Hirschl tritt mit Slam-Erfahrung beim Bachmann-Preis an
Seine Bücher bleiben in Erinnerung: Egal ob mit "Meine Freunde haben Adolf Hitler getötet und alles, was sie mir mitgebracht haben, ist dieses lausige T-Shirt" 2016 oder zuletzt mit der Slimfit-Kanzler-Satire "Salonfähig": Der Wiener Elias Hirschl (28) hat sich mit seinen absurd anmutenden Settings in den vergangenen Jahren einen festen Platz in der heimischen Literaturszene erschrieben. Nun tritt er auf Einladung von Klaus Kastberger beim Bachmann-Preis in Klagenfurt an.
Dabei kommt ihm zu Gute, dass er seine ersten Gehversuche als Autor bei Poetry Slams gemacht hat. "Mit dem neuen Punktesystem, wo die Jury jeweils 1 bis 9 Punkte vergeben kann, ist der Bachmannpreis fast schon wie ein Slam - nur mit längeren Texten", schmunzelt Hirschl im APA-Interview. Auch wenn es sich im Grunde um eine Castingshow für Literatur handle, freut er sich schon auf die Jury-Diskussionen und das Wiedersehen mit Kolleginnen und Kollegen in Klagenfurt. "Dass die Lesungen wieder live stattfinden können, freut mich schon, obwohl es sicher weniger stressig ist, sie vorab aufzuzeichnen", so Hirschl, der mit einem eigens für den Bachmann-Preis geschriebenen Text antreten wird.
"Als mich Klaus Kastberger gefragt habe, ob ich einen Text hätte, musste ich erst schauen, ob ich überhaupt eine narrative Geschichte in dieser Länge hinbekomme", verrät der Autor, dessen Erzählungen oder Romankapitel sonst kürzer sind. Ob aus dem Text ein Roman werden soll, will er noch nicht verraten. Schließlich arbeite er derzeit an einem Romanprojekt, mit dem er als Dortmunder Stadtschreiber ausgewählt wurde, weshalb Wien-Tage derzeit eher rar gesät sind. Auch ein zweiter Roman harre noch der Fertigstellung.
Von der Jury in Stücke gerissen zu werden, macht Hirschl keine Sorgen. Als etablierter, in Strukturen eingebetteter Autor könne man es besser verarbeiten, in Klagenfurt zu scheitern. "Aber wenn du dort mit einem Romanauszug aus deinem noch nicht veröffentlichten Debüt hinkommst und zerrissen wirst, ist das wirklich scheiße", so Hirschl, der sich jedenfalls nicht live im Fernsehen zur Jury-Diskussion äußern will, wie es einige Kollegen in den vergangenen Jahren gemacht haben. Apropos vergangene Jahre: Das Wettlesen verfolgt er erst seit ein paar Jahren, vor allem die Diskussionen auf Twitter haben es ihm angetan. "Die Parodien, die Clemens Setz dort veröffentlicht, sind genial."
Eine besondere Beziehung zu Ingeborg Bachmanns Texten habe er nicht. "Nur den Text 'Was ich in Rom sah und hörte' habe ich gern gelesen, aber mit ihrer Lyrik und mit Lyrik generell kann ich nicht so viel anfangen." Bei Poetry Slams trage er stets aus Prosatexten oder Essays vor, lyrisch wird es lediglich bei Songtexten für sein Bandprojekt namens "Ein Gespenst". Das Indie-Duo veröffentlicht im Herbst sein erstes Album. Dennoch möchte der Autor nicht hauptberuflich als Musiker arbeiten. "Das viele Touren wäre mir auf Dauer zu stressig", weiß er. Autor zu werden, sei schon früh - mit elf Jahren - sein Berufswunsch gewesen. Wirklich realistisch sei dieser Beruf dann aber erst nach dem dritten Roman geworden.
Die Idee für den Roman "Salonfähig", der just zur Regierungskrise im Herbst 2021 erschien und mit dem Abgang Sebastian Kurz' zusammen fiel, habe er im Rahmen eines Theaterprojekts des Aktionstheaterensembles ("Swing: Dance to the right") gefunden, als er sich mit dem "leeren Politrhetorik-Sprech" auseinander setzte. Ob sein Roman, den er 2018 begonnen hat, bei Erscheinen überhaupt noch aktuell sein würde, habe er nicht gewusst. "Als er dann erschienen ist, haben viele gefragt, ob ich dieses Thema absichtlich gewählt habe, um viele Bücher zu verkaufen", lacht Hirschl. "Aber für ein solches Kalkül dauert die Arbeit des Schreibens ja viel zu lange." Ihn habe vor allem der Personenkult rund um einen Politiker interessiert. "Die Art von Kult, die Kurz um sich herum aufgebaut hat mit tausenden jungen Menschen in türkisen T-Shirts in der Wiener Stadthalle, das hat mich schon rein visuell fasziniert."