Internationale Filmfestival Innsbruck

31. IFFI startet: Frivole Freuden vor ernstem Hintergrund

„Jaddeh Khaki“ eröffnet das Internationale Filmfestival Innsbruck heute um 19 Uhr im Leokino.
© IFFI

Repressiven Realitäten mit bitterbösen Komödien trotzen: Heute startet das Internationale Filmfestival Innsbruck in seine 31. Auflage.

Innsbruck – Eine vermummte Gruppe junger Frauen lauert anderen Mädchen in den dunkleren Ecken gefragter Ausgehmeilen auf – und prügelt ihnen Unsittlichkeit und Sünde aus dem Leib. Tags darauf werden die theoretischen Grundlagen der nächtlichen Bekehrungsübergriffe erprobt: Frauen sollen vornehmlich schön und schön brav sein, alles andere ist des Teufels. Sagt ein charismatischer Prediger. Er verlangt Huldigung und verspricht den Enthaltsamen ewiges Leben. In dieser evangelikalen Hölle fühlt sich auch Mari (Mari Oliveira) himmlisch, bis sie bei einem weiteren Bekehrungsversuch in Mitleidenschaft gezogen wird – und eine dezente Narbe der Entstellung genug ist, um Anita Rocha da Silveiras Film „Medusa“ seinen mythologisch gewichtigen Namen zu geben.

In „Medusa“ erzählt die brasilianische Autorenfilmerin den toxischen Tugendterror als Komödie. Stilistisch erinnert der Film an die expressionistischen Exzesse von Dario Argentos „Suspiria“. Es gibt grelle Musikeinlagen und satirischen Symbolismus. Kurzum: „Medusa“ wäre eine überdrehte Filmfrivolität, wenn der reale Hintergrund nicht erschreckend ernst wäre. Vom traditionellen Machismo befeuerter aggressiver Antifeminismus ist nicht nur in Bolsonaros Brasilien zur Bedrohung für die geworden, die klassischen Rollenbildern weder entsprechen wollen noch können. Bisweilen ist der Realität nur mit Komödie beizukommen.

„Medusa“ läuft um 21.40 Uhr im Cinematograph und am Freitag um 20 Uhr im Leokino.
© IFFI

„Medusa“ ist einer von sechs Spielfilmen, die beim heute Abend startenden 31. Internationalen Filmfestival Innsbruck (IFFI) um den Filmpreis des Landes Tirols konkurrieren. Auch die chinesische Produktion „Gaey Wa’r“, „Luaneshat e kordës“ aus dem Kosovo, „El Gran Movimiento“ (Bolivien), „Freda“ (Haiti) und das italienische Drama „Atlantide“ sind im Rennen um die mit 5500 Euro dotierte Auszeichnung. Bis einschließlich Sonntag sind beim IFFI mehr als 70 Spiel-, Dokumentar- und Kurzfilme zu sehen.

Eröffnet wird Westösterreichs größtes Filmfestival heute Abend mit dem iranischen Roadmovie „Jaddeh Khaki“ von Panah Panahi. Auch Panahi – Sohn des in seiner Heimat mit Berufsverbot belegten Regisseurs Jafar Panahi – trotzt den Repressionen in einem autoritären Regime eine bitter-komödiantische Note ab: In beeindruckenden Bildern erzählt „Jaddeh Khaki“ von einer Familie, die sich auf den Weg zur Grenze macht – und von den Bedingungen, die den oft so heiteren „Ausflug“ zur überlebenswichtigen Notwendigkeit machen. (jole)

Filme aus aller Welt

Das Internationale Filmfestival Innsbruck findet von 24. bis 29. Mai zum 31. Mal statt. Gezeigt werden mehr als 70 Filme aus aller Welt. Beim von Anna Ladinig geleiteten Festival werden der Spielfilmpreis des Landes Tirol (5500 Euro) und der Dokumentarfilmpreis der Stadt Innsbruck (3000 Euro) vergeben.

Die Retrospektive beschäftigt sich mit dem Thema „Afrofuturismus“, in der Reihe „Weltweite Visionen“ sind u. a. „Una Mujer“, der neue Film von Janine Meerapfel, und eine Herwig-Weiser-Werkschau zu sehen.

Tiroler Filmschaffen: Neben „4 minus 1“ von Melanie Hollaus werden Sarah Milena Rendels „Wohnen“, „Private Stages“ von Carmen Brucic und „Unter den Auen“ von Çag˘das¸ Yılmaz und Christina Egger gezeigt.

Weitere Informationen: www.iffi.at

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