Tiroler Radiolegende: „The Voice“ Ernst Grissemann ist tot
„The Voice“ und soviel mehr: Ernst Grissemann schrieb österreichische Rundfunkgeschichte. Der gebürtige Imster starb am Freitag nach kurzer schwerer Krankheit.
Wien – Schon beim ersten Wort, das Ernst Grissemann im Februar 2014 bei der „Zeitzeugen“-Gesprächsreihe im Casineum Innsbruck sagte, ging ein Raunen durch den vollbesetzten Raum. Da war sie wieder: „The Voice“, die Stimme, mit der ganze Generationen groß geworden sind. Er nehme dieses Kompliment gerne an, sagte Grissemann damals mit unvergleichlichem Timbre – unterstrich ironisch lächelnd aber auch, dass er es sich verbitte, auf seine Stimmbänder reduziert zu werden.
Ernst Grissemann, geboren am 18. Februar 1934 in Imst, hat die Geschichte des Österreichischen Rundfunks geprägt. Anfang der 1950er-Jahre startete er seine Laufbahn als Programmansager beim Besatzungssender „Sendergruppe West“. 1955 wurde er vom neugegründeten ORF übernommen. Grissemann war von Anfang an Allrounder: Er gestaltete Beiträge, kommentierte das Tagesgeschehen, moderierte und produzierte. 1967 holte ihn ORF-Intendant Gerd Bacher nach Wien – und übertrug ihm die Neuausrichtung der Radiounterhaltung. Binnen weniger Wochen baute er mit einem kleinen Team Ö3 auf. Zwölf Jahre lang leitete Grissemann den Sender, dann, 1979, wurde er zum Hörfunk-Intendanten des ORF bestellt. Grissemann verantwortete die Reform des Kultursenders Ö1.
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ESC-Moderator und Direktor des Landesstudios Tirol
30 Jahre lang moderierte er den Eurovision Song-Contest im ORF-Fernsehen, von 1983 bis 2007 führte er durch die Übertragung des Wiener Neujahreskonzerts, ab 1988 moderierte auch den Klagenfurter Ingeborg-Bachmann-Wettbewerb. Von 1990 bis 1994 war Grissemann Direktor des ORF-Landesstudios Tirol. Danach arbeitete er freischaffend – unter anderem als Moderator von „Sonntag bei Grissemann“. Bei den Raimund-Festspielen in Gutenstein stand er in mehreren Produktionen auf der Bühne. Auch als Kolumnist in Zeitschriften und Zeitungen – etwa in der TT – meldete sich Grissemann sich regelmäßig zu Wort.
Mit seinem Sohn, dem Kabarettisten Christoph Grissemann, veröffentlichte er 2011 das Buch „Klappe, Santa!“ – und ging mit dem gleichnamigen Programm erfolgreich auf Tour. Grissemanns ältester Sohn Stefan zählt zu Österreichs bekanntesten Filmkritikern. In einer Presseerklärung gaben Stefan und Christoph Grissemann nun das Ableben ihres Vaters bekannt: Er starb am Freitag, wenige Wochen vor seinem 89. Geburtstag, „nach kurzer schwerer Krankheit“ in Wien. (jole)