„Kingdom of the Ill“ im Museion

Multimediale Installation in Bozen: Luftreinigerballett fürs kranke Klima

Mary Maggic lädt im Museion in den ganz speziellen Untersuchungsraum „Genital(*)Panic“.
© Luca Gudagnini

„Kingdom of the Ill“ streicht binäre Zugänge: Eine Schau über Krank- und Gesund-Sein im pandemischen Heute.

Bozen – Seit 2011 läuft die CHRIS-Studie im Südtiroler Vinschgau. Beteiligt sind über 13.000 Menschen, die dafür gesundheitliche Daten der Forschung bereitstellen. „Für die Gesundheit aller“ soll CHRIS offenlegen, woran die Vinschger kranken – und zeigen, was Krankheiten begünstigt. Das geht aber nur gemeinsam. Ein Gedanke, den Ingrid Hora fürs Museion nun in Kunst übersetzte. Für „Collective Effort“ bat sie ForscherInnen, Pflege- und ärztliches Personal, die an und mit CHRIS arbeiten, ihren individuellen Handabdruck anonym in einem Stück Ton zu hinterlassen.

Daraus formte Hora eine multimediale Installation, die optimal in die neue Ausstellung des Bozner Museums für zeitgenössische und moderne Kunst passt. „Kingdom of the Ill“, kuratiert von Sara Cluggish und Pavel S. Py´s, beschäftigt sich mit Gesund- und Krankheit – aber auch mit allem dazwischen. Im Überwinden einer These von Denkerin Susan Sontag verabschieden sich die KuratorInnen von der simplen Unterscheidung in „krank“ oder „gesund“. In Arbeiten von 23 KünstlerInnen fragen sie, was in Zeiten von Endlos-Pandemie, Burnout und chronisch unterfinanziertem Gesundheitssystem überhaupt „gesund“ sein kann.

Das Klima ist es nicht – zeigt P. Staff in der Arbeit „Acid Rain for Museion“, einem verzweigten System von Metallrohren, aus denen saurer Regen in Stahlfässer tropft. Darüber, ob die Atmosphäre im Haus einwandfrei ist, gilt es zu zweifeln. Am besten vor einem Ensemble an steril-weißen Luftreinigern, das Carolyn Lazard ihr stummes Ballett tanzen lässt.

Einen lautstarken Protest führt dagegen Fotografin Nan Goldin mit P.A.I.N. an. Ihr Gegner: die von der US-Pharmaindustrie geförderte Opioid-Krise. Goldin war selbst von Betäubungsmitteln abhängig, wovon ihre berührenden Schnappschüsse erzählen. Film geworden ist Goldins Aktivismus im preisgekrönten „All the Beauty and the Bloodshed“, der 2023 in die Kinos kommt.

Bis März 2023 ist auch „Kingdom of the Ill“ noch zu sehen. Eine sehr zeitgenössische, vielseitige Schau, in der internationale Debatte auf heimische Fragen trifft – und sich nichts mehr gegenseitig ausschließt. (bunt)