Weltpolitisches Speed-Dating bei der UNO-Generaldebatte in New York
Österreich ist bei der heute beginnenden UNO-Generaldebatte durch Van der Bellen, Nehammer und Schallenberg vertreten.
Von Floo Weißmann
New York – Der Ukraine-Konflikt steht voraussichtlich im Zentrum der diesjährigen UNO-Generaldebatte, die heute in New York beginnt. Bei prächtigem Spätsommerwetter pilgern nach Corona-bedingten Beschränkungen wieder Delegationen aus aller Welt zum UNO-Hauptquartier. Für die New Yorker bedeutet das wie immer, dass nichts mehr geht. In der Umgebung der UNO sind ganze Straßenzüge abgesperrt für Präsidenten, Könige, Regierungschefs und Minister, an jeder Ecke sichern Schwerbewaffnete die Zugänge.
📽️ Video | UNO-Generaldebatte mit Van der Bellen, Nehammer und Schallenberg
Jedes Land hat 15 bis 20 Minuten Zeit, sich an die Welt zu wenden. Den Höhepunkt am ersten Tag bildet normalerweise der Auftritt des US-Präsidenten. Wegen des Queen-Begräbnisses am Montag hat Joe Biden seine Rede heuer ausnahmsweise auf Mittwoch verschoben. Um die weiteren Redeslots, die sich über eine Woche ziehen, wird bis zuletzt gerungen, jeden Tag gibt es Verschiebungen im Ablauf.
Besondere Aufmerksamkeit dürfte diesmal u. a. der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj genießen. Entgegen Spekulationen im Vorfeld, wonach er persönlich anreisen könnte, dürfte er sich per Videoschaltung an die Welt wenden. Sein Gegenüber im Konflikt, Kremlchef Wladimir Putin, lässt sich dieses Jahr nicht bei den Vereinten Nationen blicken. Für Russland spricht stattdessen Außenminister Sergej Lawrow.
Fast noch wichtiger als die Auftritte im Saal sind aber die vielen Veranstaltungen und bilateralen Treffen am Rande der Generaldebatte. Alle nützen die Gelegenheit, binnen weniger Tage Gespräche zu führen und Anliegen zu deponieren, für die sie sonst zahlreiche Reisen unternehmen müssten. Es ist eine Art diplomatisches Speed-Dating, das in dieser Dichte nur einmal im Jahr stattfindet – eben Ende September in New York.
Österreich ist vertreten durch Bundespräsident Alexander Van der Bellen, Kanzler Karl Nehammer – seine Premiere beim Stelldichein der Weltpolitik – und Außenminister Alexander Schallenberg, der auch die österreichische Rede halten wird. Man teilt sich die Termine und Schwerpunkte auf, zumal jeder Gleichrangige trifft.
Aufmerksamkeit erregte im Vorfeld u. a. das geplante Treffen von Van der Bellen mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan. Die Beziehungen zur Türkei hatten unter Sebastian Kurz gelitten, der als Außenminister und später als Kanzler gegen Erdogan gewettert hatte. Zuletzt kam es aber wieder zu einer Entspannung. Nach einem Treffen von Nehammer mit Erdogan am Rande des NATO-Gipfels im Juni in Madrid hieß es, man wolle „den begonnenen Weg der Annäherung und den konstruktiven Dialog fortsetzen“.