Muzicant rechnet mit FPÖ-Chef ab: „Kickl ist eine Art ‚Mini-Goebbels‘“
Muzicant warnt vor wachsendem Antisemitismus und rechnet mit dem FPÖ-Chef ab.
Von Michael Sprenger
Berlin, Wien – Ariel Muzicant ortet für die Juden in Europa eine kritische Situation, er spricht in seiner Funktion als Interimspräsident des Europäischen Jüdischen Kongresses (EJK) von einem wachsenden Antisemitismus.
In diesem Zusammenhang warnt er massiv vor Rechtsparteien, die ihren „tiefen antisemitischen Bodensatz“ immer zu kaschieren versuchen. In diesem Zusammenhang geht er im Interview mit der Jüdischen Allgemeinen mit Herbert Kickl hart ins Gericht. „Wir haben hier in Österreich mit dem FPÖ-Vorsitzenden Herbert Kickl ein Paradebeispiel dafür. Der ist so eine Art ‚Mini-Goebbels‘, der seine eigene Großmutter verkaufen würde, wenn es ihm Stimmen bringen würde. Während der Covid-Pandemie hat Kickl den Leuten sogar empfohlen, sich selbst mit Pferdeentwurmungsmittel zu behandeln. Gleichzeitig ist bei diesen Parteien auch der Antisemitismus immer wieder durchgekommen, vor allem, wenn es um Israel ging.“
Goebbels war unter Hitler Propagandaminister.
Die Jüdische Allgemeine erinnerte Muzicant daran, dass es die ÖVP unter Sebastian Kurz war, die Kickl zum Innenminister gemacht hat. Muzicants Antwort: „Ja. Ich denke aber, die ÖVP wird es nicht noch einmal tun. Aber ich bin kein Prophet, und ich kann auch für die SPÖ nicht die Hand ins Feuer legen.“
Auf die Frage, ob er angesichts der jüngsten Entwicklungen rund um den Ukraine-Krieg und seine Folgen eine Zukunft für die jüdischen Gemeinden in Mittel- und Osteuropa sehe, sagte Muzicant: „Das jüdische Volk ist bekanntlich sehr resilient. Es hätte niemand geglaubt, dass nach der Schoa, nach Stalin und den langen Jahren des Kommunismus jüdisches Leben in Osteuropa wiederaufgebaut werden würde. Aber keine Frage, wir haben da ein Megaproblem, das auf uns zukommt.“
Muzicant soll den EJK bis zur Generalversammlung interimistisch leiten. Im Interview sagte er: „Ich mache das jetzt aus Verantwortung für den EJK, aber ich werde keinen Wahlkampf um das Amt führen.“ Im EJK haben sich 42 nationale jüdische Gemeinschaften zusammengeschlossen, die 2,5 Millionen Gläubige umfassen.
Der Milliardär Moshe Kantor hatte seine Funktion als EJK-Präsident zurückgelegt. Er wurde von der EU auf die Sanktionsliste gegen Russland gesetzt.