„Letzte Generation" blockiert Haller Straße: „Ignorieren der Klimakrise muss aufhören"
Am dritten Montag in Folge sorgte eine Protestaktion der „Letzten Generation" für eine Blockade im Innsbrucker Frühverkehr: Die Aktivisten waren dieses Mal auf der Haller Straße im Stadtteil Saggen aktiv.
Innsbruck – Zum dritten Mal binnen weniger Wochen haben sich heute Früh Klimaaktivisten der „Letzten Generation" auf die Straße gesetzt, um den Frühverkehr zu blockieren und damit auf die Dringlichkeit der Klimakrise aufmerksam zu machen. Dieses Mal war die Haller Straße in der Nähe der Mühlauer Brücke im Stadtteil Saggen betroffen. Die Polizei hat die Aktion mittlerweile aufgelöst und die Aktivisten von der Straße getragen.
„Wir müssen einfach auf die Dringlichkeit der Klimakrise aufmerksam machen. Es ist zum Verzweifeln, dass trotz vieler wichtiger Aktionen, die bereits durchgeführt wurden, immer noch nichts passiert", so Katharina Geistlinger von der „Letzten Generation" gegenüber TT.com. Sie kündigte im Gespräch weitere Aktionen der Gruppe an.
„Wir werden weiter machen, bis die Maßnahmen schnell genug und im notwendigen Ausmaß umgesetzt werden. Die Politik darf das nicht auf Privatpersonen abwälzen, sondern muss die Rahmenbedingungen endlich so gestalten, dass die Menschen automatisch nachhaltig leben können." Bisherige Gespräch mit der Politik hätten nicht zu den gewünschten Ergebnissen geführt.
Gemeinderat sieht keinen Grund, Protest zu verbieten
Die Mehrheit des Innsbrucker Gemeinderats hat in der letzten Sitzung vergangenen Donnerstag dem Dringenden Antrag der FPÖ, Straßen-Protestaktionen zu verbieten, sofern Aktivisten fest mit der Fahrbahn verbunden sind, keine Dringlichkeit gegeben hat. Das bringt Vizebürgermeister Markus Lassenberger zum Schäumen.
„Scheinbar werden diese Straßensperren von vielen Mitgliedern des Gemeinderats begrüßt, ansonsten hätten sie den Antrag unterstützt – und danach getrachtet – solche Blockaden zu verhindern", ärgert sich der FPÖ-Stadtpolitiker.
Die Physikerin und Mutter von drei Kindern kann nicht verstehen, „warum wir sehenden Auges in eine Katastrophe rasen. Ich habe drei Kinder. Ich schäme mich jeden Tag für die Klimahölle, in der sie einmal leben werden müssen. Jede neue Öl- und Gasbohrung zerstört ihre Zukunft. Und was ist so schwer daran, Tempo 100 auf der Autobahn einzuführen? Allein diese einfache Schutzmaßnahme würde – ganz ohne Kosten – fast eine halbe Million Tonnen CO2 im Jahr sparen. Warum schafft es diese Regierung nicht, wenigstens das hinzubekommen?”
Ihre Ängste sind nicht unbegründet. Hans Joachim Schellnhuber, einer der weltweit angesehensten Klima-Experten, bemerkte in einem Interview 2021: „Ich sage Ihnen, dass wir unsere Kinder in einen globalen Schulbus hineinschieben, der mit 98 prozentiger Wahrscheinlichkeit tödlich verunglückt.”
Forderungen der „Letzten Generation"
Die Hauptforderung der Aktivisten: Raus aus fossilen Brennstoffen und die Durchsetzung von Tempo 100 auf der Autobahn sowie Tempo 80 auf der Landstraße. Dies müsse nicht nur auf Teilen der Tiroler Straßen, wie es mit dem IG/L-Luftschutzgesetz bereits umgesetzt ist, sondern landes- und bundesweit erfolgen und im Bundesgesetz geändert werden.
„Wir müssen den Klimakipppunkt vermeiden", so Geistlinger. Die Aktionen auf den Straßen seien notwendig, damit die zeitliche Dringlichkeit der Klimakrise endlich die nötige Aufmerksamkeit bekomme. Denn obwohl es bereits viele Demos und Klimaaktionen in der Vergangenheit gegeben habe, sei die Öffentlichkeit immer noch nicht bereit, die Augen zu öffnen. „Die Dringlichkeit der Klimakrise wird von anderen Krisen überlagert und von der Politik immer noch zu stark ignoriert. Dabei gefährdet sie das Überleben der Menschheit. Die Politiker, die jetzt gewählt sind, müssen einen Kurswechsel herbeiführen, sonst ist es zu spät", betont Geistlinger.
Die 38-Jährige erinnert daran, dass die Industrienationen schon aus einer historischen Verantwortung heraus für einen Wechsel in der Klimapolitik und eine Umsetzung der gesetzten Ziele gefordert seien: „Unser ganzer Reichtum, unser Wohlstand in Europa ist auf der Ausbeutung fossiler Energie aufgebaut. Deswegen muss jetzt jeder in seinem Land etwas machen, um die Treibhausgase einzusparen. Zusätzlich braucht es Solidarität gegenüber den ärmeren Ländern, das heißt, wir müssen in den Fonds zur Umsetzung der Klimaziele einzahlen."
Geistlinger sieht einen starken Zulauf bei der „Letzten Generation" in Innsbruck. Sie vergleicht die Vereinigung mit einem „Feueralarm": „Wir sind wie ein Feueralarm. Den hört auch niemand gerne, aber er warnt uns davor, dass das Haus abbrennt. Wir wollen die Leute nicht stören, aber wir haben sonst keine Möglichkeiten mehr, damit es endlich zu großen strukturellen Veränderungen kommt." (TT.com)
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