„Denkzettel“ bis Freude: So reagierten die Tiroler Kandidaten aufs Wahlergebnis
Das Ergebnis der Tiroler Landtagswahl sorgte bei den einen für lange Gesichter, bei den anderen für ein zufriedenes Lächeln: So reagierten die Spitzenkandidatinnen und -kandidaten.
Innsbruck – Die Tiroler Landtagswahl hat – verglichen mit dem Wahlergebnis des letzten Urnengangs – für große Verwerfungen gesorgt. Die ÖVP stürzte auf ihr historisch schlechtestes Ergebnis ab und verlor fast zweistellige Prozentpunkte. Der Koalitionspartner, die Grünen, verloren überraschend ebenfalls, wenn auch weit weniger drastisch. Die SPÖ gewinnt nur minimal und verfehlt sowohl den zweiten Platz als auch den angepeilten 2er vor dem Wahlergebnis. Die NEOS gewinnen ebenfalls nur leicht.
Auf der anderen Seite jubelt die FPÖ über Platz zwei und deutliche Zuwächse, die Liste Fritz gar über nahezu eine Verdoppelung der Prozentpunkte. In einer ersten Reaktion waren die Spitzenkandidatinnen und -kandidaten bei "Tirol Live" zu Gast.
▶️ ÖVP:
ÖVP-Obmann und -Spitzenkandidat Anton Mattle erklärte in einer ersten Reaktion trotz einem Minus von fast zehn Prozentpunkten: "Die Aufholjagd hat geklappt." Er zeigte sich erleichtert, über die eigene Schmerzgrenze von 34 Prozent gekommen zu sein. Jeder dritte Tiroler habe immerhin die ÖVP gewählt.
📽️ Video | Toni Mattle im TT-Wahlstudio
Die Landespartei sei zu Wahlkampfbeginn bei 29 Prozent gestartet, meinte Mattle. Es sei gelungen, Wähler zurückzuholen, wenngleich: "Wir haben verloren, das ist uns bewusst". Er werde persönlich daran arbeiten, das Vertrauen der Menschen zurückzugewinnen, die sie nicht mehr gewählt hätten.
ÖVP-Klubobmann Jakob Wolf meinte indes, das Wahlergebnis sei sehr wohl ein "Denkzettel". Man könne nicht sagen, dass man eine Wahl "gewonnen" habe. Es sei eine Abrechnung, Regierende in ganz Europa hätten es derzeit nicht einfach. Man habe sicher auch Fehler im Corona-Management gemacht, außerdem werde die Regierung auch für die Teuerung und damit in gewisser Weise für den Krieg in der Ukraine verantwortlich gemacht.
▶️ FPÖ:
FPÖ-Spitzenkandidat Markus Abwerzger freute sich über das aus seiner Sicht "historisch beste Ergebnis". Man sei noch nie Zweiter in Tirol gewesen. Er sei "rundum zufrieden". Dass Mattle mit minus zehn Prozent "glücklich und zufrieden" sei, sei zu hinterfragen. Dornauer scharre auch schon in den Startlöchern. Mattle habe ihn "ausgegrenzt", kritisierte Abwerzger. Er persönlich sei der Meinung, dass eine Koalition aus ÖVP und SPÖ dem Land nicht gut tun würde. Er glaube, dass es bei minus zehn Prozent jedenfalls schon ein "Rumoren" innerhalb der ÖVP geben werde. Aber falls die FPÖ nicht in eine Regierung komme, sei man für die Opposition gestärkt und dann "werde man sich anschauen, wie lange das funktioniert".
📽️ Video | Markus Abwerzger im TT-Wahlstudio
Das historisch beste Ergebnis ist es für die FPÖ übrigens nicht. Das beste Tiroler Ergebnis – 19,6 Prozent im Jahr 1999 – stammt noch aus der Ära Haider.
