Bühne

Zweite Runde für „Jedermann“ und Buhlschaft: Gestorben wird so oder so

Zweite Runde für „Jedermann“ und Buhlschaft: Lars Eidinger und Verena Altenberger sind ab heute Abend wieder im Spiel vom Sterben des reichen Mannes auf dem Domplatz zu erleben – wenn das Wetter mitspielt.
© APA/Gindl

Mit der „Jedermann“-Premiere beginnen heute Abend die Salzburger Festspiele. Offiziell eröffnet wird das Festival am 26. Juli.

Salzburg – Heute Abend erschallen wieder die „Jedermann“-Rufe über dem Salzburger Domplatz. Falls das Wetter beim Spiel vom Sterben des reichen Mannes mitspielt. Ansonsten stirbt der reiche Mann zum siebten Mal in den letzten acht Jahren eben zunächst im Festspielhaus. So oder so. Mit der Premiere von Hugo von Hofmannsthals neobarockem Mysterienspiel vom todgeweihten „Jedermann“ beginnen heute Abend die Salzburger Festspiele. Michael Sturmingers seit 2017 jährlich mehr oder weniger stark überarbeitete Inszenierung wird wieder aufgenommen. „Wir arbeiten ständig weiter. Fertig wird es nie“, sagt Sturminger über seine „Dombaustelle“. Heuer hatte der Dombaumeister, der mehr am Platz als am oder im Dom zu tun hat, ein vergleichsweise ruhiges Vorhaben. Die wesentlichen Bausteine seiner Vorjahresinszenierung bleiben gleich. Lars Eidinger spielt zum zweiten – und wie er ankündigte wohl letzten – Mal die Titelrolle, Verena Altenberger die Buhlschaft und Edith Clever den Tod. Neu sind die Kostüme. Die Buhlschaft wird in ein noch kräftigeres Rot gehüllt. Die adaptierten Outfits wurden am Samstag von Kostümbildnerin Renate Martin, Kostümdirektor Jan Meier und Schauspielchefin Bettina Hering präsentiert.

Die Salzburger Festspiele laufen bis 31. August. Offiziell eröffnet werden sie am 26. Juli mit einem Festakt in der Felsenreitschule. Die Eröffnungsrede wird heuer der Schriftsteller Ilija Trojanow halten. Seine Überlegungen hat er mit „Der Ton des Krieges, die Tonarten des Friedens“ überschrieben. Trojanow kündigt „eine politisch dezidierte, aber auch poetisch-musikalische Rede“ an. Zentrales Thema ist das Verhältnis zwischen Kunst und Macht. Auch zur Frage über den Umgang mit Sponsoren und Künstlern, denen ein Naheverhältnis zu autokratischen Systemen nachweisbar ist, will sich Trojanow äußern.

Bei den heurigen Musiktheaterproduktionen legt Festspiel-intendant Markus Hinterhäuser einen Schwerpunkt auf die Zeit nach dem Ersten Weltkrieg. Drei der neuinszenierten Opernwerke stammen aus den Jahren 1918 bis 1921. Die Ausnahme bildet Carl Orffs Mysterienspiel „De Temporum Fine Comoedia“ aus 1971, das als Doppelabend mit Bartóks „Herzog Blaubarts Burg“ in der Felsenreitschule am 26. Juli den Auftakt des Premierenreigens bildet. Während Bildermagier Romeo Castellucci inszeniert, ist nun fix Teodor Currentzis am Pult des Gustav Mahler Jugendorchesters zu erleben, nachdem sich im Vorfeld eine Debatte um den Einsatz des greco-russischen Dirigenten angesichts des Angriffskrieges gegen die Ukraine entsponnen hatte. Hinterhäuser verteidigte Currentzis, der in keiner Weise eine Nähe zum System Putin habe. „Sein ganzes künstlerisches Wirken sehe ich als Gegenmodell.“

Hinterhäuser steht zu seiner Festspielfamilie, die sich über die Ausgaben unter seiner Ägide hinweg entwickelt hat. Dazu gehört etwa Christof Loy, der heuer Puccinis „Il Trittico“ inszeniert, bei dem ihm mit Franz Welser-Möst ein Festspielveteran zur Seite steht. Asmik Grigorian singt in allen drei Teilen die Hauptrolle. Premiere ist am 29. Juli.

Neu in der Festivalfamilie ist Festspielpräsidentin Kristina Hammer, es ist ihre erste Saison in diesem Amt. Gleich geblieben ist indes die hohe Zahl an Karten. Aufgelegt wurden heuer für die 174 Aufführungen 224.933 Tickets zwischen 5 und 455 Euro. Der Kartenvorverkauf laufe sehr gut, teilte Hammer kürzlich mit. Die Ouverture spirituelle vor dem Festspielstart steht heuer unter dem Motto „Sacrificium“ und weist Werke wie Arthur Honeggers Oratorium „Jeanne d’Arc au bûcher“ auf, wobei hier Irène Jacob die ursprünglich vorgesehene Isabelle Huppert ersetzt.

Viele neue Gesichter – vor wie abseits der Bühne – verspricht das heurige Schauspielprogramm. Alle Regiekräfte der Neuproduktionen debütierten: Auf der Perner-Insel führt der Belgier Ivo van Hove mit der Burgtheater-Koproduktion „Ingolstadt“ mehrere Marieluise-Fleißer-Stücke zusammen (ab 27. Juli), Yana Ross inszeniert eine Überschreibung von Schnitzlers „Reigen“ in der Szene Salzburg – und Ewelina Marciniak kombiniert in „Iphigenia“ Texte von Euripides, Racine oder Goethe (ab 18. August). Überdies hat Schauspielchefin Hering eine Marathonlesung von Dantes „Göttlicher Komödie“ angesetzt. (jole, APA, dpa)