Nations League

„Schnauze voll": Alaba begrüßt neuen Spielstil, Rangnick unzufrieden

Kingsley Coman (FRA), Gernot Trauner (AUT) im Fußballspiel der Nations-League-Liga.
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Nach dem Unentschieden gegen Frankreich zeigt sich nicht nur Neo-Teamchef Ralf Rangnick unzufrieden. Auch Kapitän David Alaba schlägt kritische Töne an. Das Team habe wohl "die Schnauze voll, von einer gewissen Art, Fußball zu spielen", meint er. Der neue Stil von Rangnick kommt da gerade recht.

Wien – Ein 1:1 gegen den Weltmeister hat das österreichische Fußball-Nationalteam am Freitag noch nicht zufriedengestellt. Die Spieler trauerten der vergebenen Siegchance in der Nations League gegen Frankreich nach und orteten weiteres Verbesserungspotenzial. Die eigenen Ansprüche sind höher geworden. Kapitän David Alaba begrüßte den neuen Spielstil, den Prozess, in dem sich das ÖFB-Team unter Neo-Trainer Ralf Rangnick befinde. Über die Vergangenheit äußerte er sich kritisch.

📽️​ Video | ÖFB-Spieler trauern vergebener Siegchance gegen Frankreich nach

"Die Enttäuschung ist größer als die Freude, weil hier mehr drinnen gewesen wäre", sagte Alaba in den Katakomben des Happel-Stadions zu Journalisten. Nicht mit dem Auftritt zufrieden zu sein zeige, "wie hungrig, wie ehrgeizig" das Team sei, wie sehr es sich auch weiterentwickeln wolle. Und noch mehr: "Es zeigt einfach, dass wir vielleicht irgendwo die Schnauze voll haben von einer gewissen Art Fußball zu spielen, wie wir es vielleicht immer wieder in den Jahren zuvor hatten."

Rangnick noch lange nicht zufrieden

Ein Remis gegen einen regierenden Weltmeister ist für Österreichs Fußball-Nationalmannschaft in der Regel ein Grund zum Feiern, und dennoch hat sich Teamchef Ralf Rangnick nach dem 1:1 äußerst unzufrieden gezeigt. Der Deutsche trauerte einem Nations-League-Sieg gegen die "Bleus" nach und war vor allem von der Entstehung des Ausgleichs durch Kylian Mbappe in der 83. Minute genervt.

Dem Tor des eingewechselten PSG-Stars ging ein zu hastig ausgeführter Freistoß der Österreicher in der gegnerischen Hälfte voraus, es folgte ein Fehlpass von Konrad Laimer und dann der verhängnisvolle Konter. "Total ärgerlich", sagte Rangnick. "Dass du gegen so einen Gegner ein Tor bekommen kannst, ist klar, aber nicht so."

Xaver Schlager (AUT) im Zweikampf mit Boubacar Kamara (FRA).
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Beim 63-Jährigen war eher wenig Freude über den Achtungserfolg gegen die Franzosen zu spüren, es überwog die Frustration darüber, die Sensation knapp verpasst zu haben. "Für mich fühlt sich das Ergebnis nicht so an, dass man mir gratulieren müsste", erklärte Rangnick. "Ich bin mit diesem Ergebnis nicht zufrieden und ich glaube, die meisten Spieler auch nicht. Und sie sollen sich auch nicht einreden lassen, dass sie mit dem Ergebnis zufrieden sein können."

Alaba freut sich über Neustart

Rangnick hat das ÖFB-Team Ende Mai als Nachfolger von Franco Foda übernommen. Sein deutscher Landsmann hatte die Auswahl davor seit Ende 2017 betreut. "Wir sind in einem Prozess. Dieser Prozess sieht gut aus und es macht einfach Spaß", sagte Alaba über den Neustart unter Rangnick. "Wir sind geil drauf, diesen Prozess weiterzugehen und unsere Ziele zu erreichen." Ein ganz großes, auch für ihn persönlich, ist eine WM-Teilnahme. Diese hatte man unter Foda verpasst.

Gegen Frankreich waren 44.800 Zuschauer im Stadion. "Ich glaube, dass wir mit unserem Spiel die Leute aufgeweckt haben", meinte Alaba. Man habe gesehen, wozu man gemeinsam mit den Fans fähig sei. Dabei erkannte auch der Real-Madrid-Profi in der zweiten Hälfte einen Rückfall. "Wir sind tiefer gestanden, haben versucht, das 1:0 irgendwo zu halten", schilderte Alaba. "Man hat sicherlich auch irgendwo eine gewisse Müdigkeit erkannt." Er selbst musste mit Adduktorenproblemen vorzeitig vom Platz.