▶️ SPÖ:
Der Tiroler SPÖ-Chef Georg Dornauer meinte nach der ersten Hochrechnung auf Wahlziele angesprochen (mehr als 20 Prozent, zweiter Platz), diese seien noch realistisch und möglich – was sich später nicht bewahrheiten sollte. Das Land Tirol brauche jedoch nun "stabile Verhältnisse", die Regierungsbildungsauftrag liege bei der ÖVP, meinte Dornauer auf eine schwarz-rote Koalition angesprochen. Wenn die ÖVP weiter die FPÖ ausschließe – wie angekündigt – und die SPÖ dritter werde, dann gebe das aber jedenfalls eine Richtung vor, deutete Dornauer an.
📽️ Video | Georg Dornauer im TT-Wahlstudio
Die SPÖ habe jedenfalls eine besondere Geschlossenheit, so Dornauer, und das sei auch auf seine Arbeit zurückzuführen. Die Endergebnisse in den Gemeinden, die ihn persönlich kennen, würden eindeutig zeigen: Hier liege die SPÖ vorne.
▶️ Liste Fritz:
Andrea Haselwanter-Schneider von der Liste Fritz bedankte sich euphorisch bei den Wählerinnen und Wählern. "Bürgerpolitik" würde sich also doch bezahlt machen, so Haselwanter-Schneider. Sie sei noch nicht dazu gekommen, sich an den Koalitionsrechner zu setzen, so die Spitzenkandidatin – jetzt gelte es erst einmal, zu feiern.
📽️ Video | Andrea Haselwanter-Schneider im TT-Wahlstudio
Man sei "Motor der Kontrolle" im Landtag und in der Sozialpolitik gewesen, so Haselwanter-Schneider. Hier hätten sich die Regierungsparteien kaum bewegt, gerade bei der Teuerung. Man habe zwar Themen angesprochen, man sei diese aber nicht wirklich angegangen und habe sie nicht gelöst, kritisierte Haselwanter-Schneider.
▶️ Grüne:
Grünen-Spitzenkandidat Gebi Mair meinte zum Minus von zwei Prozent, dieses sei "sehr enttäuschend" und eine "klare Niederlage". Das sei nicht das, wofür man gekämpft habe. Die Ausgangssituation mit Corona, Ukraine und regierungskritischer Stimmung sei schwer gewesen. Man habe dann auch wenig Zeit für den Wahlkampf und für Themensetzung gehabt.
📽️ Video | Gebi Mair im TT-Wahlstudio
"Wir Grüne gewinnen Wahlen gemeinsam und verlieren Wahlen gemeinsam", so Mair. Nun werde man demokratisch in den Gremien darüber sprechen, wie man weiter vorgehe. Man werde auch über seine Person sprechen, so der Spitzenkandidat. Man werde das jedoch gemeinsam besprechen, um das Vertrauen der Wählerinnen und Wähler wieder zu gewinnen.
▶️ NEOS:
NEOS-Chef Dominik Oberhofer meinte, die Zugewinne seien tatsächlich nicht so hoch wie erhofft. Vor viereinhalb Jahren habe man um den Einzug in den Landtag gezittert, das sei heuer nicht der Fall. Aber dennoch sei es enttäuschend, dass das Plus kleiner ausgefallen sei als prognostiziert. Oberhofer meinte, besonders Parteien hätten deutlich gewonnen, die alles mögliche versprochen hätten im Wahlkampf. Er habe das anders gehandhabt, so Oberhofer.
📽️ Video | Dominik Oberhofer im TT-Wahlstudio
Einen "starken Regierungsauftrag" sehe er jedenfalls beim NEOS-Ergebnis nicht. Er gehe von einer ÖVP-SPÖ-Regierung aus.
▶️ MFG:
Elfriede Hörtnagl-Zofall von der MFG – die den Einzug in den Landtag klar verpasste – meinte, eine "große Freude" sei das Ergebnis natürlich nicht. Dennoch freue man sich, dass Tirolerinnen und Tiroler der Partei das Vertrauen erteilt hätten. Die vorgezogene Wahl und die kurze Vorbereitungszeit hätten nicht geholfen. Man könne nicht mit "Millionen um sich werfen", so Hörtnagl-Zofall. (TT.com)
📽️ Video | Elfriede Hörtnagl-Zofall im TT-Wahlstudio
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