Pummerin läutete, Flaggen auf Halbmast: Trauer in Österreichs katholischer Kirche
Kardinal Christoph Schönborn würdigte dem ehemaligen Papst Benedikt XVI. als „Begleiter und Vorbild”, Bischofskonferenz-Vorsitzender Franz Lackner äußerte Dank.
Vatikan, Wien – Mit dem Läuten der Pummerin im Wiener Stephansdom sowie der Glocken der Domkirchen hat Österreichs römisch-katholische Kirche am Samstagvormittag auf das Ableben des emeritierten Papsts Benedikt XVI. reagiert. Kardinal Christoph Schönborn würdigte ihn als „Begleiter und Vorbild”, Bischofskonferenz-Vorsitzender Franz Lackner äußerte Dank. Auf mehreren Amtsgebäuden wurde die österreichische Flagge auf halbmast gesetzt, auch Bundespräsident Alexander Van der Bellen trauerte.
📽️ Video | Kardinal Schönborn zum Tod von Benedikt XVI.
Schönborn erinnerte in der Kathpress an seine jahrzehntelange Verbundenheit zu dem früheren Papst. „Benedikt XVI. war mir als Theologe, Priester und Bischof ein Begleiter und Vorbild. Nun darf er, die Freundschaft Jesu, die er verkündet hat, in Fülle erfahren”, so der Kardinal. Der Stephansdom erhielt anlässlich des Todesfalls eine Trauerbeflaggung. An der Westfassade der Kathedrale wurde eine 18 Meter lange Fahne in den Kirchenfarben Gelb-Weiß und ein sechs Meter langer Trauerflor aufgehängt. Morgen, Sonntag, wird Schönborn um 11.15 Uhr in Mariazell eine Trauermesse in Gedenken an Benedikt feiern.
Am kommenden Donnerstag (5. Jänner) werden Schönborn und der Salzburger Erzbischof Franz Lackner, Vorsitzender der Bischofskonferenz, dann als offizielle Vertreter der Kirche in Österreich an den Trauerfeiern für den Verstorbenen im Vatikan teilnehmen. Das von Papst Franziskus geleitete Requiem findet um 9.30 Uhr auf dem Petersplatz statt.
Nachruf
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Franz Lackner, Erzbischof von Salzburg und Vorsitzender der Bischofskonferenz, betonte, dass Joseph Ratzinger/Papst Benedikt in allen ihm übertragenen Aufgaben – vom Professor und Erzbischof bis hin zum Kardinal und Papsttum – stets ein „gläubiger Theologe mit einem tiefen und feinen Gespür für Wahrheit” geblieben sei. Als sein Vermächtnis bleibe vor allem „seine Liebe zur Kirche und ihrer Lehre”.
Der steirische Bischof Wilhelm Krautwaschl würdigte Benedikt XVI. für dessen Demut und Intellekt: „Erlebt habe ich ihn als stets auf Gott schauend, der ihn nunmehr heim gerufen hat. Zudem war Benedikt XVI. ein großartiger Theologe, der uns viele interessante Gedanken und Bücher hinterlassen hat.” Josef Marketz in Kärnten sprach von einem „charismatischen Papst mit Tiefgang und Souveränität”.
Der St. Pöltner Bischof Alois Schwarz sah bleibende Verdienste, der Linzer Bischof Manfred Scheuer würdigte das Lebenswerk. Der Innsbrucker Bischof Hermann Glettler ortete große Markierungspunkte trotz mancher Vorbehalte und kritischer Anmerkungen, und der Feldkircher Bischof Benno Elbs ordnete ihn als einen der „größten Theologen des vergangenen Jahrhunderts” ein.
Der frühere Grazer und Klagenfurter Diözesanbischof Egon Kapellari meinte, Benedikt habe gegen einen von manchen Beobachtern festgestellten „Abschied der Welt vom Christentum” gewirkt – und zwar in komplementärer, sich ergänzender Form zu seinem Nachfolger, Papst Franziskus. Im deutschen Sprachraum dominiere in der Auseinandersetzung um den Reformprozess „Synodaler Weg” zwar Enttäuschung über Ratzingers Leben und Wirken, doch gebe es auch „niveauvolle Kritik an solcher Kritik – und manche Enttäuschung wird später als Befreiung von Täuschung erfahren werden”, meinte er.
Österreichs Militärbischof Werner Freistetter würdigte Papst Benedikt XVI. als „außerordentlich bescheidenen, liebenswürdigen und klugen Menschen”. Benedikt habe als Mensch beeindruckt, „der aus der großen theologischen Tradition der Kirche gelebt hat, die er sehr gut kannte und sich in diesem Wissen mit den Problemen von Gegenwart und Zukunft auseinandersetzte”, so Freistetter in einer Stellungnahme gegenüber der Nachrichtenagentur Kathpress. „Es ist unmöglich, den emeritierten Papst Benedikt XVI. auf Schablonen festzulegen, dafür war er eine viel zu komplexe Persönlichkeit mit einem tiefen Glauben”, zeigte sich der Bischof überzeugt.
Besonders hob der Militärbischof das Bemühen Benedikts XVI. hervor, aus den Erfahrungen der Katastrophen des 20. Jahrhunderts zu lernen. „Die Wahl des Papstnamens stellt ihn in die Tradition von Benedikt XV., der während des Ersten Weltkrieges trachtete zu vermitteln und den Krieg zu beenden.”
Eine differenzierte ökumenische Bilanz kam vom evangelisch-lutherische Bischof Michael Chalupka. „In seiner Amtszeit als Papst galt seine Aufmerksamkeit mehr einer Vertiefung des katholischen Selbstverständnisses und weniger der Weiterentwicklung des ökumenisches Gesprächs”, sagte er.
Seitens des offiziellen Österreichs sprach Bundespräsident Alexander Van der Bellen namens der Republik sowie persönlich seine tief empfundene Anteilnahme aus. Benedikt XVI. sei Österreich „in besonderer Weise verbunden” gewesen, twitterte er. Auf den Dächern von Präsidentschaftskanzlei, Bundeskanzleramt, Parlament und Außenministerium wurden die österreichischen Flaggen am Samstag auf halbmast gesetzt.
📽️ Video | Erste Reaktionen den Tod von Benedikt XVI.
„Gemeinsam trauern wir Katholikinnen und Katholiken um em. Papst Benedikt XVI.”, twitterte Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP). Den verstorbenen früheren Papst würdigte Nehammer als „bemerkenswerte historische Persönlichkeit” und „großen Gelehrten schon in jungen Jahren”.
„Tief betroffen” vom Ableben des emeritierten Papstes Benedikt XVI. hat sich Ministerin Susanne Raab (ÖVP) gezeigt. „Er war ein wichtiger Verbinder zwischen Glaube und Vernunft und trug in einer herausfordernden Zeit große Verantwortung für die katholische Kirche”, schrieb die für die Kirchen und Religionsgesellschaften zuständige Ministerin laut Kathpress auf Twitter. „Er war Österreich immer eng verbunden. Möge er in Frieden ruhen.”
Auch Europaministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) kondolierte via Twitter und schrieb: „Als Katholikinnen und Katholiken gedenken wir heute dem verstorbenen emeritierten Papst Benedikt XVI. Josef Ratzinger war ein kluger Theologe und Verfestiger des Glaubens und ein großer Freund Österreichs. Für mich bleibt besonders sein Besuch vor 15 Jahren in Österreich in Erinnerung. Möge er in Frieden ruhen.” (APA)