis die Kompaktheit, die Forschheit der Begleitung, das Vorwärtsdrängen der Violine in aller Bestimmtheit vorhanden war. Aber dann breitete sich ein leidenschaftliches Spiel vor dem Publikum aus. Voranstürmende Läufe und Klänge, um kurzzeitig wieder zu ermatten und dann wieder einen neuen Anlauf zu nehmen – was Brahms da im Kopfsatz komponierte, sucht seinesgleichen. Lange war der Weg bis zur Fertigstellung, letztlich bezeichnete er sie sogar als Zangengeburt. Keine schwere Niederkunft in technischer Hinsicht war es hingegen für das Zehetmair Quartett. Die vier Musiker beherrschen ihre Instrumente mit traumwandlerischer Sicherheit, nur so war es ihnen möglich, bis an die Grenzen des Machbaren zu gehen. Brahms lässt nur kurze Momente der Entspannung zu, so sehr verdichtet er die Harmonien.
Verdichtung und Minimalistik standen dann auch bei den folgenden sechs Bagatellen von Anton Webern am Programm. Jede Floskel vermeidend, kommt Webern zur Sache, fordert dabei Musiker wie Zuhörer bis zur Erschöpfung. Da kam eine Pause recht, bevor dann in Jean Sibelius der Weltschmerz noch einmal hervorbrach. Nur ganz kurz blitzte Sonne im vierten, tänzerischen Satz durch. Doch die Hoffnung trügte, das Finale ist an Dramatik kaum zu überbieten. Mit Bravo-Rufen machte sich das Publikum Luft.
Die Zugabe brachte dann Leichtigkeit: ein Scherzo von Schubert. Nur kurz, aber dafür umso erfrischender. Musik kann Mut machen und Hoffnung geben, aber auch das Leid der Welt aufsaugen.