Innsbrucker Grüne spalten sich, BM Willi denkt nicht an Rücktritt
Nach heftiger Kritik an Innsbrucks Bürgermeister Georg Willi traten drei Grüne aus dem Gemeinderatsklub aus und gründeten eine eigene Liste: „Lebenswertes Innsbruck – eine Stadt für alle“. In einem ersten Statement zeigte sich Willi überrascht von diesem Schritt.
Innsbruck – Nach heftiger Kritik am Innsbrucker Bürgermeister Georg Willi (Grüne) – unter anderem nachdem dieser mit der Auflösung des Personalamtes einer Absetzung der Amtsleiterin durch den Stadtsenat zuvorgekommen war – sind am Donnerstagvormittag zu Beginn der Gemeinderatssitzung drei Grüne aus dem Innsbrucker Gemeinderatsklub ausgetreten. Sie verkündeten die Gründung einer eigenen Liste "Lebenswertes Innsbruck – eine Stadt für alle".
Bei den ausgetretenen Mandataren handelt es sich um Marcela Duftner, Thomas Lechleitner und Renate Krammer-Stark. Die Grünen sind derzeit – inklusive Bürgermeister Willi – mit zehn Mitgliedern im Innsbrucker Gemeinderat vertreten.
Stellungnahme von Lebenswertes Innsbruck
Gründe für unsere Entscheidung, mit der wir lange und intensiv gerungen haben, gibt es viele. Der offensichtliche Verlust aller eingangs erwähnter Grundwerte bei der Liste „Georg Willi“ ist nur einer davon.
- Die Unfähigkeit zur transparenten Kommunikation, zum Verhandeln und Führen, intern wie extern
- Die Unterordnung sämtlicher Entscheidungen der selbst auferlegten Prämisse eines Dauerwahlkampfs
- Die beharrliche Weigerung zu akzeptieren, dass 25% der Gemeinderatsmandate keine Mehrheit sind
- Das beständige Abwerten aller politischen Mitbewerber:innen
- Der unverrückbare Fokus auf den eigenen Machterhalt statt mehrheitsfähiger Entscheidungsfindung
- Der unserem Empfinden nach höchst fragwürdige Umgang mit den finanziellen Ressourcen der Stadt; wir verweisen an dieser Stelle auf die letzten Kontrollamtsberichte
- Die im Klub unabgesprochene Auflösung des Personalamtes und die Installation der Stabsstelle Personalmanagement als Reaktion darauf, entgegen aller Bedenken fachkundiger Personen sowie der grünen Ideale
- Das Fehlen bzw. die Weigerung jedweder Selbstreflexion
Erstes Statement von Bürgermeister Georg Willi
Die Grünen und auch Bürgermeister Georg Willi hat der Austritt eiskalt erwischt. „Ich wundere mich, dass ich das nicht vorher erfahren habe, ausgerechnet von drei Mitgliedern, die mir mangelnde Transparenz vorwerfen“, sagt Willi. Die Vorwürfe – unter anderem keine Kommunikation und fehlende Selbstreflexion – kann er nicht nachvollziehen. Noch nie habe der grüne Klub so viel diskutiert wie unter seiner Führung. Seinen Weg will Willi unbeirrt weitergehen.
„Ich bin es gewohnt, mit wechselnden Mehrheiten zu arbeiten. Damit kann ich gut umgehen.“ An Rücktritt denkt Willi nicht.
Aufregung um Personalamt-Auflösung
Willi war in den vergangenen Tagen mit heftigem Gegenwind konfrontiert gewesen. Auslöser der jüngsten Grabenkämpfe war ein kritischer Kontrollamtsbericht an des Stadtchefs Personalpolitik. Darin wurden unter anderem hohe Zulagen, Sonderbehandlungen und -verträge für einzelne Mitarbeiter in Willis Umfeld und Sondervereinbarungen für die Personalchefin hinterfragt bzw. kritisiert. Willi kam ihrer Absetzung zuvor, indem er das Personalamt auflöste und dafür eine ihm unterstellte Stabsstelle "Personalmanagement" schaffte. Die Umstrukturierung war mit 21. November in Kraft getreten. Heftige politische Reaktionen folgten.
Der Stadtsenat hat dann in seiner Sitzung am Mittwoch die Personalleiterin – gegen die Stimmen der Grünen – ihres Amtes enthoben.
"Freies Spiel der Kräfte" im Gemeinderat
Die Landeshauptstadt Innsbruck verfügt seit dem Frühjahr 2021 über keine Stadtkoalition mehr. Das Viererbündnis aus Grünen, SPÖ, Für Innsbruck und ÖVP war damals auseinandergebrochen. Seitdem herrscht das "freie Spiel der Kräfte", das bisher aber vor allem fast permanenten Streit mit sich brachte.
Willi sieht regelmäßig eine "rechtskonservative Allianz" mutwillig seine Reformpläne torpedieren, die anderen Parteien geißeln beständig des Bürgermeisters angeblich mangelnden Teamgeist, Willkür, eine ihrer Meinung nach chaotische Amtsführung sowie (mediale) Alleingänge. (TT.com)
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