Verfolgungsjagd im Unterland

Polizeikugeln treffen in St. Johann 14-Jährigen: Staatsanwalt ermittelt

Der Kastenwagen kam auf den Gleisen nicht mehr weiter. Als die Polizisten einen Knall hörten, feuerten sie auf das Heck des Fahrzeugs.
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Nach einer Verfolgungsjagd über 30 Kilometer eröffneten zwei Beamte in St. Johann das Feuer auf den Fluchtwagen. Dabei wurde ein Jugendlicher getroffen und verletzt. Jetzt ermittelt die Staatsanwaltschaft.

St. Johann in Tirol – Ein Knall (vermutlich ein Reifenplatzer), dann schossen die Beamten. Neun Kugeln aus zwei Polizeipistolen trafen das Heck eines entwendeten Klein-Lkw, davon zwei auch einen 14-Jährigen im Fahrzeug. Seine beiden Freunde (13 und 14 Jahre) hatten Glück, sie konnten unverletzt aus dem Auto flüchten. Der getroffene 14-Jährige musste in der Innsbrucker Klinik operiert werden, befand sich aber nicht in Lebensgefahr. Die Projektile hatten seine Hand und die Schulter verletzt.

Die Schüsse fielen am Freitag kurz nach fünf Uhr am Bahnhof von St. Johann. Seither ermitteln Landeskriminalamt, Beamte aus Kärnten und die Innsbrucker Staatsanwaltschaft. „Wegen Verdachts der schweren Körperverletzung“, erklärt Hansjörg Mayr, Sprecher der Staatsanwaltschaft: „Zu prüfen ist auch, ob die Schussabgaben gerechtfertigt waren.“ Gegen die Jugendlichen wird ebenfalls ermittelt.

In der Hintertür des Kastenwagens waren mehrere Einschusslöcher zu sehen.
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„Sie waren am Freitag gegen 4.50 Uhr mit dem Transporter in Wörgl unterwegs, der zwei Tage zuvor entwendet worden war“, schildert Wolfgang Weninger vom Landeskriminalamt bei einer Pressekonferenz am Freitagnachmittag. „Zwei Streifenbeamte wollten den Wagen anhalten. Der Lenker flüchtete.“ Mit weit überhöhter Geschwindigkeit ging es auf der B178 in Richtung St. Johann, unterwegs gefährdete der noch unbekannte Lenker bei zwei Überholmanövern andere Verkehrsteilnehmer. In Going stellten zwei St. Johanner Polizisten ihren Streifenwagen quer. Die Sperre wurde umkurvt, die Jagd ging weiter.

„In St. Johann gerieten die Jugendlichen in eine Sackgasse, der einzige Ausweg führte auf die Gleisanlagen des Bahnhofs“, erzählt Martin Reisenzein, Polizeichef im Bezirk Kitzbühel. Die Wörgler Polizisten, die als erste eintrafen, setzten die Verfolgung zu Fuß fort. Die Jugendlichen flüchteten weiter, obwohl der Transporter auf den Schienen nur noch langsam vorwärts kam. Die erfahrenen Polizisten (36 und fünf Dienstjahre) „hörten einen heftigen Knall“, schildert LKA-Leiterin Katja Tersch: „Dann gaben sie neun Schüsse ins Fahrzeug-Heck ab.“

📽️​ Video | 14-Jähriger bei Polizeieinsatz durch Schuss verletzt

Zwei Burschen sprangen aus dem Wagen und flüchteten zu Fuß weiter. Zwei Stunden später wurden sie von Cobrabeamten im Bereich eines Hotels festgenommen. Der verletzte 14-Jährige blieb im Wagen. Die Beamten leisteten erste Hilfe und alarmierten die Rettung.

LKA-Ermittler Wolfgang Weninger, LKA-Chefin Katja Tersch und Martin Reisenzein, Bezirkspolizeikommandant Kitzbühel während der Pressekonferenz.

Die Frage, ob die lebensbedrohlichen Schüsse gerechtfertigt waren, wurde bei der Pressekonferenz nicht beantwortet. Das sei Gegenstand weiterer Ermittlungen und Sache der Staatsanwaltschaft. Waffen wurden weder im Wagen noch bei den Verdächtigen gefunden.

Die drei Jugendlichen aus dem Bezirk Kufstein sind amtsbekannt, „teils schon als Minderjährige waren sie in Eigentumsdelikte, Körperverletzungen und Nötigungen verwickelt“, sagt Tersch. Noch sei aber unklar, ob die Burschen den Transporter tatsächlich entwendet oder nur benutzt haben.

