Weisungen: Zadic will Entwurf von Expertenkommission umsetzen
Die Verhandlungen mit den anderen Parteien sollen zeitnah starten. Die Justizministerin betonte, dass es sich um die „größte Justizreform der Zweiten Republik" handle.
Wien – Justizministerin Alma Zadic (Grüne) will die Vorschläge der Expertengruppe zur Änderung des Weisungsrechts umsetzen. Im APA-Interview sprach sie von einem „sehr gelungenen Konzept". Sie glaube, dass der Zugang, über Weisungen nicht mehr die Ministerin sondern unabhängige Dreier-Senate entscheiden zu lassen, auf mehrheitliche Zustimmung stoßen könne. Ihr Ressort soll nun auf der Basis der Vorschläge ein Gesetz ausarbeiten, parallel will sie mit ÖVP und Opposition sprechen.
Zwei-Drittel-Mehrheit benötigt
Die Justizministerin betonte, dass es sich um die „größte Justizreform der Zweiten Republik" handle. Für diese werde es auch eine Zwei-Drittel-Mehrheit und damit die Zustimmung zumindest von Teilen der Opposition brauchen. Zunächst gilt es aber die ÖVP zu überzeugen. Sie wisse, dass es auch dem Koalitionspartner wichtig sei, „dass die Justiz vor politischem Einfluss geschützt wird und es zu einer noch klareren Trennung von Justiz und Politik kommt", meinte Zadic dazu. Das sei wichtig, denn in einer Demokratie dürfe es nicht einmal den Anschein geben, „dass es sich manche in der Justiz richten können".
Dass statt der Ministeriumsspitze nun Dreiersenate über Weisungen entscheiden könnten, brächte die Justiz jedenfalls auf noch unabhängigere Beine. Daher unterstützt Zadic auch, dass es keinen ständigen Ausschuss im Parlament geben soll, der die Arbeit des Trios quasi überwacht. Die ÖVP hatte hier auf entsprechende parlamentarische Kontrolle gepocht. Die Justizministerin wiederum betonte, dass Politiker keine Informationen aus laufenden Strafverfahren erhalten dürfen, etwa wo eine Hausdurchsuchung stattfinden werde.
Arbeit von Untersuchungsausschüssen wie bisher
Sehr wohl sollten aber die bestehenden parlamentarischen Kontrollinstrumente weiter angewendet werden können. Das heißt, die Arbeit von Untersuchungsausschüssen soll wie bisher möglich sein wie das Interpellationsrecht über parlamentarische Anfragen.
Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) äußerste sich vorerst noch nicht inhaltlich. Man habe den Abschlussbericht der Arbeitsgruppe erst Donnerstag Abend übermittelt bekommen. Dieser müsse jetzt gründlich geprüft werden, hieß es Freitagvormittag aus ihrem Büro. Die Einführung eines Bundesstaatsanwaltes – zu dem sich die Regierung mit dem Ministerratsvortrag vom Februar 2021 bekannt habe – sei „ein gewichtiges Vorhaben der Regierung", das eine „tiefgreifende Veränderung unserer Verfassung" darstelle, wurde auf Anfrage der APA betont.
Dass das vorgeschlagene Modell zu kompliziert sein könnte, glaubt Zadic nicht. Sie verwies darauf, dass sich der Vorschlag an den der europäischen Staatsanwaltschaft anlehne. Den hätten alle Staaten für gut befunden. Die Entscheidung über Dreier-Senate plus die ebenfalls geplante Reduktion der Berichtspflichten werde zu einer Vereinfachung und Beschleunigung des ganzen Prozesses führen, zeigte sich die Justizministerin überzeugt.
Laut dem Endbericht der 26-köpfigen Arbeitsgruppe, die eine breite Repräsentanz des gesamten Justizsektors bot, soll die Weisungsspitze zwar bei der Generalstaatsanwaltschaft landen, nicht aber bei der Person des (erst zu schaffenden) Generalstaatsanwalts. Dieser soll bei der Generalprokuratur angesiedelt sein und diese auch leiten, wie Zadic ausführte. Die Person muss die Voraussetzungen für das Richteramt erfüllen. Laut Vorschlag der Arbeitsgruppe endet die Amtszeit mit dem 65. Lebensjahr, davor gibt es keine Befristung.
Weisungen sollen aber nicht dem Generalstaatsanwalt oder der Generalstaatsanwältin obliegen. Zuständig dafür sollen ein bis zwei Dreiersenate sein, um „maximale Unabhängigkeit" zu gewährleisten.
Standesvertreter hoffen auf Umsetzung
Die Standesvertretungen fordern die rasche Umsetzung des Modells, an dem sie auch maßgeblich mitgewirkt haben. Mit dieser Reform würde „endlich der längst überfällige letzte Schritt einer klaren Trennung von Strafjustiz und Politik gegangen", stellte Cornelia Koller, die Präsidentin der Vereinigung österreichischer Staatsanwältinnen und Staatsanwälte (StAV) fest. Nun sei der Gesetzgeber in der Verantwortung, die Chance zu ergreifen und „einen ganz großen Meilenstein in der Entwicklung des österreichischen Rechtsstaates zu setzen".
Auch Martin Ulrich, der Vorsitzende der GÖD-Bundesvertretung Richter:innen und Staatsanwält:innen, hofft, dass das Modell tatsächlich umgesetzt wird. Denn schon der Anschein, es könnte auf die Tätigkeit der Staatsanwaltschaften unsachlich Einfluss genommen werden, müsse dauerhaft ausgeschlossen werden – schade diese Anscheinsproblematik doch der Politik und der Justiz gleichermaßen.
NEOS stehen dem Modell der Arbeitsgruppe positiv gegenüber. Damit habe sich jetzt „die historische Chance" eröffnet, „die Weisungsspitze aus ihrer jahrzehntelangen Fesselung durch die ÖVP" zu befreien und die Unabhängigkeit der Justiz ganz massiv zu stärken, meinte Justizsprecher Hannes Margreiter in einer ersten Reaktion. Er ist „gespannt, ob die Volkspartei das zulässt". Auch Margreiter sieht allerdings noch „Fragen offen", etwa bei der parlamentarischen Kontrolle – und versicherte die Bereitschaft, sich konstruktiv in deren Klärung einzubringen. (APA)