Steirischer LH Schützenhöfer tritt nach mehr als 50 Jahren in der Politik zurück
Der steirische Landeschef erklärte nach mehr als 50 Jahren in der Politik seinen Rückzug. Sein Nachfolger wird Christopher Drexler. Schützenhöfer gilt als Landesvater und hat die steirische ÖVP wiederbelebt und zur Nummer eins in der Steiermark gemacht.
Graz – Der steirische Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer (ÖVP) hat am Freitag in der Grazer Burg nach mehr als 50 Jahren in der Politik seinen Rücktritt mit Juli bekannt gegeben. Die geordnete Übergabe soll in den kommenden Wochen über die Bühne gehen. Sein Nachfolger wird Christopher Drexler. Die Entscheidung "habe ich schweren Herzens getroffen, weil ich mit Leib und Seele Landeshauptmann bin", er übergebe aber auch mit gutem Gewissen an Drexler, so Schützenhöfer.
Schützenhöfer ist im Februar 70 Jahre alt geworden und schon da hatte es Ablösegerüchte gegeben. Damals hatte er diese aber noch von sich gewiesen, zumal er ja erst seit 2015 Landeshauptmann ist. "Jetzt ist die Zeit gekommen", sagte er nun. Er habe die geordnete Übergabe "lange überlegt und vorbereitet". Für die kommenden Jahre sei "viel Kraft, Energie und Schwung nötig", sagte er. Da die Ziele der Steiermark höher als bei anderen liegen würden, wünsche er sich und dem Land Steiermark "den Richtigen für diese Zeit". Das ist für den scheidenenden Landeschef der aktuelle Kulturlandesrat Drexler: "Ein Neuer an der Spitze, aber alles andere als ein Neuer."
📽️ Video | Schützenhöfer übergibt an Drexler
"Viele Wissen es: Ich bin im 71. Lebensjahr, fast 52 Jahre in der Politik tätig und 22 Jahre Mitglied der Landesregierung. Ich wollte immer eine geordnete Übergabe. Zu oft gab es Rücktritte überfallsartig - nach Wahlniederlagen oder wegen politischen Drucks innerhalb der Partei", erklärte er die Hintergründe seines geplante Rückzugs. "Mein Ziel war es immer, den Landeshauptmannsessel zu erobern. 2015 war es so weit und das wurde 2019 durch die Wählerinnen und Wähler eindrucksvoll bestätigt", blickte er zurück.
Schützenhöfer wünschte seiner Heimat "alles Gute" und er wüsste keinen, der besser geeignet wäre als Drexler, sagte er. "Politik war mein Beruf, aber auch wenn ich als Landeshauptmann aufhöre: Die Steiermark bleibt mein Leben."
Um 13.00 Uhr wird der erweiterte Landesparteivorstand zusammenkommen und den Wechsel absegnen. Um 15.00 Uhr soll es dann noch eine Pressekonferenz im Volkskundemuseum zusammen mit Drexler geben, bei der weitere Fragen geklärt werden können, kündigte Schützenhöfer in seinem knapp gehaltenen Statement an.
„Landesvater“ und Wiederbeleber der steirischen ÖVP
Schützenhöfer gilt als Landesvater und hat die steirische ÖVP wiederbelebt und zur Nummer eins in der Steiermark gemacht. Dem erfahrenen Politiker war das Amt als Zweitplatziertem von seinem ehemaligen Freund Franz Voves (SPÖ) 2015 überlassen worden. 2019 sicherte er sich den LH-Sessel aus eigener Kraft.
Für Schützenhöfer war es eine lange Reise hin zum Landeshauptmann: Er hatte den Verlust der ÖVP-Stimmenmehrheit in der Grünen Mark 2005 miterlebt und sich nach dem Abgang der ersten Landeshauptfrau Waltraud Klasnic abgestrampelt, um die steirische Volkspartei wieder auf Kurs zu bringen.