Wie seinem Trainer stieß auch Alaba das Gegentor zum 1:1 sauer auf. "Das dürfen wir auf dem Niveau nicht bekommen, da müssen wir einfach abgebrühter Fußball spielen. Ich glaube, diese Erfahrung haben wir", nahm der dreimalige Champions-League-Sieger seine Kollegen in die Pflicht. Ein Ballverlust nach einem eigenen Freistoß war der Ausgangspunkt für Kylian Mbappes Raketenstart. Alaba: "Da müssen wir einfach cleverer Fußball spielen."

Andreas Weimann hatte die Österreicher mit seinem ersten Team-Tor in Führung gebracht.
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Nächstes Spiel in Kopenhagen

Schon beim 1:2 gegen Dänemark am Montag sei deutlich mehr möglich gewesen. "Gegen die Dänen haben wir durch ein dämliches Verhalten bei einem gegnerischen Freistoß einen Punkt weggegeben, heute bei einem eigenen Freistoß zwei Punkte", kritisierte Rangnick.

Dennoch habe man "vom Matchplan viel umgesetzt, und das gegen einen Top-Gegner. Wir waren drauf und dran zu gewinnen, aber eben nur drauf und dran", sagte Rangnick. Nach den Angaben des Teamchefs zeigten sich die Franzosen im Vergleich zum 1:2 gegen Dänemark und zum 1:1 gegen Kroatien deutlich verbessert. "Das war taktisch von ihnen ein ganz anderer Auftritt als in den ersten beiden Spielen, sie haben auch viel knackiger und aggressiver gewirkt."

Aurelien Tchouameni (FRA) und Boubacar Kamara (FRA) nahmen Nicolas Seiwald (AUT) in die Zange.
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Die Franzosen sind in Gruppe 1 mit zwei Punkten Letzter, vor ihnen liegen die Kroaten, Österreicher (je 4) und Dänen (6), die am Montag in Kopenhagen nächster ÖFB-Gegner sind. Dabei handelt es sich um das vierte Match innerhalb von elf Tagen. "Wir werden in den nächsten Tagen versuchen zu regenerieren", kündigte Rangnick an. "Es ist durchaus möglich, dass der eine oder andere Frische ins Team kommt."

"Punkt, den wir besser machen können"

Ob das ÖFB-Team im Vergleich zu den jüngsten Partien gegen Kroatien (3:0) und Dänemark (1:2) zugelegt habe, wollte Alaba nicht beurteilen. "Wenn wir gewonnen hätten, hätten wir Schritte nach vorne gemacht, weil wir dann diese Qualität auch noch besitzen würden, diese Spiele für uns zu entscheiden", erklärte Alaba. "Das müssen wir lernen, solche Spiele auch noch für uns zu entscheiden - auch, wenn es dreckig ist."

Ähnlich sah es Mittelfeld-Dauerläufer Konrad Laimer, der neuerlich eine starke Leistung bot. "In den drei Spielen haben wir immer wieder gute Akzente gezeigt, uns aber schlussendlich auch zu wenig belohnt", meinte der Leipzig-Legionär. "Wenn man das ein bisschen besser macht oder ein bisschen mehr Glück hat, muss man eigentlich alle drei Spiele gewinnen – und das ist gegen diese Nationen eigentlich schon Wahnsinn."

⚽ Nations-League, Liga A, Gruppe 1 (3. Runde):

🔴 Österreich - Frankreich 1:1 (1:0)

Wien, Ernst-Happel-Stadion, 44.800 Zuschauer, SR Sidiropoulos (GRE)

Tore: 1:0 (37.) Weimann, 1:1 (83.) Mbappe

Österreich: Pentz - Lainer (54. Lazaro), Trauner, Alaba (69. Danso), Wöber - Laimer, X. Schlager, N. Seiwald, M. Sabitzer - Weimann (64. Onisiwo), Arnautovic (63. Gregoritsch)

Frankreich: Lloris - Pavard, Saliba, Konate, T. Hernandez - Kamara, Tchouameni (63. Guendouzi) - Diaby, Griezmann (63. Mbappe), Coman (79. Nkunku) - Benzema

Gelbe Karten: Lainer, N. Seiwald, Danso bzw. keine

⚪ Dänemark - Kroatien 0:1 (0:0). Tor: Pasalic (69.)

