Zur Emotion verdichtete Figur: Franz Jenull stellt in Wörgl aus
Wiederauferstehung des Malers Franz Jenull in der Wörgler Galerie am Polylog.
Schwaz – Als Emilio Vedova, der an der venezianischen Accademia di Belle Arti auf einem Lehrstuhl für Malerei sitzende Großmeister des italienischen Informel, 1979 in der Innsbrucker Galerie im Taxispalais eine große Personale hatte, nahm der damals 30-jährige gelernte Maschinenschlosser Franz Jenull seinen ganzen Mut zusammen, um den von ihm verehrten Künstler um dessen Meinung zu seinen Zeichnungen zu bitten. Der spontan begeistert von diesen genauso wie von ihrem Macher war und dem in Innsbruck lebenden gebürtigen Kärntner spontan angeboten hat, ihn in seine Malklasse aufzunehmen.
Eine Chance, die sich Franz Jenull nicht entgehen ließ. Um hier zum leidenschaftlichen Maler zu werden, zum Jongleur mit Farben und Formen, dessen Handschrift sich mit den Jahren immer wieder wandeln sollte. Der allerdings zeitlebens dem Abstrakten treu geblieben ist, wenn dieses auch mehr oder weniger immer die Idee der menschlichen Figur im Hintergrund erahnen lässt.
Nach Beendigung seines Studiums ist Franz Jenull für einige Jahre nach Innsbruck zurückgekehrt, bevor er 1997 nach Florenz übersiedelte, um sich 2015 in Wörgl niederzulassen, wo er nur zwei Jahre später im Alter von 68 Jahren gestorben ist. In der lokalen wie überregionalen Szene wirklich Fuß zu fassen ist dem einzelgängerischen Künstler allerdings nie gelungen. Zu Unrecht, wie die von Günther Moschig in der Wörgler Galerie am Polylog kuratierte Retrospektive über das Oeuvre des fast Vergessenen zeigt, zu der eine umfassende Monografie erschienen ist, deren unkonventionelle Machart dem hier Porträtierten sicher gefallen hätte.
Die Ausstellung ist an den vier für Franz Jenulls Kunst zentralen Stationen seines Lebens „aufgehängt“: Venedig, Innsbruck, Florenz und Wörgl. Zelebriert in vier Varianten einer Malerei, die mehr oder weniger wuchtig daherkommt, meist durchpulst von spontanen Emotionen, die zu komplexen, aus Flecken, Balken und Rinnsalen verdichteten Farbräumen werden.
Ein ganzer galeristischer Raum ist den Arbeiten aus Jenulls venezianischen Jahren gewidmet. Dazu gehören auch Zeichnung der menschlichen Anatomie, ebenso grafisch exakt wie rhythmisch durchpulst. Transformiert in das Medium der Malerei, ist dagegen alles Abbildhafte verschwunden, höchstens da und dort noch vage erahnbar. Verdichtet zu poetischen, linear durchpflügten Farbmeeren, die klassisch informelle Züge tragen.
Doch Franz Jenull war einer, der sich immer wieder neu erfinden, seine Kunst nachschärfen wollte, wie er es selbst einmal formuliert hat. Um in seiner Innsbrucker Zeit so etwas wie Ordnung in sein Tun zu bringen, zum raffinierten, zum fast dreidimensional wahrgenommenen Verschachtler von Formkürzeln in meist nur zwei kontrastierenden Farben zu werden.
Die Florentiner Arbeiten sind im Gegensatz dazu wieder kleinteiliger, in gewisser Weise bunter, zunehmend grafisch strukturierter. Jede von Emotionen gespeiste Spontaneität ist schließlich aus den Arbeiten der letzten Jahre gewichen. Sie zeugen von einem höchst konzentrierten, nun primär vom Kopf gesteuerten Tun, dominiert durch grafisch klar in sich geschlossene Bildchen im Bild, die durch große Leinwände oder Papiere mäandern.