Journalismusfest

EU-Green-Deal-Diskussion: „Blockade darf es keine geben“

TT-Chefredakteur Alois Vahrner, Jozef Vasak (Europäische Kommission Vertretung Österreich), Lucie Kirstein (Verkehrsforscherin) und Ulrich Ladurner (Leiter Europabüro ZEIT in Brüssel) diskutieren (v. l. n. r.).
© Böhm

Die EU-Green-Deal-Diskussion am Journalismusfest zeigt: Den Klimawandel bekämpft man gemeinsam.

Innsbruck – Der Ukraine-Krieg als Beschleuniger der Umsetzung des Green Deals in Europa? Josef Vasak, Vertreter der Europäischen Kommission in Österreich, weist in einer Diskussion beim Internationalen Journalistenfest in Innsbruck auf die Abhängigkeit Europas vom russischen Gas hin. Und spricht von der schnellen europäischen Gegenstrategie. Mit dem Programm RepowerEU will die Union die Abhängigkeit von russischem Gas schon vor Ende des Jahres um zwei Drittel verringern. Statt russischem Gas soll verflüssigtes Gas, also LNG (Liquid Natural Gas) eingesetzt werden. Die EU will auch auf Biomethan setzen.

Doch warum LNG, wenn die EU doch raus will aus fossilen Brennstoffen, kritisiert Lucie Kirstein, Verkehrsforscherin der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften. Immerhin sei auch verflüssigtes Gas Gas? Und warum will die EU in ihrer neuen Taxonomiverordnung Atomkraftwerke fördern? Das sei eine politische Entscheidung, sagt Ulrich Ladurner aus dem Europabüro der Zeit. Denn Atomstrom sei für das mächtige EU-Land Frankreich historisch wichtig, im Gegensatz zum ebenfalls mächtigen Deutschland, das seine Kraftwerke abschalten ließ.

Es brauche viel mehr Druck aus der Bevölkerung, sagt die Verkehrsforscherin Kirstein. Und die Bevölkerung müsse viel mehr mitgenommen werden auf „dieser Transformation“ zur Klimaneutralität. Denn Arbeitsplätze gingen definitiv verloren mit dem Ausstieg aus fossilen Energieträgern. Und nicht alle würden an die versprochenen nachhaltigen Arbeitsplätze glauben. Der Übergang in die neue, grüne Welt müsse sozial gerecht gestaltet werden. Gerade in diesen Zeiten, mit hohen Strompreisen und massiver Teuerung in allen Lebensbereichen, betont Kirstein. Das sei der Europäischen Kommission bewusst, antwortet ihr Vertreter Vasak, denn „wer sich um seine teure Stromrechnung kümmern müsse, der werde sich nicht um die Rettung des Planeten kümmern“. Es brauche viel Geld, mehr als die 1,8 Billionen EU-Euro. Also muss über Green Finance auch privates Geld in den Green Deal fließen, denn: „Ohne Privatkapital werden wir es nicht schaffen“, sagt Vasak. Und wenn mit strengeren Öko-Bestimmungen Unternehmen ins Ausland abwandern, um Standards zu entkommen? „Blockade darf es keine geben“, sagt Brüssel-kenner Ladurner. Unternehmen seien anpassungsfähig. Das zeige auch die Kapitalismusgeschichte. (ver)

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