Krieg in Ukraine

Russen warfen Raketen auf Bahnhof in Ukraine und vergrößern Armee

„Stoppt das Töten von Ukrainern", steht auf diesem Schild einer Demonstrantin in London.
© IMAGO/Vuk Valcic

Die russische Armee bombardierte am Nationalfeiertag der Ukraine unter anderem eine Bahnstation in Tschaplyne. 25 Menschen starben durch die Raketen, darunter zwei Kinder. Indes hat Putin eine Vergrößerung der russischen Armee um fast 140.000 Soldaten angeordnet.

Kiew – Ein halbes Jahr nach dem Einmarsch in die Ukraine hat Kremlchef Wladimir Putin eine Vergrößerung der russischen Armee angeordnet. 2023 soll die Zahl der Soldaten um 137.000 auf rund 1,15 Millionen wachsen, wie aus einem Dekret vom Donnerstag hervorgeht. In der Ukraine wurden bei einem russischen Raketenangriff auf einen Bahnhof Dutzende Menschen getötet.

Die Ukraine hatte am Mittwoch den 31. Jahrestag ihrer Unabhängigkeit von der Sowjetunion begangen – genau ein halbes Jahr nach dem russischen Überfall vom 24. Februar. Vorab hatte Kiew vor zusätzlichen russischen Angriffen am Jahrestag gewarnt. Tatsächlich wurde dann unter anderem abends der Raketeneinschlag auf die Bahnanlagen im Ort Tschaplyne des zentralukrainischen Gebietes Dnipropetrowsk gemeldet.

📽️​ Video | Christian Wehrschütz (ORF) aus Kiew:

Dabei sind nach ukrainischen Angaben mindestens 25 Menschen getötet worden. Unter den Opfern seien zwei Kinder, berichtete die ukrainische Nachrichtenagentur Ukrinform Donnerstagfrüh. Ein Elfjähriger sei unter den Trümmern eines Hauses gestorben, ein sechsjähriges Kind beim Brand eines Autos vor dem Bahnhof ums Leben gekommen.

Zuvor hatte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj am Mittwochabend in seiner täglichen Videoansprache von 22 Toten berichtet. „Tschaplyne ist heute unser Schmerz", sagte Selenskyj. Wie vorher befürchtet gab es am Feiertag, einem symbolträchtigen Datum ein halbes Jahr nach Kriegsbeginn, auch an anderen Stellen des Landes schwere russische Angriffe mit Raketen und Marschflugkörpern.

EU: „Russischer Raketenterror"

Der russische Angriff löste international Entrüstung aus. Die EU verurteilte die Attacke am Donnerstag als „russischen Raketenterror". Moskau behauptete, der Angriff habe auf einen Militärzug am Bahnhof abgezielt und „mehr als 200" ukrainische Reservisten getötet.

Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell sprach auf Twitter von einem „abscheulichen Angriff Russlands auf Zivilisten". „Die Verantwortlichen für den russischen Raketenterror werden zur Rechenschaft gezogen", betonte er.

Russland erklärte wiederum am Donnerstag, der Angriff habe einem Militärzug gegolten. Eine Iskander-Rakete habe den Zug „direkt getroffen" und „mehr als 200 Reservisten der ukrainischen Streitkräfte" getötet sowie Ausrüstung zerstört, teilte das russische Verteidigungsministerium mit. Der Zug sei „auf dem Weg in die Gefechtsgebiete" im Osten der Ukraine gewesen, behauptete Moskau.

USA sagen weitere Hilfen für attackiertes Land zu

Die Ukraine hatte am Mittwoch den 31. Jahrestag ihrer Unabhängigkeit von der Sowjetunion begangen. Die USA sagten der Ukraine an diesem historischen Datum Militärhilfen für drei Milliarden US-Dollar (rund drei Milliarden Euro) zu. Das Paket soll zur Verteidigung der Ukraine und zur Modernisierung ihrer Armee dienen. US-Präsident Joe Biden will in einem Telefonat mit Selenskyj am Donnerstag Einzelheiten besprechen. Für die Ukraine ist es der 183. Tag des Krieges.

„Unsere Unabhängigkeit endet nicht und wird niemals enden", sagte Selenskyj in seiner Videoansprache vom Mittwochabend. Trotz der bedrohlichen Lage werde es auch einen 32. Unabhängigkeitstag und einen 33. und alle folgenden geben. „Die Ukraine wird ewig bestehen."

Frontex: Fast eine Million Einreisen aus Russland seit Kriegsbeginn

Seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine sind laut der EU-Grenzschutzagentur Frontex fast eine Million russische Staatsbürger in die EU eingereist. Vom Tag des Einmarschs am 24. Februar bis zum 22. August waren es genau 998.085 russische Staatsbürger, wie ein Frontex-Sprecher am Donnerstag der Deutschen Presse-Agentur mitteilte. In der Woche vom 16. August bis zum 22. August sei die Zahl der Einreisen im Vergleich zur Vorwoche geringfügig zurückgegangen.

Immer mehr EU-Länder schränken die Vergabe von Schengen-Visa an Russen im Alleingang ein. Dazu gehören Estland, Lettland, Litauen und Tschechien. Finnland will ab September folgen. Polen vergibt seit einiger Zeit keine Touristenvisa mehr und erwägt einen generellen Visa-Stopp. Dänemark dringt auf eine EU-Lösung und will sonst ebenfalls selbst handeln. Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz hatte sich zuletzt ablehnend zu Vorschlägen für schärfere Visa-Regeln geäußert.

Militärparaden abgesagt

Angesichts der Gefahr russischer Angriffe waren die sonst üblichen Militärparaden am Feiertag abgesagt worden. Auf der Hauptstraße Chreschtschatyk in Kiew wurden stattdessen zerstörte russische Panzer und anderes erbeutetes Kriegsgerät zur Schau gestellt. Viele Ukrainerinnen und Ukrainer sahen sich das an. Der britische Premierminister Boris Johnson kam zu seinem dritten Besuch während des Krieges nach Kiew. Solidarität mit dem angegriffenen Land zeigten auch Tausende Menschen in deutschen Städten und vielen anderen Orten der Welt. (APA, dpa, AFP)

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