Krieg in Ukraine

G7-Staaten warnen Russland scharf vor Einsatz von Atomwaffen in Ukraine

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron bei der Videokonferenz der G7-Staaten.
© CHRISTOPHE ARCHAMBAULT

Die G7-Staaten drohen Russland mit gravierenden Konsequenzen, sollte der Aggressor in der Ukraine Atombomben abwerfen. Der russische Außenminister Sergej Lawrow deutete in Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine indes an, Gespräche mit den USA führen zu wollen. Der Kreml will aber gleichzeitig nicht von den eigenen Zielen abrücken.

Moskau, Kiew, Washington – Die wichtigsten westlichen Industriestaaten haben Russland mit gravierenden Konsequenzen gedroht, falls die Regierung in Moskau Atomwaffen in der Ukraine einsetzen sollte. "Wir verurteilen diese Angriffe auf das Schärfste und erinnern daran, dass wahllose Angriffe auf unschuldige Zivilisten ein Kriegsverbrechen darstellen", heißt es in einer am Dienstag bei einem Onlinemeeting der G7-Staats- und Regierungschefs beschlossenen Erklärung.

"Wir werden Präsident (Wladimir) Putin und die Verantwortlichen zur Rechenschaft ziehen", kündigen die G7-Regierungen an. "Wir bekräftigen, dass jeder Einsatz chemischer, biologischer oder nuklearer Waffen durch Russland schwerwiegende Konsequenzen nach sich ziehen würde", warnen die G7-Chefs weiter.

Kreml will mit USA verhandeln, aber Ziele unverändert verfolgen

Russland ist nach Angaben von Außenminister Sergej Lawrow in seinem Krieg gegen die Ukraine zu Verhandlungen mit den USA bereit – ohne aber von seinen Zielen abzurücken. "Wir haben kein ernsthaftes Angebot bekommen, mit ihnen in Kontakt zu treten", sagte Lawrow am Dienstag im russischen Staatsfernsehen über ein angebliches Gesprächsangebot der US-Regierung.

Moskau sieht Washington als Kriegspartei und Schlüssel zur Lösung des Konflikts. Wenn Washington etwa ein Treffen zwischen Kreml-Chef Wladimir Putin und US-Präsident Joe Biden beim G-20-Gipfel anbiete, werde Moskau dies prüfen, sagte Lawrow.

Russland sieht insbesondere die USA als Kriegspartei in der Ukraine, weil das Land nicht nur Waffen zur Verfügung stellt, sondern auch Geheimdienst- und Satellitendaten. Zudem werden ukrainische Soldaten im Westen unter anderem an NATO-Waffen ausgebildet.

Laut dem russischen Außenminister Sergej Lawrow möchte Moskau mit den USA verhandeln – ohne von den eigenen Zielen abzurücken.
© Russian Foreign Ministry via www.imago-images.de

Russland sieht USA als Kriegspartei an

Gleichzeitig beschuldigte Russlands Chefdiplomat die USA einmal mehr, sich direkt am Krieg in der Ukraine zu beteiligen. Washington liefere nicht nur Waffen an Kiew, sondern versorge die ukrainische Führung auch mit Aufklärungsdaten von Satelliten. "Was die Grenzen der Aufgaben betrifft, die wir uns im Rahmen der militärischen Spezialoperation gestellt haben, so hat sie der Präsident formuliert, und sie ändern sich nicht. Sie werden auch erreicht", sagte Lawrow.

Putin hatte die russische Invasion in der Ukraine mit einer angeblichen Bedrohung Russlands durch das Nachbarland begründet. Als Ziele gab er die "Entmilitarisierung" und "Entnazifizierung" der Ukraine an. Außerdem soll die Ukraine einen neutralen Status behalten und die Gebiete Donezk, Luhansk sowie die Krim aufgeben. Inzwischen hat Russland noch erklärt, die ukrainischen Gebiete Cherson und Saporischschja annektieren zu wollen, ohne diese Gebiete jedoch zu kontrollieren. Die Ukraine verlangt dagegen, dass Russland sich vor Beginn der Verhandlungen aus den mit Gewalt eroberten Gebieten zurückzieht.

