Männer, die Brot schnüffeln: Vittorio Brodmann in Schwaz
Der junge Schweizer Maler Vittorio Brodmann erzählt im Kunstraum Schwaz von „Tag und Nacht im Leben einer Bäckerei“.
Von Edith Schlocker
Schwaz – Es ist nicht lange her, dass nicht nur Toilettenpapier, sondern auch Hefe gehamstert wurde. Hat zu Corona-Zeiten doch praktisch jeder/jede sozusagen als Therapie gegen gesellschaftliche Vereinsamung zu backen begonnen. Auch der in Berlin lebende Schweizer Vittorio Brodmann, was den Titel seiner Schwazer Personale „Tag und Nacht im Leben einer Bäckerei“ erklärt. Wenn auch nur einigermaßen.
Der 35-Jährige erzählt in seinen in Öl auf mittelgroße Leinwände gemalten Bildern zwar Geschichten, die allerdings nicht wirklich viel mit dem realen Bäckerleben zu tun haben. Auch wenn in den Bildern sehr viel Brotiges unterschiedlicher Art gebrochen und sein Duft fast andächtig inhaliert wird. Es sind immer Männer, die das tun, gefunden von Brodmann beim Surfen im Netz auf der Seite eines Brot-Sommeliers. Sie sind für den Künstler allerdings nur Mittel zum Zweck, ortet er im Ritual des Brotbackens doch zahlreiche Parallelen zum Prozess des Malens.
Doch während das Backen nur dann gelingt, wenn ganz klare Regeln eingehalten werden, nimmt sich der malende Brodmann alle Freiheiten. Um auszubrechen aus klaren Rastern, was bisweilen skurrile Situationen provoziert. Wenn etwa eine Stirn wie in Stein gemeißelt daherkommt oder etwas Pelzartiges mit Adlerkopf um den Kopf eines der Riecher geschlungen ist.
Dass der Künstler hier Metaphorisches bemüht, dessen Deutung mehr oder weniger eindeutig ist, liegt auf der Hand. Mag Brodmann doch ganz offensichtlich das Spiel mit Ambivalenzen, die Durchmischung von Zitatbrocken, das amorph Brüchige. Festgemacht an Landschaftlichem genauso wie Figuralem oder abstrakten Strukturen. Wobei die Frage, ob sich diese gerade im Zustand der Auflösung oder der Formwerdung befinden, bewusst offen bleibt.
Doch um beim Thema zu bleiben, fliegen Brezen, Croissants oder Toastscheiben durch die gern hochformatigen, selten queren oder quadratischen Bildräume. In denen die Farbe eine wichtige Rolle spielt. Die keiner offensichtlichen Logik, sondern allein malerischen Vorgaben folgt. Fast grafisch linear genauso wie mit breitem, expressivem Duktus oder lasierend fein aufgetragen sein kann, was nicht zuletzt mit der emotionalen Verfasstheit des Künstlers beim Akt des Malens zu tun haben dürfte.
Brodmann hat nach Schwaz aber auch ein Video mitgebracht. In dessen Zentrum eine banale weiße Ameisenfalle steht, die durch die Art, wie sie inszeniert ist, an eine ikonische museale Architektur erinnert. Wie tödlich ihr Betreten ist, wissen die aufgeregten Tierchen offensichtlich nicht. Sehr wohl erahnen wir, was der Künstler uns damit sagen will.
Kunstraum Schwaz
Franz-Josef-Straße 27; bis 10. Dezember, Mi–Fr 13–18 Uhr, Sa 10–15 Uhr.