🔴 Nächste Spiele, Montag 20.45 Uhr: Dänemark - Österreich, Frankreich - Kroatien

Sowohl gegen Dänemark als auch Frankreich kassierte man späte Gegentore. "Das ist sicher ein Punkt, den wir besser machen können und müssen, dass man sich noch mehr belohnt für den Aufwand", sagte Laimer. Bei ihm selbst waren die Folgen schon zu spüren. Wie Nebenmann Xaver Schlager spielte der 25-Jährige alle drei bisherigen Partien unter Rangnick durch. "Zu so einem Zeitpunkt der Saison geht das irgendwann schon auf den Körper, das ist normal." Am Montag (20.45 Uhr/live ORF 1) zum Abschluss gegen Dänemark will Laimer dennoch wieder mit von der Partie sein. Es gelte, Rangnicks Plan weiter zu perfektionieren.

In diesem spielt auch Nicolas Seiwald eine wichtige Rolle. "Wir spielen intensiv, wir verteidigen gemeinsam. Wir spielen einfach einen geilen Fußball derzeit, das taugt mir richtig", sagte der 21-Jährige. Auch vom ähnlichen Spielstil seiner Nebenleute profitiere er – allen voran von Laimer und Schlager, den beiden obersten Balljägern im Team. "Das ist ein Wahnsinn, von denen kann man nur lernen", betonte Seiwald. "Sie sind auch ein bisschen Vorbilder von mir. Sie machen das richtig gut. Solche Typen braucht man in der Mannschaft."

Das ÖFB-Mittelfeld bestand gegen Frankreich ausschließlich aus Spielern mit Red-Bull-Prägung. Seiwald ist der jüngste davon. "Wir haben schon richtig reif gespielt, vor allem in der ersten Hälfte", meinte der Salzburg-Youngster. Der späte 1:1-Ausgleich sei bitter und dürfe so nicht passieren. "Da sind wir ein bisschen zu hoch gestanden." Besser machen will er es in Kopenhagen. "Wir wollen aus dem ersten Spiel gegen die Dänen lernen." (APA)

Frankreich trauerte Sieg gegen ÖFB-Team nach

Das 1:1 zwischen Österreich und Frankreich in der Fußball-Nations-League hat bei beiden Teamchefs für schlechte Laune gesorgt. Nicht nur ÖFB-Coach Ralf Rangnick, auch Frankreichs Didier Deschamps trauerte einem Sieg nach. Man sei zu fahrlässig mit den eigenen Gelegenheiten umgegangen, lautete der Tenor des Weltmeister-Trainers nach der Partie am Freitag im Wiener Happel-Stadion. Durch das Remis hält der Titelverteidiger nur bei zwei Punkten aus den ersten drei Partien.

Dabei hätte man durchaus mit einem vollen Erfolg die Heimreise antreten können, sagte Deschamps. "Wir hatten viele Chancen, aber es war immer ein Bein, der Tormann oder die Latte dazwischen. Es ist schade, dass die Spieler nicht belohnt wurden. Manchmal machen wir aus weniger Chancen mehr Tore, aber ich bin nicht besorgt."

Zuversichtlich stimmte den 53-Jährigen die Tatsache, dass man nach den Experimenten in den Partien gegen Dänemark (1:2) und Kroatien (1:1) wieder die geeignete taktische Formation mit Viererkette und zwei Flügeln gefunden habe. "Es ist das wirkungsvollste System, was die Breite und den Abstand der Spieler betrifft. Es hat uns eine gute Balance gegeben, die es uns ermöglicht hat, viele Möglichkeiten zu kreieren", erklärte Deschamps, vergaß aber auch nicht, die Österreicher zu loben. "Sie haben ein tolles Team, das viel Engagement an den Tag gelegt hat, das muss man auch anerkennen."

Bei den "Bleus" werden nach den Angaben des Teamchefs viele Spieler nach einer langen Saison von Müdigkeit geplagt. "Aber das soll keine Ausrede sein." Nicht wegen Müdigkeit, sondern wegen leichter Knieprobleme saß Frankreichs Topstar Kylian Mbappe zunächst auf der Bank. Der PSG-Stürmer kam nach etwa einer Stunde, erzielte den Ausgleich und verzeichnete noch einen Lattenschuss. "Er hat sich gut genug gefühlt, um 30 Minuten zu spielen. Dass er das Tor geschossen hat, ist super für uns, er hätte auch noch ein zweites machen können", sagte Deschamps über Mbappe.