Martin Kušej zieht Bewerbung zurück, Stefan Bachmann soll Burgtheater-Direktor werden
Der bisherige Burgtheater-Direktor steht doch nicht für eine weitere Amtszeit zur Verfügung. Das „uneingeschränkte Vertrauen" von Seite des Eigentümers sei offenbar nicht gegeben, hieß es am Dienstag.
Wien – Burgtheater-Direktor Martin Kušej zieht seine Bewerbung für eine weitere Amtszeit ab 2024 zurück. „Meine Person und das gesamte Burgtheater wurden durch den späten und langwierigen Entscheidungsprozess zur Zukunft der Burgtheaterdirektion in eine unsägliche, das Haus schädigende Situation manövriert", heißt es in einem am Dienstag abgegebenen schriftlichen Presse-Statement.
Stefan Bachmann soll übernehmen
Der Schweizer Stefan Bachmann (56), seit 2013 Intendant des Schauspiel Köln, soll morgen, Mittwoch, als Burgtheater-Direktor ab 2024 vorgestellt werden. Das hat die „ZiB 2" am Dienstagabend berichtet. Entsprechende Gerüchte kursierten bereits am Nachmittag.
Als Regisseur hat Bachmann seit 2005 („Der Verschwender") einige Burgtheater-Erfahrung – was ihm auch zwei Nestroy-Preise eintrug: 2008 für die Beste Regie (Wajdi Mouawads „Verbrennungen" im Akademietheater), 2012 für die Beste deutschsprachige Aufführung (Elfriede Jelineks „Winterreise" im Akademietheater). Auch über langjährige Leitungserfahrung verfügt er: 1998-2003 war er Schauspieldirektor in Basel, seit 2013 leitete er das Schauspiel Köln. Seine Amtszeit war von dem Umbau und der Sanierung des desolaten Schauspielhauses geprägt, dessen Wiedereröffnung sich jahrelang verzögerte. Sein derzeitiger Vertrag in Köln läuft eigentlich bis 2026. Im Staatssekretariat wollte man die Meldung zunächst nicht kommentieren.
„Grundlage für die Zukunft meiner Arbeit als Direktor über meinen laufenden Vertrag hinaus ist uneingeschränktes Vertrauen von Seiten des Eigentümers. Dies ist offensichtlich nicht gegeben, daher ziehe ich meine laufende Bewerbung zur Fortsetzung meiner Direktion mit sofortiger Wirkung zurück", so Kušej, der auf einem Dreier-Vorschlag einer Findungskommission stehen soll, der Kunst- und Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer (Grüne) vorliegt. Die Entscheidung über eine Direktion ab Herbst 2024 solle vor Weihnachten getroffen werden, hatte es mehrfach geheißen.
📽️ Video | Burgtheater-Direktor Martin Kušej zieht Bewerbung zurück
Martin Kušej trete nicht mit sofortiger Wirkung zurück, sondern habe die Absicht, seinen laufenden Vertrag zu erfüllen und die Saison 2023/24 wie vorgesehen weiter an der Spitze des Hauses zu stehen, hieß es auf Nachfrage im Burgtheater.
Es bleibt damit bei einer Amtszeit. Seit 2019 war Martin Kušej Direktor des Burgtheaters. Ein Traumjob für jeden Theatermacher. Doch es hakte von Beginn an. Corona verhinderte ein echtes Ankommen, ein Zusammenwachsen des Ensembles, ein Überzeugen des Publikums. Schließungen, Verschiebungen, Absagen und Restriktionen prägten den Spielbetrieb. Wie damit umgegangen wurde, sorgte für Kritik – offenbar auch in der Politik. Am Mittwoch wird eine neue künstlerische Leitung bekanntgegeben. (APA)
Das Burgtheater: Die größte Sprechbühne des deutschsprachigen Raumes
Das Wiener Burgtheater ist nach der Comédie Française das zweitälteste Sprechtheater der Welt. Als „Theater nächst der Burg" wurde das ehemalige Ballhaus 1776 von Joseph II. als „Teutsches Nationaltheater" unter die Administration des Hofes gestellt. Das Gebäude von Gottfried Semper und Karl Hasenauer am Ring wurde 1888 inauguriert und nach der Zerstörung im Zweiten Weltkrieg 1955 wiedereröffnet.
Ein starkes Schauspielerensemble ist bereits seit dem 19. Jahrhundert eine der Konstanten des Theaters, dem auch die Ausbildung eines spezifischen Burgtheaterstils nachgesagt wird. Seit 1922 ist das Akademietheater als Kammerspielbühne mit 500 Sitzplätzen angeschlossen. Weitere Spielstätten sind heute das Kasino am Schwarzenbergplatz (maximal 250 Plätze) und das Vestibül mit bis zu 60 Plätzen. Das Burgtheater selbst fasst im Zuschauerraum 1.175 Sitzplätze, 85 Stehplätze sowie 12 Rollstuhlplätze.
Den personellen Krisen in den zurückliegenden Jahren zum Trotz, weist das Burgtheater seit dem Krieg eine erstaunliche stabile Führungsstruktur auf, war Martin Kušej doch erst die 13. Person an der Spitze des Hauses seit 1945 – wenn man die nur wenige Monate dauernde, provisorische Leitung von Dramaturg Erhard Buschbeck miteinrechnet. Auf Kušej folgt nun ab 2024 eine neue künstlerische Leitung.