Gewinnabschöpfung: Opposition, AK und ÖGB kritisieren Regierungspläne
Für die Arbeitnehmervertreter ist die Besteuerung für Energiefirmen "zu niedrig". Der Maßnahmen-Zeitraum sei auch "zu kurz". Während die SPÖ ein "Übergewinngeschenk" sieht, gewinnt laut FPÖ "ein Krisengewinnler vom anderen". Umweltschützer fordern eine "vollständige Abschöpfung".
Wien – Die Regierung hat heute, Freitag, Eingriffe in die Gewinne bzw. Erlöse von Energieunternehmen vorgeschlagen. Laut Interessenvertretungen, Umweltschutzverbänden und Parteien gehen die Maßnahmen allerdings nicht weit genug. Für den Gewerkschaftsbund (ÖGB) und die Arbeiterkammer (AK) ist die Höhe der Besteuerung zu niedrig und der Geltungszeitraum zu kurz. Greenpeace und Fridays For Future (FFF) schlagen in eine ähnliche Kerbe.
Vorschlag im Nationalrat
Regierung will Gewinne für Öl und Gas abschöpfen, Erlösgrenze für Strom
"Die Regierung bleibt bei der Umsetzung der Übergewinnsteuer deutlich unter ihren Möglichkeiten", sagten ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian und AK-Präsidentin Renate Anderl laut einer Aussendung am Freitag. Katzian und Anderl nannten die Maßnahme eine "Übergewinnsteuer light". Notwendig sei eine Ausweitung der Besteuerung auf den gesamten Energiesektor, eine Erfassung der gesamten Übergewinne 2022, 2023 und 2024 und ein höheres effektives Besteuerungsniveau.
Der SPÖ-Vizeklubchef Jörg Leichtfried kritisierte den Vorschlag als "reines Übergewinngeschenk" für Energieunternehmen. "Bei geschätzten Übergewinnen der OMV im Jahr 2022 von sechs Milliarden Euro bleiben der OMV fünf Milliarden über und der Verbund kann überhaupt fast den gesamten Übergewinn für das Jahr 2022 behalten, weil die Steuer erst ab 1.12. greift" rechnete Leichtfried auf einer Pressekonferenz vor. Der Vorschlag der Regierung erfülle "nur mit Ach und Krach" die Vorgaben der EU.
Leichtfried forderte stattdessen die Abschöpfung "sämtlicher" Übergewinne, was laut ihm Einnahmen im Umfang von rund 8 bis 10 Mrd. Euro generieren soll. Die Regierung erwartet von ihrem Modell Einnahmen von rund 2 bis 4 Mrd. Euro. Der Vizeklubchef der größten Oppositionspartei bekräftigte außerdem erneut die Forderung der SPÖ nach einer Aussetzung der Gasrechnung für Dezember "für alle" und einen "echten" Gaspreisdeckel für das nächste Jahr.
Laut der FPÖ profitiert mit der Maßnahme "ein Krisengewinnler vom anderen". "Die Kunden haben den Konzernen diese Übergewinne ermöglicht. Jetzt kommt der Finanzminister und holt sich dieses Geld", sagte Parteichef Herbert Kickl laut Aussendung. Wirksame Abhilfe könne nur die Halbierung oder gänzliche Streichung der Mehrwertsteuer liefern, so Kickl.
📽️ Video | Reaktionen auf Übergewinnsteuer
Aus Sicht der Umweltschutzorganisation Greenpeace sind die rückwirkende Einführung, die Nicht-Anrechenbarkeit der Körperschaftsteuer und die leichte Übererfüllung des EU-Rahmens zu begrüßen. Auch sie bemängelt allerdings die Höhe und die Dauer der Maßnahmen und nennt sie "weitgehend mutlos". "Notwendig und gerecht wäre eine vollständige Abschöpfung der exzessiven Übergewinne von Öl- und Gaskonzernen und eine langfristige Etablierung dieses Abschöpfungsmechanismus", so die Umweltschutzorganisation. Der WWF forderte unterdessen eine Zweckwidmung von "zumindest zehn Prozent der Übergewinne der Energieversorger für den Natur- und Biodiversitätsschutz".
Die Protestbewegung Fridays For Future (FFF) sprach sich ebenfalls für die Abschöpfung von 100 Prozent der "Zufallsgewinne" aus. Weiters kritisieren die Klimaaktivistinnen und -aktivisten den Startzeitpunkt für die Gewinnabschöpfung bei fossilen Energieunternehmen mit Juli 2022 als zu spät. FFF kündigte einen österreichweiten Streik für den 26. November an.
Verbund zeigt Verständnis
Der betroffene Energieversorger Verbund signalisierte in einer Aussendung "Verständnis, dass ein Beitrag zur Entlastung der Haushalte und auch der Industrie geleistet werden muss". Das Unternehmen bereite die Umsetzung der Maßnahmen vor. Die konkreten Auswirkungen könne man derzeit noch nicht nennen.
Laut dem Vorschlag der Regierung soll bei Öl- und Gasfirmen ein Teil des Gewinns abgeschöpft werden, bei Stromerzeugern werden die Erlöse gedeckelt. Konkret soll bei Öl- und Gasfirmen der Durchschnittsgewinn der vier Jahre 2018 bis 2021 als Basis genommen werden. Liegt der aktuelle Gewinn um mehr als 20 Prozent über diesem Durchschnitt, so sollen bis zu 40 Prozent davon abgeschöpft werden. Falls aber Firmen nachweisen können, dass sie in erneuerbare Energie investieren, sinkt die Abschöpfung von 40 auf 33 Prozent.
Bei stromerzeugenden bzw. handelnden Firmen wiederum soll der Erlös mit 180 Euro pro MWh gedeckelt werden. Dieser maximale Erlös sinkt auf 140 Euro/MWh, wenn keine Investitionen in erneuerbare Energien nachgewiesen werden können. Abgeschöpft werden dann 90 Prozent des Erlöses, der 180 bzw. 140 Euro übersteigt. (APA)