📽️ Video | Schützenhöfer: Würdigungen zum Abschied
Schützenhöfer gilt als Konsenspolitiker im Sinne der Sozialpartnerschaft. Besondere Verdienste erwarb er sich im zeitgemäßen Umbau des Pensions- und Gehaltssystems für Landesbedienstete. Früh trat er auch für die Anerkennung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften ein. Seine Reden und Ansprachen setzen sich aus immer ähnlichen, wenn auch vielen Textbausteinen zusammen – darin ist er seinem Förderer, dem früheren ÖVP-Landtagspräsidenten Franz Wegart nicht unähnlich. Aber ein für alle erheiterndes Scherzchen gelingt dem dann verschmitzt lächelnden LH und Weinliebhaber immer.
Als enger Freund litt Schützenhöfer unter Gerhard Hirschmanns geräuschvoller Ablösung von der Partei, die nach fast einhelliger Meinung in der ÖVP Klasnic die Wiederwahl kostete. Der sachkundige, bisweilen harte Politiker stand stets loyal hinter seiner Vorgängerin Klasnic an der Parteispitze. Selbst Voves lobte in den ersten Jahren der Legislaturperiode 2005 bis 2010 Schützenhöfers "Handschlagqualität", bevor es zum großen Krach über das Budget kam. Erst danach, von 2010 bis 2015, wurde die "Reformpartnerschaft" mit der SPÖ ins Leben gerufen.
Die funktionierte aufgrund der entstandenen Freundschaft zwischen Voves und ihm ganz gut – vielleicht zu gut für den Geschmack vieler steirischer Sozialdemokraten. Deren scheidender Chef Voves übergab "dem Hermann" den LH-Sessel – ein Danaergeschenk aus Sicht des jungen Voves-Nachfolgers Michael Schickhofer. Prompt beklagte Schickhofer die "fehlende Handschlagqualität Schützenhöfers", als dieser im September 2019 die Neuwahl verkündete – rund ein halbes Jahr früher als vorgesehen. Und im Sinne seines Freundes Voves war es auch nicht, wie aus einem offenen Brief des roten Alt-Landeshauptmanns hervorging.
📽️ Video | Analyse von Andreas Mayer-Bohusch (ORF)
Platz eins für die Schwarzen
Der frühe Wahltermin schadete Schützenhöfer nicht: Er festigte seine Stellung als Landeshauptmann und holte für die ÖVP wieder klar den ersten Platz. SPÖ-Chef Schickhofer zog sich daraufhin zurück und übergab an Anton Lang, mit dem Schützenhöfer bis zuletzt eine nach außen hin harmonisch vorgetragene Koalition bildete.
Seit fast einem Jahr gab es allerdings bereits Gerüchte über einen möglichen Rücktritt des Landeshauptmanns. Christopher Drexler wurde oftmals als Nachfolger genannt, doch der "Landesvater" wollte nicht in unruhigen Zeiten sein Amt übergeben. Zu Mitte seiner zweiten Amtsperiode will er sich nun doch etwas mehr Zeit für sich nehmen und folgt damit den musikalischen Gratulationswünschen der Stoakogler zu seinem 70. Geburtstag: "Es soll dir guat geh'n, du sollst a Freid hom und vü Zeit hom, a bisserl mehr als bisher." (APA, TT.com)
📍 Zur Person
Schützenhöfer wurde am 29. Februar 1952 in Edlitz (NÖ-Bezirk Neunkirchen) geboren. Nach einer kaufmännischen Lehre im oststeirischen Kirchbach kam er über die JVP in die Politik, 1971 wurde er deren Landessekretär und 1976 Landesobmann. Der weitere Weg von Schützenhöfer ist eng mit dem ÖAAB verbunden: 1978 bis 1981 war er Landessekretär, 1991 wurde er geschäftsführender Obmann und 1995 Landesobmann. Hier erfuhr er nach eigenen Angaben u.a. auch seinen prägenden Kompass bis heute, die katholische Soziallehre.
Im Juni 1981 zog Schützenhöfer in den Landtag ein, 1993 wurde er Klubobmann – als Vorgänger von Reinhold Lopatka. 2000 erhielt er den der SPÖ abgenommenen Regierungssitz mit Zuständigkeit für Personal, Jugend, Pflichtschulen und Wohnbau. Mit dem Ausscheiden von Gerhard Hirschmann 2003 bekam er Sport und Tourismus dazu und gab Jugend, Schulen und Wohnbau ab. 2005 stieg er zum ÖVP-Landeschef auf und hat sich vor allem seit 2015 als LH und "Landesvater" etabliert