„Man gewöhnt sich daran, dauernd geköpft zu werden“
Nach Corona-Zwangspause zeigen die Innsbrucker Ritterspiele wieder den „Schurkischen Kuno“. Werner Frank gibt die Titelrolle seit 35 Jahren.
Von Michael Domanig
Innsbruck – Die Vorfreude bei Darstellern wie Publikum ist groß: Seit 2019 war „Der schurkische Kuno von Drachenfels“ – aus naheliegenden pandemischen Gründen – nicht mehr im Innsbrucker Bierstindl zu sehen. Jetzt ist das berühmt-berüchtigte Kultstück zurück: Der (ausverkauften) Premiere heute Abend folgen bis 2. Juli sieben weitere Aufführungen.
Fast jeder Innsbrucker hat den „Kuno“ irgendwann einmal gesehen, viele verbinden damit persönliche Erinnerungen. Kein Wunder: Die gar schröckliche Ritterparodie des Innsbrucker Autors Vulmar Lovisoni, 1954 im Lodronischen Hof zu Pradl uraufgeführt, läuft im Bierstindl (mit Unterbrechungen) seit 1961.
Was den Erfolg ausmacht? Marion Frank, Obfrau der Innsbrucker Ritterspiele (wie der Verein seit 2006 heißt), nennt zum einen die Zugänglichkeit des Stücks für alle Alters- und Gesellschaftsschichten: „Man kann hier einfach nur lachen, ohne langes Nachdenken, es regiert Blödelei statt hochtrabendem Humor.“ Zudem werden jedes Jahr neue, aktuelle Pointen eingebaut, Politik und High Society auf die Schaufel genommen: „Dadurch sind die Aufführungen immer ein bisschen anders“, meint Werner Frank. Und der sollte es wissen: Er ist schließlich nicht nur Regisseur und Gagschreiber in Personalunion, sondern auch und vor allem der Rekord-Kuno – mit Respektabstand: Schon seit 35 Jahren (!) gibt er den Titel-Schurken.
Das spätere Ehepaar Frank hat sich 1995 bei den Proben zur 1000. Kuno-Vorstellung kennen gelernt. Inzwischen halten die Ritterspiele bei über 1500 Vorstellungen – so genau zählt keiner mehr mit. Jedenfalls sei Kuno in den vergangenen Jahrzehnten „zehntausendmal geköpft“ worden, schätzt Frank. Eine makabre Besonderheit ist bekanntlich, dass der Kopf des Schurken an einem Abend nicht nur einmal fällt: Mit Applaus und den traditionellen „No amol!“-Rufen fordert das Publikum stets mehrere Wiederholungen der schaurigen Prozedur ein.
Wie es ist, jeden Abend auf der Bühne enthauptet zu werden? „Man gewöhnt sich daran“, lacht Frank. Fad werde es den Laiendarstellern nicht: „Das Ensemble ist so eingespielt, dass wir oben auf der Bühne fast dieselbe Hetz haben wie das Publikum unten.“ So sieht das auch Marion Frank, die auf der Bühne übrigens ebenfalls „Kunos“ Gattin spielt: „Das kenne ich also schon“, lacht sie.
Interaktion mit dem Publikum hat beim „Kuno“ Tradition: Bei den frühen Freiluftaufführungen im Lodronischen Hof („mit Mords-Hallo und Sauferei“) seien zwischen Schauspielern und Zuschauern schon mal die Fäuste geflogen, erklärt Werner Frank. Jetzt geht es gesitteter zu: „Aber wenn jemand Zwischenrufe macht und gscheit sein will, haben wir uns schon Sprüche zurechtgelegt, wie wir ihn uns klauben“, droht er augenzwinkernd. Schlimmstenfalls winkt auch dem Zwischenrufer Kunos garstiges (Bühnen-)Schicksal ...
Political-Correctness-Preis werden die Ritterspiele garantiert keinen gewinnen, es herrscht schwarzer, derber und deftiger Humor. Wobei Frank betont: „Jeder bekommt sein Schmalz ab.“
An Bühnenpension denkt „Kuno“ nicht, sehr wohl aber an etwas Entlastung: „Derzeit ist jede Rolle doppelt besetzt – bis auf den Kuno. Aber für 2023 züchte ich mir eine Doppelbesetzung heran!“
Warum man sich den Kuno anschauen soll? „Weil man zwei Stunden lang seine Sorgen vergessen kann, weil er ein Stück Normalität im Innsbrucker Sommer ist“, bilanziert das Ehepaar. Und, wie Werner Frank mit breitem Grinsen ergänzt: „Das Geld brauchen wir auch.“ Kartenreservierungen unter: www.innsbrucker-ritterspiele.info