„Finanziell an unterer Kante“: Landesdirektorin Mitterstieler über ORF
ORF-Landesdirektorin Esther Mitterstieler über die budgetäre Lage, die Affäre Schrom und den politischen Einfluss im ORF.
Von Markus Schramek
Innsbruck – Der ORF machte zuletzt Schlagzeilen in eigener Sache. Matthias Schrom, TV-Chefredakteur in der Wiener Zentrale, stolperte über öffentlich gewordene Chats mit Ex-FPÖ-Vizekanzler Heinz-Christian Strache. Schrom zeigte sich darin offen für die Beschwerde und Intervention des damaligen Vizekanzlers. Die FPÖ plante – vor Bekanntwerden des Ibiza-Videos – den großen Umbau des ORF, die Entlassung unliebsamer Mitarbeiter inklusive. Das geht aus weiteren Chats hervor.
Wie groß ist der Einfluss der Politik auf den öffentlich-rechtlichen Sender? Die Debatte darüber ist durch die Affäre Schrom neu aufgeflammt.
Esther Mitterstieler, seit Jahresbeginn Landesdirektorin des ORF Tirol, werkte zuvor in Wien als Ressortleiterin im ORF-Radio. „Es ist der Politik unbenommen, Einfluss nehmen zu wollen“, sagt die gebürtige Südtirolerin. Jedoch: „Der ORF ist unabhängig. Unser erstes Gebot, in der Redaktion und im Management, ist es, das Unternehmen von jeglicher politischer Beeinflussung freizuhalten.“ Seit ihrem Amtsantritt in Tirol habe es bei ihr in der ORF-Landesdirektion „nur eine Handvoll Interventionen gegeben“, so Mitterstieler, „von verschiedenen Parteien und von außerhalb der Politik“. Tirol sei hier ein eher ruhiges Pflaster.
Mitterstieler, in ihrer Laufbahn u. a. auch einige Jahre Chefredakteurin der Zeitschrift News, wurde und wird als Kandidatin für die Schrom-Nachfolge gehandelt. Doch sie bleibt dabei: „Ich habe keinerlei Ambitionen, Schrom zu beerben. Ich bin im Landesstudio Tirol nach fast elf Monaten intensiver Arbeit angekommen und verfüge hier über ein hervorragendes Team. Ich bleibe definitiv in Innsbruck.“
Schroms Rücktritt als TV-Chefredakteur hält Mitterstieler „für richtig. Ich schätze ihn aber auch für die Arbeit, die er im ORF geleistet hat.“
Kopfzerbrechen bereitet Mitterstieler die unklare budgetäre Lage im Landesstudio. „Wir leiden massiv unter Arbeitskräftemangel und sind finanziell an der unteren Kante angelangt, weniger geht sicher nicht mehr.“ Sie hofft, dass bald klar ist , wie der ORF künftig finanziert werden soll.
Das Parlament muss nach einem Urteil des Verfassungsgerichtshofs (VfGH) die GIS-Gebühren per 1. Jänner 2024 neu aufsetzen. Auch die Streaming-Nutzung des ORF, bisher gebührenfrei, muss von der öffentlichen Finanzierung erfasst werden.
Noch ist unklar, mit welchem Modell die Bundesregierung dem VfGH-Spruch entsprechen will. Es gibt drei Möglichkeiten: über eine neue Form der GIS-Gebühr, eine Abgabe für jeden Haushalt (sozial gestaffelt, mit Ausnahmen) oder durch eine gesetzlich garantierte Finanzierung aus dem Bundesbudget, beschlossen mit Zweidrittelmehrheit. Letzterer Vorschlag kommt von den Grünen. Die ÖVP reagiert zurückhaltend.