A scheene Leich’: Dritte Staffel von „Vienna Blood“ startet
Tödliche Techtelmechtel in der grausig-schönen Welt von gestern: Die dritte Staffel der international erfolgreichen ORF-Koproduktion „Vienna Blood“ startet am Freitag.
Innsbruck – „Der Tod, das muss ein Wiener sein“ wusste Georg Kreisler. Und wenn schon Tod oder eben tot, dann wenigstens „a scheene Leich‘“, möchte man dazusagen. Die Leichen jedenfalls, die im ersten von drei neuen Filmen der historischen Krimi-Reihe „Vienna Blood“ gefunden werden, sind schön, weil sie sich schön hergerichtet haben für ihr „Rendezvous mit dem Tod“. So heißt der Film schließlich auch. Und er meint ein doppeltes Rendezvous. Denn nicht nur denen, die sich für ein Techtelmechtel aufgehübscht haben, droht der Tod. Auch der Todbringer, der ausgerechnet im Moment des „petite mort“ auch den buchstäblichen bringt, sucht Zweisamkeit. Oder wenigstens wohlwollende Anerkennung für seine Kunstfertigkeit. Deshalb nimmt er Kontakt zum Herrn Doktor Liebermann auf. Liebermann ist Brite und Psychoanalytiker. Er verehrt Sigmund Freud und ist deshalb nach Wien gezogen. Und er berät, gewissermaßen als Profiler avant la lettre, Inspektor Rheinhard. Seine Faszination für seinen neuen Fan will Liebermann nicht verschleiern. Rheinhard sieht die Sache pragmatischer. Er will den Irren abknallen. Gespielt wird das Ermittlerduo wie schon in den bisherigen „Vienna Blood“-Filmen von Matthew Beard (Liebermann) und Juergen Maurer (Rheinhard). Beide schauen, als hätten sie schon alles gesehen. Diese Abgebrühtheit lässt sie auch in offenen Armengräbern wühlen.
„Vienna Blood“ ist eine österreichisch-deutsch-britische Koproduktion. Die Staffeln eins und zwei waren international erfolgreich. In gut 100 Ländern wurden die bisherigen Filme verkauft. Der ORF kündigt die Premiere der dritten Staffel als „Event“ an. „Event“ ist im gegenwärtigen Fernsehsprech alles, was ernster genommen werden soll als schlampig geschriebene und schnell gedrehte Soko-Konfektionsware. Schlampig ist nichts in „Rendezvous mit dem Tod“. Und in den beiden anderen Teilen – „Der Schattengott“ und „Der Tod und das Mädchen“ – auch nicht. Selbst die Elendsunterkünfte und die Elenden, die darin hausen, nicht: Das Wien des Fin-de-Siècle, die grausig-schöne Welt von gestern, erstrahlt in musealstem Glanz. Dass auf Englisch gedreht und fürs hiesige Publikums aufwändig in massentaugliches Beinahe-Wienerisch synchronisiert wurde, mag den Eindruck kunstvollster Künstlichkeit noch verstärken. Kunstvoll sind auch die Dialoge. Die auf Romanen von Frank Tallis basierenden Drehbücher stammen von Steve Thompson, der schon an der superben Zehner-Jahre-Serie „Sherlock“ mit Benedict Cumberbatch mitgeschrieben hat.
Die Erzählung lässt sich Zeit. Bisweilen ziehen sich die Szenen. Schön und elegant ist die Inszenierung. Auch Robert Dornhelm – Hollywood- und Fernseh-Event-erprobt wie wenige im Land – nimmt sich Zeit: Die Kamera schwebt durchs Jugendstil-Dekor, schwenkt an prächtigsten Prachtfassaden vorbei und verharrt auf schmucken Details. In den Innenräumen gibt es ein bisschen Licht und viel Schatten. Die Bilder laden zum Sich-Verlustieren ein. Viel Schönes lässt sich entdecken. Unvergessliche Nebenfiguren zum Beispiel: Der Tiroler Charakterdarsteller Rainer Egger etwa hat einen großen Kleinstauftritt als Polizist ohne Glück. Allein wie Egger das, was ein Zusammenschiss von seiner Würde übrig lässt, zusammenklaubt und abgeht – da fehlen die Worte. Kaum sattsehen will und kann man sich daran. Den höchstens halbspannenden Kriminalfall verliert man über solche Szenen schon mal aus den Augen. So wie einen „a scheene Leich‘“ für einige Augenblicke die Hässlichkeit des Todes vergessen lassen kann.
📺 Vienna Blood. Dritte Staffel, drei Folgen. Am 30.12., 2.1. und 3.1. auf ORF 2. Jeweils um 20.15 Uhr.