Nobelpreis

Österreichischer Quantenphysiker Anton Zeilinger erhält Physik-Nobelpreis

Quantenphysiker Anton Zeilinger an der Fakultät für Physik der Universität Wien (Archivfoto aus dem Jahr 2015).
© APA/HANS KLAUS TECHT

Der Nobelpreis für Physik geht in diesem Jahr an den Österreicher Anton Zeilinger, den Franzosen Alain Aspect und den US-Amerikaner John F. Clauser für Forschung auf dem Gebiet der Quantenphysik.

Stockholm – Der diesjährige Nobelpreis für Physik geht unter anderem an den österreichischen Quantenphysiker Anton Zeilinger (77). Das gab die Königlich-Schwedische Akademie der Wissenschaften am Dienstag in Stockholm bekannt.

Zeilinger, der unter anderem durch seine medienwirksamen Experimente zur Quantenteleportation in Innsbruck und Wien bekannt wurde, wird gemeinsam mit dem französischen Physiker Alain Aspect und dem US-Physiker John F. Clauser für Pionierarbeiten in der Quanteninformation geehrt – unter anderem für Experimente mit verschränkten Photonen.

📽️​ Video | Physik-Nobelpreis geht an Quantenphysiker Anton Zeilinger

Die drei Physiker hätten den von Albert Einstein als „spukhafte Fernwirkung“ abgetanen quantenphysikalischen Zustand, bei dem zwei verschränkte Teilchen wie von Zauberhand miteinander verbunden bleiben und ihre physikalischen Eigenschaften teilen, „aus der Theorie in die Praxis gebracht“, heißt es seitens des Komitees.

Zeilinger „sehr überrascht“

Er sei „sehr überrascht“ gewesen, sagte Zeilinger in einer ersten Reaktion im Rahmen der Pressekonferenz in Stockholm. Er habe gerade bei ihm zu Hause an einer Publikation gearbeitet, als am Dienstag um 11 Uhr der Anruf des Nobelpreiskomitees kam, erklärte der Quantenphysiker und frischgebackene Nobelpreisträger. Seine Sekretärin habe ihn verbunden und gemeint, dass jemand dran sei, der nicht sagen wolle, wer er ist, aber sie erkenne, dass die Nummer aus Schweden sei. Die Zuerkennung sei eine "großartige Anerkennung", sagte er.

Zeilinger im September 2017 bei einem Live-Experiment namens „Erstes interkontinentales Quanten-Videotelefonat“ in Wien.
© APA/HANS PUNZ

Er habe noch nicht einmal Zeit gehabt, mit seiner Frau anzustoßen, nachdem er live zur Bekanntgabe der Preisträger in Stockholm zugeschaltet war und seither auch andauernd das Telefon läute. Am Nachmittag wird Zeilinger gemeinsam mit seinen Kollegen an der Fakultät der Universität Wien und dem Institut für Quanteninformation und Quantenoptik (IQOQI) auf die Zuerkennung des Nobelpreises anstoßen und sich der Presse stellen. An der Uni Wien ist er emeritierter Professor, am IQOQI hat er weiterhin eine Forschungsgruppe.

Dass er gemeinsam mit seinen Kollegen John Clauser und Alain Aspect den Nobelpreis erhält, ist für Zeilinger völlig logisch. Er verweist auf die Verleihung des Wolf-Preises, den die drei Physiker 2010 für ihre Arbeiten zur quantenphysikalischen Verschränkung erhalten haben, die heute "fundamentale Grundsteine für viele moderne Quanteninformationstechnologien sind, die weltweit intensiv erforscht werden", wie es damals hieß.

Der Begriff der „Teleportation“, mit dem Zeilinger oft verbunden wird, sei jedenfalls weit ab von dem bekannten Science Fiction-Trick aus „Raumschiff Enterprise“, so der Wissenschafter am Dienstag im Rahmen der Pressekonferenz in Schweden.

Der am 20. Mai 1945 in Ried im Innkreis (OÖ) geborene Physiker gilt als Pionier der Übertragung von Quanteninformation zwischen Photonen. In diesem Bereich hat er in den vergangenen Jahrzehnten zahlreiche Durchbrüche erzielt und Übertragungsrekorde aufgestellt. Diese Art der Informationsweitergabe sei zum Beispiel „fundamental wichtig zum Informationstransport in Quantencomputern“, sagte Zeilinger. Er sei immer von Quantenmechanik fasziniert gewesen – „vom ersten Moment, an dem ich davon gehört habe“.