​📽️​ Video | Korrespondenten über Luftangriffe auf Ukraine

Kreml will Krieg durchziehen

Russland stellt sich nach Kremlangaben wegen der geplanten Waffenlieferungen der USA an die Ukraine auf einen längeren Krieg gegen das Nachbarland ein. Die von den USA angekündigte Lieferung von Flugabwehrsystemen werde den "Konflikt länger und schmerzvoller für die ukrainische Seite" machen, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow der Agentur Interfax zufolge.

"Die Konfrontation wird fortgesetzt werden", sagte Peskow mit Blick auf ein noch am Dienstag geplantes Gespräch der Gruppe der sieben führenden Industrienationen (G-7) mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj. Russland werde seine gesetzten Ziele in der Ukraine erreichen, fügte er hinzu.

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Es wird erwartet, dass Selenskyj in dem Onlinemeeting die USA, Japan, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Kanada und Italien um Luftabwehrsysteme bitten wird. Er bezeichnete nach den russischen Angriffen am Montag die Luftverteidigung als oberste Priorität. US-Präsident Joe Biden sagte ihm in einem Telefonat bereits die Lieferung von fortgeschrittenen Luftabwehr-Systemen zu. Russland hatte am Montag nach ukrainischen Angaben zahlreiche ukrainische Städte bombardiert, darunter die Hauptstadt Kiew. Die Angriffe richteten sich laut Selenskyj vor allem gegen die Energie-Infrastruktur der Ukraine.

Weitere Themen des G-7-Treffens sind Energiefragen und die Preisentwicklung an den Energiemärkten. Deutschland hat in diesem Jahr den Vorsitz unter den G-7-Staaten inne. Die Regierung in Berlin und anderen NATO-Mitglieder betonen, keine Kriegspartei zu sein. Die Hilfe für die Ukraine gilt als Unterstützung des Selbstverteidigungsrechts des in die EU und in die NATO strebenden Landes. Der russische Präsident Wladimir Putin hatte den Angriffskrieg gegen die Ukraine am 24. Februar begonnen. Anfangs galt der Aggressor als militärisch überlegen. Nach den Waffenlieferungen konnte die Ukraine zuletzt die russischen Truppen massiv zurückdrängen und besetzte Gebiete befreien.

NATO kündigt weitere Hilfen an

NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg kündigte indes nach den russischen Luftangriffen auf die Ukraine zusätzliche Militärhilfe für die Streitkräfte der Regierung in Kiew an. "Wir werden unsere Unterstützung für die Ukraine verstärken und aufrechterhalten, damit sie sich weiterhin verteidigen und ihr Territorium von der russischen Besatzung befreien kann", sagte der Norweger am Dienstag vor einem Treffen der Verteidigungsminister der 30 NATO-Staaten in dieser Woche in Brüssel.

Das Momentum liege bei der Ukraine, so Stoltenberg. Diese mache weiterhin bedeutende Fortschritte. Die Verbündeten seien sich in ihrer Unterstützung für die Souveränität und Selbstverteidigung der Ukraine einig, betonte Stoltenberg. Man werde mit dem ukrainischen Verteidigungsminister Olexij Resnikow besprechen, was sein Land am dringendsten benötige. Er freue sich über die jüngsten Ankündigungen der Bündnispartner, modernere Luftabwehrsysteme und andere Fähigkeiten bereitzustellen, sagte Stoltenberg. "Und ich freue mich auf weitere Lieferungen."

Russland greife zunehmend "zu schrecklichen und wahllosen Angriffen auf Zivilisten und kritische Infrastrukturen", so der NATO-Generalsekretär. Putins versuchte Annexionen von ukrainischem Gebiet, die Teilmobilisierung und die rücksichtlose Nuklearrhetorik seien die stärkste Eskalation seit Beginn des Kriegs und zeigten, dass sein Krieg nicht wie geplant verlaufe. "Präsident Putin scheitert in der Ukraine", sagte Stoltenberg. (APA/dpa)

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