SP-Parteitag in Oberösterreich: 95,94 Prozent für Lindner bei Urabstimmung
Erstmals gab es eine Wahl des Vorsitzenden via Urabstimmung. 46 Prozent stimmten ab. Parteichefin Rendi-Wagner geißelte das Krisenmanagement der Regierung.
Linz– Michael Lindner ist via Urabstimmung der oberösterreichischen Parteimitglieder zum SPÖ-Landesvorsitzenden gewählt worden. 46 Prozent der rund 25.000 Genossen haben seit 3. September an der Wahl teilgenommen, das Ergebnis von 95,94 Prozent Zustimmung wurde am Samstag beim Landesparteitag verkündet. Lindner, der als einziger kandidierte und seit Februar bereits geschäftsführender Vorsitzender war, gab die ehrgeizige Losung aus, die SPÖ müsse stärkste Kraft im Bundesland werden.
Die rund 11.000 Beteiligten an dem Mitgliederentscheid stimmten außerdem zu 78,5 Prozent dafür, dass die Wahl des Vorsitzenden künftig immer per Urabstimmung erfolgen soll, 75 Prozent wollen dieses Vorgehen auch bei der Wahl des Spitzenkandidaten. 61 Prozent sprachen sich für eine Digitalsektion für Mitglieder ohne Anbindung an Bezirksparteien aus. Eine Koalitionsvereinbarung soll laut 74 Prozent vom Landesparteirat abgesegnet werden müssen.
Rendi-Wagner attackierte Bundesregierung
Bundesparteivorsitzende Pamela Rendi-Wagner hatte zuvor das Krisenmanagement der Bundesregierung kritisiert: "Krisen sind eine schonungslose Bewährungsprobe für die Politik", so Rendi-Wagner und konstatierte: "Die aktuelle Bundesregierung und die Landesregierung in Oberösterreich bestehen diese Bewährungsprobe nicht". Seit Monaten werde alles teurer - "und es ist kein Ende in Sicht", weil rasch wirksame Maßnahmen gegen die Teuerung fehlen würden. "Mit Einmalzahlungen und Gutscheinen wird man die Ursache nicht bekämpfen", forderte sie einmal mehr u.a. eine Mietpreisbremse, das Aussetzen der Mehrwertsteuer oder ein Spritpreisobergrenze. In Frankreich etwa sinke nach der Einführung eines Strompreisdeckel die Inflation.
Die oö. Parteitagsteilnehmer warteten am Samstag auf der Ergebnis des Mitglieder-Votums für den Vorsitzenden. Michael Lindner hatte im Februar die bisherige Landesparteivorsitzende Birgit Gerstorfer abgelöst, die offiziell über eine missglückte Impfkampagne gestolpert war und vorzeitig gehen musste. Aber auch das magere Landtagswahlergebnis (18,6 Prozent) 2021 und ein internes Papier, das die Rolle der Gewerkschaften hinterfragte, dürften eine Rolle gespielt haben. Lindner war zwar stets Gerstorfers Favorit für ihre Nachfolge, bekam aber auch die Zustimmung der anderen Parteigranden. Er hielt jedoch von Anfang an fest, dass er eine Urabstimmung der Mitglieder wolle.
Abstimmung über Urabstimmung
Neben der Frage des Vorsitzes wurde bei der Mitgliederbefragung auch darüber abgestimmt, ob die Wahl des Parteichefs und des Spitzenkandidaten auch künftig per Urabstimmung erfolgen soll, wer über Koalitionspakte befinden darf, ob eine "Digital-Sektion" für Mitglieder ohne Anbindung an einen Bezirk eingerichtet werden soll und welche Themen auf die Agenda müssen. An das Ergebnis will man sich in jedem Fall halten, wurde im Vorfeld betont.
Die Stellvertreter Lindners werden beim Parteitag von den 258 Delegierten gewählt. Als ein Zeichen neuer Geschlossenheit kann gewertet werden, dass auch der Linzer Bürgermeister Klaus Luger als Vize kandidiert und erstmals alle roten Mitglieder des Linzer Stadtsenats im Landesparteivorstand vertreten sein werden. Luger hatte sich nach innerparteilichen Querelen 2016 aus allen Gremien zurückgezogen. Weitere Parteivizes werden die designierte SPÖ-Landtagsklubvorsitzende Sabine Engleitner-Neu und Bundesfrauenvorsitzende Eva-Maria Holzleitner.
Kassierin Miriam Eder gab am Parteitag einen Rück- und Ausblick auf die Parteifinanzen: 2020 habe man Einnahmen von 5,6 Mio. Euro gehabt, um 29.000 Euro mehr als Ausgaben. Im Wahljahr 2021 seien bei einem Wahlkampfbudget von 3,6 Mio. Euro insgesamt 6,6 Mio. Euro eingenommen und 8,3 Mio. Euro ausgegeben worden. Die fehlenden 1,7 Mio. Euro seien aus Rücklagen gedeckt worden. Heuer erwarte man ein ausgeglichenes Jahr, ab 2023 gelte es wieder Rücklagen für das nächste Wahljahr 2027 aufzubauen. (APA)