Seine Zeit in Innsbruck bezeichnete der auch wissenschafts- und bildungspolitisch engagierte Forscher im TT-Interview im Jahr 2013 einmal als Gründerzeit. Hier habe er die Freiheit gehabt, seine Ideen zu verwirklichen und etwas vollkommen Neues aufzubauen.

Dass er wohl auf ewig mit dem Beamen in Verbindung gebracht wird, störte ihn irgendwann nicht mehr. Immerhin habe ihm das, erzählt er gern augenzwinkernd, damals in den US-Nachrichten die zweite Meldung nach der Monica-Lewinsky-Affäre eingebracht.

Mehr zum Thema:

undefined

Physik-Nobelpreisträger

Aus dem Archiv: Physiker Anton Zeilinger im TT-Interview über seine Zeit in Tirol

Zeilinger würdigte am Dienstag auch seinen Doktorvater Helmut Rauch als „Pionier in Quantenphysik“, der ihm ermöglicht habe, seine Forschungen in Wien voranzutreiben. Damals sei vieles in dem Feld noch „komplett philosophisch“ gewesen. Zeilinger und seine Mit-Laureaten haben das verändert. Mittlerweile gebe es in dem Feld technologische Anwendungen, aber viele Grundfragen in der Quantenphysik seien weiter unbeantwortet.

Er sehe den Preis auch als „Ermutigung für junge Menschen“, sagte Zeilinger, und riet ihnen: „Denkt nicht zu viel an künftige Anwendungen.“ Ohne die vielen Mitarbeiter hätte man den Weg in Richtung Anwendung nicht beschreiten können. Was man in den nächsten 20 Jahren sowohl im Feld der Grundlagen der Quantenphysik und als auch bezüglich Anwendungen sehen wird, sei „absolut offen“, sagte Zeilinger, der am 10. Dezember, dem Todestag des Stifters Alfred Nobel, zusammen mit Aspect und Clauser in Stockholm den Preis entgegennehmen wird. Die Auszeichnung ist heuer so wie im Vorjahr mit zehn Millionen Schwedischen Kronen (knapp 920.000 Euro) dotiert.

Bislang 218 Preisträger:innen

Seit der ersten Vergabe im Jahr 1901 haben bislang vier Forscherinnen und 214 Forscher den Physik-Nobelpreis erhalten – einer davon, der US-Amerikaner John Bardeen, sogar zweimal.

Im vergangenen Jahr hatten die eine Hälfte des Physik-Nobelpreises der Hamburger Meteorologe Klaus Hasselmann und der in Japan geborenen US-Amerikaner Syukuro Manabe erhalten. Beide haben eine solide physikalische Grundlage für unser Wissen über den Klimawandel geschaffen. Die andere Hälfte ging an den Italiener Giorgio Parisi für seine Arbeit zum Verstehen komplexer Systeme.

Medizin am Montag, Physik am Dienstag, Chemie am Mittwoch

Am Montag war der Nobelpreis für Medizin und Physiologie dem in Leipzig arbeitenden schwedischen Forscher Svante Pääbo zugesprochen worden - für seine Erkenntnisse zur menschlichen Evolution. Er sequenzierte unter anderem als erster Wissenschaftler das Neandertaler-Genom.

Am Mittwoch werden die Träger des Chemie-Nobelpreises verkündet. Am Donnerstag und Freitag folgen die Bekanntgaben für den Literatur- und den Friedens-Nobelpreis. Der Reigen endet am kommenden Montag mit dem von der schwedischen Reichsbank gestifteten Wirtschafts-Nobelpreis. (TT.com, APA, dpa)

Mehr zum Thema:

undefined

Schweden

Medizin-Nobelpreis für den "Godfather der Alten-DNA-Forschung"

undefined

Plus

Tiroler bauen Supercomputer: „QU findet Lösung aus vielen Daten“

undefined

1939 - 2019

Österreichischer Kernphysiker Helmut Rauch ist tot

undefined

Quantenmechanik

Österreichischen Physikern gelang erste 3D-Quantenteleportation