„SoliloquiumNaturalmente“ im Brux: Wasserhahn und Steinhuhn
Eine Off-Tanz-Tirol-Doppelperformance widmete sich im Brux der Schräge-Vögel-Kunde.
Innsbruck – Schräge Vögel. Das ist, wenn man schon nach roten Fäden sucht, die Verbindung zwischen den „Soliloquium“ und „Naturalmente“ – den beiden jüngsten Choreografien von Off Tanz Tirol, die als „SoliloquiumNaturalmente“, am vergangenen Wochenende im Innsbrucker Brux zur Aufführung kamen. Und auch die Ausgangssituation beider Stücke ähnelt sich: In „Soliloquium“ sitzt ein seltsamer Solipsist in seiner Sitzecke, schenkt sich säuberlich ein – und zuckt zusehends aus. In „Naturalmente“ wechselt die Sitzecke den Standort – und aus dem Eigenbrötler ist eine Vogelkundlerin geworden, die ihr Expertentum durch einen seltsamen Steinhuhn-Hut kaschiert. Damit hören die offensichtlichen Gemeinsamkeiten aber auch schon auf: „Soliloquium“– für die Nichtlateiner: Selbstgespräch – handelt von der Einöde der Isolation. Der Tänzer Kamil Mrozowski formt in Emmanuelle Vinhs Choreografie aus Ersatz- und Übersprungshandlungen übermütige bis verzweifelte Ausbruchsgesten. Zunächst tropft ein Wasserhahn, dann verdichtet Pianist Andreas Tentschert unterschiedlichste Klangelemente zu treibenden Rhythmen. Ob befreiter Unsinn der streng getakteten Sicherheit vorzuziehen ist, mag „Soliloquium“ nicht entscheiden. Diese Unentschiedenheit allerdings wird von Mrozowski schlüssig umgesetzt.
„Naturalmente“ ist schon im Ansatz gewagter und in der Umsetzung verspielter: Die seltsam Behütete – Magdalena Maja Baccarani, abseits der Bühne Landesbeauftragte für Wiesenvögel – erklärt anschaulich, was es mit Biodiversität im Allgemeinen und der heimischen Wildhühnerpopulation im Speziellen auf sich hat, der Tänzer Paolo Baccarni illustriert die Ausführungen der Expertin mit Ganzkörpereinsatz. „Naturalmente“ – die Performance baut auf einen „Science Slam“ von Magdalena Maja Baccarani – ist lehrreich und mitunter ziemlich lustig: eine Aufforderung, künftig genauer hinzuschauen und hinzuhören. (jole)