Film

„Triangle of Sadness“: Eine Reise in seichte Gewässer

Ruhe vor dem Sturm: Yaya (die Ende August unerwartet verstorbene Charlbi Dean) und Carl (Harris Dickinson) sonnen sich im Reichtum.
© Alamode Film

Mit „Triangle of Sadness“ holte Ruben Östlund seine zweite Palme und erleidet satirischen Schiffbruch.

Von Marian Wilhelm

Innsbruck – Ruben Östlund hat in der Pandemie eine Fake-Kreuzfahrt unternommen. Gedreht hat er „Triangle of Sadness“ nämlich zu einem Gutteil in seinem Heimatland Schweden (und ein wenig auf der Onassis-Jacht in Griechenland). Auch die Palme, die er in Cannes für seine Farce erhalten hat, ist nicht echt, sondern golden. Nach der bissigen Kunstmarktsatire „The Square“ (2017) hat er nun also zwei glänzende Palmen im Regal stehen. Verdient ist die zweite allerdings nicht.

Auch im 149-minütigen „Triangle of Sadness“ richtet sich der filmische Spott wieder gegen die Reichen und Schönen. Bevor es auf die Kreuzfahrt-Reise geht, stellt uns der Film im ausführlichen Prolog zwei der Passagiere vor: Carl und Yaya, er Männer-Model, sie Influencerin, sind auf den Luxus-Trip eingeladen.

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In dieser Welt der Oberflächlichkeiten findet sich auch das titelgebende Dreieck wieder, das kein gefährliches Südsee-Gebiet, sondern eine Region von Falten zwischen den Augen bezeichnet. Mit Botox ließe sich die Traurigkeit in Carls Gesicht ganz leicht beseitigen. Doch ein Instagram-Filter tut es auch.

Im französischen Original lautet der Filmtitel „Sans Filtre“ (ohne Filter). Und wie schon in seinen bisherigen Filmen versucht Östlund seine Figuren zu demaskieren. Dafür bringt er sie in Ausnahme-Situationen, etwa wenn in seinem Durchbruch „Force Majeure“ eine Familie von einer Lawine überrascht wird. Oder bei einer grenzüberschreitenden Affen-Performance in „The Square“.

Von solchen unangenehmen Situationen lebt auch „Triangle of Sadness“. Für die Zuschauenden sind diese Szenen umso unterhaltsamer, je seltsamer und beißender sie für die Figuren werden.

Am Kreuzfahrtschiff zieht da etwa ausgerechnet beim Dinner mit dem Kapitän (Woody Harrelson als traumhafter Traumschiff-Marxist, der Noam Chomsky zitiert) ein Sturm auf. Die Seekrankheit lässt den superreichen Passagieren reihenweise ihr Hauben-Essen und ihren Champagner wieder hochkommen.

Besonders Sunnyi Melles als Oligarchen-Ehefrau übertrifft sich hier beim Übergeben, während Iris Berben als reiche Schlaganfall-Patientin im Lauf des Films ihre gelähmte Körperseite verwechselt.

Als ein Teil der Truppe dann auf einer einsamen Insel Schiffbruch erleidet, kehrt sich die soziale Hierarchie plötzlich um und die „Toiletten-Managerin“ Abigail (Dolly de Leon) ist die Einzige, die Feuer machen und Fische fangen kann. Carl (Harris Dickinson) wird zu ihrem Toyboy und auch der russische Agrar-Oligarch (großartig: Zlatko Burić) arrangiert sich schnell mit der neuen Machtstruktur.

Richtig verwerten kann Östlund das kritische Potenzial dieser Verkehrung nicht; die behauptete Subversion bleibt plakativ. Ohne saubere Plot-Struktur und Figuren-Entwicklung hängen die Szenen-Schmähs allzu oft in der Luft. „Triangle of Sadness“ bleibt ein schiffbrüchiger, aber durchaus humorvoll-seichter Ausflug unter Palmen.

Info

Triangle of Sadness. Ab dieser Woche im Kino.