Bis 4. Dezember im Westbahntheater

Alberto Fortuzzis „Maddalena“: Spiel im Spiel im Stück im Stück

Ein Schauspielfest: Markus Oberrauch, Wiltrud Stieger und Konrad Hochgruber (r.) in „Maddalena“.
© Tauber

„Maddalena“ trotzt im Innsbrucker Westbahntheater historischen und gegenwärtigen Theaterkrisen.

Innsbruck – Das Theater ist immer in der Krise: inhaltliche Krisen, Krisen der Form, strukturelle Krisen oder – aktuell, aber auch nicht neu – es bleibt das Publikum weg. Doch das Theater beweist auch immer wieder seine, wie man inzwischen sagt, Resilienz. Gerade wenn es die eigenen Krisen offensiv und auf offener Bühne behandelt, entwickelt das Theater eine Kraft, die es – allen Abgesängen trotzend – weiterleben lässt. Alberto Fortuzzis Stück „Maddalena“, das derzeit in der Inszenierung des Verfassers als Uraufführung im Innsbrucker Westbahntheater zu sehen ist, handelt von einer solchen Theaterkrise.

Mitte des 18. Jahrhunderts hatte sich in Italien die Zugkraft der Commedia dell’Arte überholt: Die immergleichen Schwänke, die immergleichen Figuren, die immergleichen Volten, das alles hatte sich erschöpft. In einem besonders heruntergewirtschafteten Theater Venedigs wird ein solcher Abend der billigen Possen zum Desaster. Aber wenigstens danach lässt der Impressario Medebach (Konrad Hochgruber) angesichts leerer Kassen mit sich reden. Der Dichter und angehende Theaterreformer Goldoni (Markus Oberrauch) soll ihm sein „neues Theater“ – „echter, lebensnäher, emotionaler“, was Theatererneuerer halt so sagen – vorführen. Also wird Goldonis Stück „Mirandolina“ ersterprobt. Goldoni hat es der Schauspielerin Maddalena Raffi (Wiltrud Stieger) auf den Leib geschrieben – auf einen Leib also, nach dem sich Dichter und Theaterleiter in freizügiger Feindschaft leidenschaftlichst verzehren.

Das alles ist historisch mehr oder weniger verbürgt. Und das nicht Verbürgte ist gut erfunden. Vor allem aber ist „Maddalena“ ganz herausragend gespielt: Ob das artifizielle Kunstturnen in den „Commedia“-Possen oder das vermeintlich echte Spiel im Spiel zwischen den Stücken im Stück, „Maddalena“ ist ein Feuerwerk kleiner, großer und größter Gesten.

Inszeniert und ausgestattet (Bühne und Kostüme: Johannes Schlack) ist das Stück einfach: eine hingezimmerte Bühne, eine Lichtstimmung, keine Schnörkel, kein Trockeneis, keine klimpernden Klanglandschaften. Besonders beflissene Modernisten mögen das altbacken finden. Oder sich eingestehen, dass zu viel Zinnober oft genug nur davon ablenken muss, dass nichts Nennenswertes auf dem Spiel steht. In „Maddalena“ steht vielleicht auch nicht allzu viel auf dem Spiel, aber mit dem, das nicht auf dem Spiel steht, wird gespielt, als ginge es um alles: Schein und Sein, Wahnsinn und Methode, Wahnsinn mit Methode – Theater eben: krisengeprügelt, aber nicht umzubringen. (jole)

Infos

Maddalena. Bis 4. Dezember. Nächste Vorstellung: 25. November, 20 Uhr. www.westbahntheater.at

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