😷 Einschätzung von Experten

Bisher ansteckendste Variante: Neue Omikron-Sublinie wird sich auch in Europa ausbreiten

Schon wieder breitet sich eine neue Omikron-Linie rasant aus.
© imago

Drei Buchstaben und zwei Zahlen sorgen für Beunruhigung: XBB.1.5. Die Sublinie der Corona-Variante Omikron breitet sich zurzeit in den USA aus und sei so leicht übertragbar wie keine der bisher bekannten Varianten. In 29 Ländern ist bereits nachgewiesen, auch in Deutschland. Welche Entwicklung ist abzusehen?

Washington – Die hochansteckende Sublinie XBB.1.5 der Corona-Variante Omikron könnte sich nach Einschätzung von Experten in den kommenden Wochen und Monaten auch in Europa ausbreiten. „Man kann mit einiger prognostischer Sicherheit sagen, dass die Variante auch bei uns die dominante Variante werden wird", sagte der deutsche Epidemiologe Hajo Zeeb. Anlass zu großer Sorge gebe es aber nicht.

Wir sehen zwar etwas mehr Fälle in den USA, aber da läuft keine gigantische Welle ab.
Hajo Zeeb (Epidemiologe)

XBB.1.5 habe im Nordosten der USA schnell an Häufigkeit zugenommen und dominiere dort seit Mitte Dezember das Infektionsgeschehen, sagte auch Richard Neher, Leiter der Forschungsgruppe Evolution von Viren und Bakterien am Biozentrum der Universität Basel. Außerhalb des Nordostens der USA sei die Variante noch seltener verbreitet, der Anteil nehme aber zu.

Experten vermuten großen Wachstumsvorteil

„Die grundsätzliche Variante ist seit Oktober bekannt", sagte Zeeb, der Leiter des Leibniz-Instituts für Präventionsforschung ist. „Da wurde erstmalig gesehen, dass die Kombination von Untervarianten aufgetreten ist." Die Besonderheit von XBB.1.5 sei die noch mal höhere Infektiosität.

Die Infektiosität war bei Omikron schon entwickelt, XBB.1.5 toppt das jetzt noch mal.
Hajo Zeeb (Epidemiologe)

Dass die Sublinie so leicht übertragbar wie keine der bisher bekannten Varianten sei, hatte bereits die Corona-Spezialistin Maria van Kerkhove von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) am Mittwoch gesagt. Sie breite sich nach den vorliegenden Gen-Analysen des Virus vor allem in den USA und Europa aus und sei bereits in 29 Ländern nachgewiesen worden. Es handle sich um eine Untergruppe der seit Ende 2021 zirkulierenden Omikron-Variante. Eine Risikoanalyse sei in Arbeit und werde in Kürze veröffentlicht.

Es werde angenommen, dass XBB.1.5 einen „großen Wachstumsvorteil" gegenüber den zuvor zirkulierenden Linien in Nordamerika und Europa habe, teilte die EU-Gesundheitsbehörde ECDC am Donnerstag mit. Diese Annahme sei aber noch mit erheblichen Unsicherheiten verbunden.

XBB.1.5 trifft auf eine wieder nachlassende Immunität von Menschen, deren Impfung oder Infektion schon länger zurückliegt
Hajo Zeeb (Epidemiologe)

Wenig über Schweregrad bekannt

Neher zufolge gibt es bisher wenig Informationen über den Schweregrad von Erkrankungen mit der neuen Sublinie. Fälle und Krankenhausaufenthalte hätten in den gesamten USA zugenommen, nicht nur in Regionen, in denen XBB.1.5 vorherrsche, sagte der Experte. Das sei zumindest ein erster Hinweis darauf, dass sich der Schweregrad nicht wesentlich von dem anderer aktuell kursierender Varianten unterscheide.

„XBB.1.5 trifft auf eine wieder nachlassende Immunität von Menschen, deren Impfung oder Infektion schon länger zurückliegt", erklärte der Bremer Experte Zeeb. Erst in den USA und in der Folge dann auch bei uns in Deutschland." Allerdings sei die Zahl der Nachweise von XBB.1.5 in Deutschland zurzeit noch sehr gering. „Da muss man noch nicht über neue Maßnahmen nachdenken."

Es sollte ein guter Anteil von Fällen aus allen Ländern sequenziert werden. Das ist wichtig, um dann wirklich relevante Veränderungen möglichst frühzeitig zu erkennen.
Hajo Zeeb (Epidemiologe)

Sequenzierung das Um und Auf

Nach Angaben des Robert Koch-Instituts wurde die Sublinie Ende November das erste Mal in einer Stichprobe in Deutschland nachgewiesen. Laut ECDC könnte sie zunehmenden Einfluss auf die Zahl der Corona-Fälle in Europa haben, allerdings nicht schon innerhalb des nächsten Monats, da sie derzeit erst in geringem Umfang vorkomme. Die Häufigkeit von XBB.1.5 habe sich etwa jede Woche verdoppelt, teilte Neher mit. Wenn sich dieser Trend fortsetze, könne man in der ersten Jännerhälfte einen Anteil von drei bis sechs Prozent erwarten.

Wichtig sei, die Entwicklung genau zu beobachten, sagte Zeeb. Die fortlaufende Sequenzierung von Proben sei sehr wichtig und müsse auf hohem Niveau beibehalten werden. Dafür müsse man europaweit zusammenarbeiten. „Es sollte ein guter Anteil von Fällen aus allen Ländern sequenziert werden. Das ist wichtig, um dann wirklich relevante Veränderungen möglichst frühzeitig zu erkennen."

Zweifel an Wirksamkeit von Anti-Corona-Präparat

Die US-Arzneimittelbehörde FDA stellt unterdessen die Wirksamkeit des Covid-Mittels Evusheld des britisch-schwedischen Pharmakonzerns AstraZeneca bei der Subvariante XBB.1.5 in Frage. Die Behörde erwartet zwar nach eigenen Angaben weitere Daten zur Beurteilung, wie Evusheld gegen die Variante wirke. Die FDA gehe aber davon aus, dass das Antikörpermedikament die Subvariante nicht neutralisiere. (APA/Reuters/dpa)