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Ticker-Nachlese: Polizei-Pressekonferenz (neueste Einträge oben)

  • Im Falle der 14-Jährigen entscheide nun die Staatsanwaltschaft, wie es weiter gehe. Der 13-Jährige wurde bereits entlassen.
  • Darüber was die Jugendlichen genau gemacht hatten bzw. im Schilde führten, habe man noch keine Erkenntnisse. Das Auto hatten sie zwei Tage vorher geklaut. Man müsse die Ermittlungen abwarten, so Tersch.
  • Die handelnden Beamten (sie sind seit 36 bzw. 5 Jahren im Dienst) seien unverletzt. Es sei kein alltäglicher Einsatz gewesen, aber sie hätten ausreichend Erfahrung. Bei Bedarf bekommen sie psychologische Unterstützung.
  • Laut dem Polizeisprecher gibt es strenge Richtlinien, wann die Dienstwaffe zum Einsatz kommen darf. Die Beamten seien darin geschult. Die weiteren Erhebungen würden dazu mehr Aufschluss geben. Ob neun Schüsse angemessen seien, könne laut Tersch derzeit nicht kommentiert werden. Man müsse die internen Auswertungen abwarten.
  • Die Schüsse wurden abgegeben, weil sie zuvor einen lauten Knall gehört hatten. Bei der anschließenden Durchsuchung des Fahrzeugs wurde aber keine Waffe gefunden. Ob der Knall in Zusammenhang mit dem defekten Reifen steht, wird untersucht. Die Verdächtigen versuchten weiter zu fahren – doch ohne Erfolg.
  • Zwei Polizisten haben Schüsse auf das Fahrzeug abgegeben. Zu dem Zeitpunkt befanden sich noch alle drei Verdächtigen im Kastenwagen. Alles sei "sehr rasch gegangen". Die Beamten hätten nicht gesehen, wer drin sitzt.
  • Im Einsatz waren auch die Cobra mit Drohne sowie mit Diensthunden. 1,5 Stunden später wurden die Verdächtigen gefasst.
  • Der Kastenwagen sei mit weit überhöhter Geschwindigkeit geflüchtet, Beamten hatten in Going einen Wagen quer über die Straße gestellt. Das Fahrzeug fuhr auf die Polizisten zu und wich schließlich aus. In St. Johann wurde klar, dass der Lenker nicht ortskundig ist, da er in eine Sackgasse fuhr.
  • Zwei 13-Jährige hatten das Auto schon vor der versuchten Kontrolle verlassen, sie wurden inzwischen ebenfalls gefasst.
  • Das Fahrzeug weise neun Einschüsse im Heck auf. Ein Ermittlungsteam aus Kärnten übernehme den Fall und sei bereits unterwegs. Dies sei bei solchen Fällen normal.
  • Der 13-Jährige sei kurz befragt, dann aber wieder entlassen worden, aufgrund seiner Unmündigkeit. Der andere 14-Jährige sei noch in Befragung. Ermittlungen wurden aufgenommen, Spuren gesichert und ausgewertet.
  • Der 14-Jährige wurde an der linken Handfläche und der Schulter verletzt und in die Innsbrucker Klinik gebracht, wo er operiert wurde. Er befand sich nicht in Lebensgefahr.
  • Das Fahrzeug, mit dem die Verdächtigen unterwegs waren, hätten sie schon zwei Tage vorher im Bereich Wörgl unbefugt in Gebrauch genommen. Wer am Steuer gesessen hatte, ist noch nicht bekannt.
  • LKA-Chefin Tersch berichtet, dass es sich bei den drei Verdächtigen um drei amtsbekannte Jugendliche handelte. Alle drei seien im Bezirk Kufstein wohnhaft. Sie hätten schon recht jung Straftaten begangen.
  • Ein 14-Jähriger wurde durch Polizeischüsse verletzt, ein 13- und ein 14-Jähriger ergriffen die Flucht – wurden aber gefasst.
  • Nachdem das Fahrzeug hängen geblieben war, haben sich die Polizisten zu Fuß genähert. Die Beamten hätten einen lauten Knall gehört, daraufhin sei der erste Polizeischuss gefallen.
  • Das Fahrzeug war wegen unbefugten Gebrauchs im System erfasst, berichtet die Polizei. Der Lenker habe beim Versuch der Polizei, eine Kontrolle durchzuführen, die Flucht ergriffen. Es gab eine Verfolgungsjagd bis nach St. Johann. Zudem wurde eine Fahndung ausgelöst und eine Straßensperre eingerichtet worden in Going. Diese wurde aber umfahren.
  • Die Pressekonferenz beginnt.

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